Die CSU verliert ihre Werte aus dem Blick

Von Moritz Kircher
CSU-Chef Horst Seehofer im Bundestag. Foto: Kay Nietfeld/dpa Foto: red

CSU-Parteichef Horst Seehofer hat es gesagt: „Der Islam gehört nicht zu Deutschland.“ Und er hat damit eine alte Debatte unnötig wieder aufgewärmt. Was er mit der Aussage gemeint haben will: Unsere Gesellschaft sei eine christlich-abendländisch geprägte Wertegemeinschaft. Damit könnte sicher auch eine überwältigende Mehrheit der geschätzt viereinhalb Millionen Muslime in Deutschland gut leben. Aber das alleine hat Seehofer nicht gesagt. Und das verrät viel über den Zustand der CSU.

 
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Adil Zaher ist in Bayreuth ein angesehener Unternehmer. Deutschland ist seit 20 Jahren die Heimat des Muslims, der längst die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen hat. Die CSU sei eine Heimatpartei, sagt er und ist ihr deshalb vor Jahren beigetreten. Doch nun hat er ihr enttäuscht den Rücken gekehrt, weil seine Religion nach Ansicht seiner Parteiführung nicht zu Deutschland gehört.

Werte über Abgrenzung definieren?

Zahers Schritt war für ihn persönlich schmerzhaft, aber richtig. Und der Fall zeigt: Wer ganz pauschal behauptet, der Islam gehöre nicht zu Deutschland, der grenzt aus. Denn das ist der traurige Versuch, die eigene Wertegemeinschaft einzig und allein über die Abgrenzung von anderen zu umreißen. Wir – die Christen oder zumindest irgendwann und irgendwie einmal christlich geprägten – auf der einen Seite. Und auf der anderen Seite ihr – die Muslime, die aus der Fremde hierher gekommen sind und die erst einmal etwas aufgeben sollen, damit wir ihnen das Gefühl erlauben, ein Teil dieser Gesellschaft zu sein.

Und nur, weil wir das von den Muslimen verlangen können, erkennen wir uns selbst. Wollen wir ernsthaft so unsere Identität definieren?

40 Jahre friedliches Zusammenleben

Wer dagegen sagt, Deutschland sei ein Land christlich-abendländischer Kultur und wer eine Idee davon hat, welche Werte damit verbunden sind, der grenzt damit niemanden aus. Im Gegenteil: Der kann seine Arme ausbreiten für alle, die bereit sind, die Grundlagen unseres Zusammenlebens zu akzeptieren – egal welcher Religion sie angehören.

Die Zahl der Muslime überstieg in Deutschland bereits Mitte der 1970er Jahre die Millionengrenze. Nach mehr als 40 Jahren des friedlichen Zusammenlebens zu behaupten, der Islam gehöre nicht zu Deutschland, ist daher auch ein Leugnen von Realität. Denn man kann weder die Muslime aus Deutschland wegdiskutieren, noch ihre Religion aus ihnen herausholen – sofern sie diese überhaupt aktiv praktizieren.

Seehofer formuliert seine Wertethese negativ

Aber Seehofer formuliert seine Aussage nicht ausschließlich positiv, indem er sagt, was Deutschland ist oder was es sein soll. Er benennt nicht die Werte, die unsere gesellschaftliches Zusammenleben ausmachen. Er formuliert seine These im Kern negativ. Er definiert Deutschland über das, was es nicht ist, und benennt dafür den Islam namentlich. Und in der darauf folgenden Debatte tut es ihm fast die gesamte Parteiführung gleich.

Natürlich dürfen, ja müssen sich Muslime dann angesprochen fühlen. Da kann man noch so sehr beteuern, ihnen nichts nehmen zu wollen und dass sie als Menschen selbstverständlich dazu gehören. Wer sagt, der Islam gehört nicht zu Deutschland, der grenzt Muslime – ob deutsch oder nicht, ob zugereist oder hier geboren – aus. Und dafür kann es keine Rechtfertigung geben. Auch nicht den bayerischen Landtagswahlkampf.

Konservative Werte positiv bennenen

Wenn eine Partei wie die CSU es nicht mehr schafft, ihre konservativen Werte zu benennen ohne dabei mit dem Finger auf andere zu deuten und eine Religion pauschal auszugrenzen, dann hat sie ihre Werte aus dem Blick verloren. Und dann muss sie sich auch nicht wundern, wenn ihr bei der Landtagswahl Stimmen verloren gehen, weil sich so manches Mitglied und die Wähler woanders eine neue Heimat suchen.

moritz.kircher@nordbayerischer-kurier.de