Die Freiheit der Forschung Bayreuther Stadtgespräche: Debatte über Zivilklausel für Universität

Von Norbert Heimbeck

Dürfen Universitäten vom Militär Geld für die Forschung annehmen? Wenn ja, wo liegen die Grenzen dieser Forschungsarbeiten? Jura-Professorin Nina Nestler moderiert die „Bayreuther Stadtgespräche“ der Universität. Thema diesmal: „Universitäten im Krieg? Eine Debatte zur Zivilklausel“.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Nestler bringt es auf den Punkt: „Die Wissenschaft geht nicht von einem möglichen Ergebnis aus, vielmehr ist der Weg zur Erkenntnis das Ziel.“ Die Zivilklausel ist ein heikles Thema, das seit geraumer Zeit in der Politik diskutiert wird. Konkret geht es darum, ob deutsche Hochschulen mit Militär und Rüstungsindustrie kooperieren dürfen.

Nein, sagen die Befürworter der Zivilklausel, es könne nicht sein, dass öffentliche Universitäten Kriege fördern und dass Studenten dabei mitmachen müssen. Ihre Gegner argumentieren: Forschungsfreiheit sei im Grundgesetz garantiert. Forschung erfolge ergebnisoffen, niemand bestelle eine Waffe bei der Uni. Das Stichwort „Dual Use“ beschreibt einen möglichen doppelten Verwendungszweck von Forschungsergebnissen. Das ist die philosophische Frage nach der Verwendung eines Messers: In der Hand des Chirurgen ein nützliches Instrument, in der Hand des Verbrechers eine tödliche Waffe.

Am Mittwoch werden Oliver Jörg, Landtagsabgeordneter (CSU) aus Würzburg, und Studentenvertreter Daniel Gaittet aus Regensburg über dieses Thema diskutieren. Die Moderation wird Prof. Nina Nestler übernehmen, seit April Inhaberin des Lehrstuhls für Strafrecht III an der Uni Bayreuth.

Nina Nestler argumentiert: „Wer die Forschung ernst nimmt, bindet sich selbst an ethische und moralische Grundsätze.“ Grundrechte und verfassungsrechtliche Regelungen sind entsprechende Schranken. Gerade in den Naturwissenschaften, zum Beispiel in der Biologie und in der Virologie fielen zahlreiche Forschungsergebnisse in den Bereich der Doppelnutzung. „Aber hier greift die Selbstverpflichtung der Wissenschaftler.“ Es gebe verschiedene Stufen der Einschränkung: Der Grundsatz der Nichtschädigung sei die erste Schwelle, dann werde geprüft, welche Risiken von der Arbeit ausgehen könnten. Drittens stellt sich die Frage, ob sich diese Risiken ausschließen lassen, und eine weitere Überlegung sei, auf die Veröffentlichung der Forschungsergebnisse zu verzichten. Die Frage „Was richte ich mit meiner Arbeit an?“ treffe schließlich jeden, sagt Juristin Nestler: „Eine Zivilklausel kann kein Ersatz für ethische Grundsätze sein“.

Da die Wissenschaft stets auch aktuelle Fragen beantworten will, sei ein Argument gegen die Zivilklausel, dass dadurch die künftige Forschung begrenzt werde: „Wir können doch heute noch nicht sagen, welche Fragen in fünf oder zehn Jahren akut sein werden.“ Und wie passt das jetzt zur Eingangsfrage? Wissenschaftler, die Sponsorengelder aus der Wirtschaft einwerben, sogenannte Drittmittel, müssten das ja nicht unbedingt bei einem Rüstungsunternehmen tun. Nestler: „Wem es um den Erkenntnisgewinn geht, wer Forschung als Selbstzweck sieht, der ist auch in der Lage, sich selbst zu hinterfragen. Wer das nicht tut, der lässt sich auch durch eine Zivilklausel nicht beeinflussen“.

Auf die Debatte an diesem Mittwoch ist Moderatorin Nestler bereits sehr gespannt. Denn sie hat festgestellt, dass die Meinungen zur Zivilklausel sehr vielfältig sind – sowohl unter den Forschern selbst als auch unter den Studenten: „Sicher ist: Unsere Wissenschaftler sind sich der möglichen Folgen ihrer Arbeit bewusst. Sie forschen nicht blind, egal, wer das Geld gibt.“

Info: Die „Bayreuther Stadtgespräche“ beleuchten aktuelle Fragen aus Politik und Gesellschaft. Der Vortrag beginnt jeweils am Mittwoch um 18 Uhr im Iwalewahaus in der Opernstraße, eingeladen sind alle interessierten Bürger. Eintritt frei.

Bilder