Die Getriebenen der Energiewende

Von Moritz Kircher
Hier schlägt das Herz des Mistelgauer Anlagenbauers Hermos: die Energiezentrale, die das Unternehmen mit Strom und Wärme versorgt. Archivfoto: Ronald Wittek. Foto: red

Stecker rein, Fabrik an. Das war einmal. Heute müssen sich Unternehmen viele Gedanken machen, ob sie ihre Energie nicht besser selbst erzeugen und wann, wie und wie viel Energie sie verbrauchen. Denn mit der Energiewende wird das alles zum schwer kalkulierbaren Kostenfaktor, sagen regionale Unternehmen. Weil die Politik ständig an den Stellschrauben der Energiewende dreht. Auch Großerzeuger erneuerbarer Energien kennen das Problem.

 
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Wie Firmen die Energiewende aktiv gestalten können, führte gestern der Mistelgauer Energie-Anlagenbauer Hermos bei den 8. Nordbayerischen Energietagen vor. Bei einer Werksführung für die rund 60 Teilnehmer wirkte auf den ersten Blick alles modern, aber gewöhnlich. Wie sich der Mittelständler aber mit Strom und Wärme versorgt, ist innovativ. Kraft-Wärme-Kopplung, Blockheizkraft, Batteriespeicher, Wärmepumpen, Sonden im Boden, Photovoltaik auf dem Dach und, und, und. Man will den Kunden im laufenden Betrieb zeigen, was alles möglich ist.

Unternehmen haben ein Problem mit dem Erneuerbare Energien Gesetz

Aber entscheidend sei nicht, alles mögliche zu tun, um Energie effizient zu nutzen. Holger Wieacker vom Energieversorger Bayernwerk formuliert die für Firmen entscheidende Frage in seinem Vortrag so: "Hilft mir die Anlage, meine Energiekosten zu senken?" Und da müssten Unternehmer ständig ein Auge darauf haben, was von der Politik gerade gefördert wird und was nicht. Wieacker sagt über dieses hin und her in der Energiewende: "Wir wissen auch nicht genau, was die Bundesregierung bezweckt und wo sie hin will."

Das Problem ist aus Sicht der Wirtschaft das Erneuerbare Energien Gesetz, das in regelmäßigen Abständen generalüberholt wird. Mal lohnt es sich mehr, Strom ins Netz einzuspeisen, mal lohnt es sich eher, ihn selbst zu verbrauchen. "Wir sind die Getriebenen im Moment", sagt Wieacker.

Kein Raum für die Windkraft in Bayern

Anderer Ort, gleiche Energiewende: Die volle Breitseite gesetzgeberischen Entscheidungsspielraums hat auch Ostwind schon abbekommen. Das Regensburger Windkraft-Unternehmen gehört ebenfalls zu den Getriebenen. Vergangene Woche war Baustellenfest im neuen Windpark Rotmainquelle wenige Kilometer südlich von Bayreuth. Sieben Windräder drehen sich links und rechts der A9 schon. Bald werden noch fünf dazu kommen. Es werden auf absehbare Zeit die letzten in der Gegend sein.

"Neue Projekte sind in Bayern rar geworden", sagt Ostwind-Sprecher Christoph Markl-Meider. Die sogenannte 10H-Regel hat den Ausbau der Windkraft in Bayern faktisch zum Erliegen gebracht. Heuer und im kommenden Jahr arbeitet Ostwind nur noch Altaufträge ab. Jene, die genehmigt wurden, bevor Ministerpräsident Horst Seehofer im vergangenen Jahr durchboxte, dass neue Windräder künftig den zehnfachen Abstand ihrer Höhe zum nächsten Wohnhaus haben müssen. Da bleibt in Bayern fast kein Standort übrig.

Gegen die 10H-Regel laufen zwei Klagen vor dem Verfassungsgerichtshof

Die Situation war im Freistaat schon einmal ähnlich. In den Regionalplänen waren einst so wenige Flächen für die Windkraft ausgewiesen, dass Gerichte entschieden: Hier wird der Ausbau durch Verwaltungshandeln verhindert, und das darf nicht sein.

Bei der 10H-Regel wird sich der Bayerische Verfassungsgerichtshof mit einer ähnlichen Frage befassen müssen: Darf der Landtag den Ausbau der Windkraft per Gesetz durch die Hintertür stoppen? Gegen die 10H-Regel sind zwei Klagen anhängig. Eine Entscheidung wird für Anfang 2016 erwartet.

Stadtwerke Wunsiedel gelten als Vorzeigebeispiel der Energiewende

Zurück beim Nordbayerischen Energietag in Mistelgau: Dass sich die Energiewende trotz schwieriger Rahmenbedingungen gestalten lässt, zeigte Marco Krasser von den Stadtwerken Wunsiedel in seinem Vortrag auf. Biomasse, Solarparks, Windkraft - die Stadtwerke investierten immer massiv in das, was auf politischer Ebene gerade en vogue ist. Das alles wurde intelligent vernetzt, sagte Geschäftsführer Krasser.

Und weil für die Steuerung der Energieerzeugung Glasfaserkabel notwendig waren, wurden die Stadtwerke quasi im Vorbeigehen noch zum Telefon- und Internetanbieter. Damit, sagt Krasser, verdienen die Stadtwerke mittlerweile gutes Geld. Bei aller Kritik aus der Wirtschaft an den energiepolitischen Launen: Die Stadtwerke Wunsiedel gelten in der Branche als Vorzeigebeispiel, wie die Energiewende trotzdem funktionieren kann.

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