Die Graserschule im Test

Von Frank Schmälzle
 Foto: red

Der Neubauantrag von vier Stadtratsfraktionen hat die Debatte angefacht: Braucht es einen Neubau für die Graserschule wirklich? Was kann das jetzige Schulgebäude, was nicht? Wir haben Rektor Andreas Huber um eine Stärken-Schwächen-Analyse gebeten.

 
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Die Graserschule in Zahlen

Anzahl der Schüler: etwa 250
Anzahl der Klassen: Zwölf (acht im Haupthaus, vier in den Pavillons)
Anzahl der Lehrer: 28
Gesamtgröße: 6.300 Quadratmeter
Sanierungskosten: etwa 6,3 Millionen Euro
Baujahr: 1875

Die Schwächen

 

 

Der Verkehr: Wenn die Fenster geschlossen sind, ist Ruhe. „Aber wir können nicht einen ganzen Schultag lang die Fenster nicht aufmachen“, sagt Andreas Huber. Bislang hat der Rektor Räume als Klassenzimmer genutzt, die auf der Rathausseite des Gebäudes liegen. Und deshalb ruhiger sind. Aber wenn die Pavillons an der Bürgerreuth aufgelöst werden und vier weitere Klassen ins Haupthaus kommen, wird das nicht mehr funktionieren. Dann muss er Klassenzimmer einrichten, die zum Ring und zum ZOH rausgehen. „Ich möchte nicht in einem solchen Raum unterrichten. Und den Kindern will ich das schon gar nicht zumuten.“ 

 

Der Pausenhof: Schon jetzt ist ganz schön was los auf dem Pausenhof der Graserschule. Wenn die vier Pavillonklassen ins Haupthaus umziehen, wird er endgültig zu klein sein. Dann muss Rektor Andreas Huber auch den zweiten Pausenhof, direkt am Hohenzollernring, aufmachen. Graserschulkinder spielen auf dem Pausenhof nicht nur eine halbe Stunde lang am Vormittag. „Wir sind eine gebundene Ganztagsschule“, sagt Huber. 80 Ganztagskinder nutzen den Hof auch in der Mittagspause. Und die ist eineinhalb Stunden lang. „Die Kinder brauchen Grün und sie brauchen Platz“, sagt Huber. Beides gibt es hier aber nicht.

 

Das Gebäude: Der Speisesaal ist für Rektor Andreas Huber das Paradebeispiel. Der ist nicht schlecht, aber auch nicht so richtig gut. „Bei einer Sanierung wären wir in unseren gestalterischen Ideen eingeschränkt“, sagt Huber. Weil sich an der Substanz des Gebäudes nichts verändern lässt. Weil sich Mauern nicht einfach einreißen lassen. Ein Neubau ließe sich gestalten und bekäme vielleicht auch einen Speisesaal, in dem man gern ist und isst. Übrigens: Wenn Eltern ihr Inklusionsrecht nutzen und ein behindertes Kind einschulen lassen wollen, kann das zum Problem werden. Komplett barrierefrei ist die Schule nicht.

Die Stärken

 

Die Klassenzimmer: Sie sind 70 Quadratmeter groß – da hält kein Neubau mit. „Genug Platz zu haben, ist für die innere Differenzierung wichtig“, sagt Rektor Andreas Huber. Differenzierung bedeutet: Kinder arbeiten in Gruppen. Entweder jede Gruppe am gleichen Thema. Oder arbeitsteilig, verschiedene Gruppen an verschiedenen Aspekten. „Dabei lernen sie, sich abzusprechen, und andere Meinungen zu akzeptieren.“ Das geht in der Graserschule gut, in kleinen Räumen aber nur schwer. Zum Vergleich: Die Standardgröße für Klassenzimmern in Schulneubauten liegt bei 58 Quadratmeter.

 

Die Fachräume: „Wir haben 20 Räume in Klassenzimmergröße“, sagt Rektor Andreas Huber. Und nur acht Klassen. „Das ist Luxus.“ Die Schule verfügt also über zwölf große Räume, die sie für besondere Zwecke verwendet. Für Musik und Filme, für Lernwerkstätten und für Werken und Textiles Gestalten. Und dafür, dass Kinder den Umgang mit Computern und dem Internet lernen (Bild). Das geschieht an der Graserschule ab der zweiten Klasse. Huber sagt: So viel Platz für das, was Schule auch ausmacht, gibt es in einem Neubau nicht. Oder nur, wenn die Stadt bei einem Neubau die Extra-Räume auch bezahlt.

 

Die Lage: Zentraler geht’s nicht. „Wir haben kurze Wege“, sagt Rektor Andreas Huber. Zum Schwimmbad, zum Neuen Schloss und zum Kunstmuseum. „Wir brauchen keinen Bus.“ Mit dem Schloss und dem Museum bestehen Kooperationen, bald folgt eine mit der Schlösser- und Gartenverwaltung. Unterricht findet für Graserschulkinder nicht nur im Klassenzimmern statt. Sondern auch dort, wo sie aktiv sein können. Huber nennt das „originale Begegnung. Wir reden nicht nur. Wir gehen hin und machen. Das motiviert die Kinder und ist für eine Grundschule sehr wichtig.“⋌Fotos: Andreas Harbach

Das sagen die Stadträte

Moritz Möller gehört der Initiative „Rettet die Graserschule“ an. Er sagt: „Der derzeitige Standort ist ideal. Er liegt zentral und ist für alle Schüler des Sprengels optimal erreichbar. Von hier aus können die Kinder zu Fuß ins Stadtbad, Eisstadion und in den Hofgarten laufen. Eine lebendige Stadt braucht junge Familien und Kinder im Zentrum. Und dort muss auch deren Schule sein – nicht am Stadtrand. Wenn die Graserschule saniert ist, gibt es traumhafte modernste Klassenzimmer in einem historischen Gebäude mit großen Räumen, wie sie in einem Neubau nie möglich wären.“

Stefan Specht ist Fraktionsvorsitzender der CSU im Stadtrat. Die CSU will gemeinsam mit der SPD, der FDP/DU und dem Jungen Bayreuth einen Neubau am Nordring. Specht sagt: „Einen Neubau in zentraler Lage des Schulsprengels können alle Kinder zu Fuß erreichen. Zudem bietet ein Neubau gegenüber der bloßen Sanierung eines Altbaues die Chance zur flexiblen Raumgestaltung. Damit lassen sich moderne pädagogische Konzepte umsetzen. Auf dem Grundstück, das wir vorschlagen und das mit altem Baumbestand eingewachsenen ist, ist anders als am tristen Stadtkernring naturnaher Unterricht möglich. Dort ist die Verkehrsbelastung auch deutlich geringer als am jetzigen lauten Stammschulhaus. Und es besteht perspektivisch die Möglichkeit, die Schule zu erweitern. Auch wenn man darüber streiten kann, ob ein Neubau tatsächlich teurer sein muss als eine aufwendige Bestandssanierung eines alten Gemäuers, sind wir der Auffassung, dass finanzielle Überlegungen nachrangig sein müssen. Die Interessen unserer Kinder gehen vor.“

Wie würden Sie entscheiden?

 

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