Die Arbeitszeit wird zum Zankapfel

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Die Geschäfte der Metall- und Elektrobetriebe in Oberfranken laufen gut. Viele Unternehmen wollen weiterhin investieren und Arbeitsplätze schaffen. Das geht aus einer aktuellen Konjunkturumfrage der Branchenverbände Bayme und VBM hervor, deren Ergebnisse am Dienstag in Hof präsentiert wurden. Allerdings zeichnet sich ein Streit zwischen Arbeitgebern und der IG Metall ab. Die Gewerkschaft hat im Hinblick auf Arbeitszeiten andere Vorstellungen als die Unternehmen.

 
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Hanns-Peter Ohl, Bayme/VBM-Vorstandsvorsitzender für Ostoberfranken, sprach von einer guten konjunkturellen Lage und positiven Geschäftserwartungen der hiesigen M+E-Branche. Dies dürfe nicht durch falsche Weichenstellungen von Politik und Tarifparteien gefährdet werden, warnte er.

Die Unternehmen der oberfränkischen M+E-Industrie bewerten ihre aktuelle Geschäftslage besser als bei der letzten Umfrage im Dezember. Rund 80 Prozent der Betriebe beurteilen das aktuelle Inlandsgeschäft als gut (Dezember 2016: 59,3 Prozent). 14 Prozent bewerten die inländische Geschäftslage als befriedigend (35,7 Prozent), nur knapp sechs Prozent sind mit der Lage auf dem Inlandsmarkt unzufrieden.

Spitzenwerte nicht mehr erreicht

Das Auslandsgeschäft läuft ebenfalls sehr ordentlich. Allerdings wurden die Spitzenwerte aus der vorherigen Umfrage nicht mehr erreicht. 70 Prozent der Firmen kommen aktuell zu einer positiven Einschätzung (Dezember 2016: 88,4 Prozent), 27 Prozent vergeben die Note „Befriedigend“ (7,3 Prozent) und lediglich für drei Prozent stellt sich die ausländische Geschäftslage als schlecht dar (4,3 Prozent).

Die Betriebe des M+E-Zweigs blicken zuversichtlich ins zweite Halbjahr. Sowohl bei den Erwartungen für das Inlands- als auch für das Auslandsgeschäft geben die befragten Firmen an, dass sie von einer Verbesserung der Lage oder zumindest von einer stabilen Situation ausgehen. Kein Unternehmen rechnet mit einer Eintrübung.

Investitionsbereitschaft

Das wirkt sich positiv auf die Investitionsbereitschaft im Inland aus. 31 Prozent der M+E-Unternehmen in Oberfranken wollen in der zweiten Jahreshälfte mehr investieren, bei der vorherigen Umfrage waren es nur 5,8 Prozent gewesen. 69 Prozent wollen ihre Investitionen auf gleichbleibendem Niveau halten (Dezember 2016: 91,3 Prozent). Etwa ein Drittel der geplanten Mittel soll in Erweiterungsmaßnahmen fließen.

„Die Ertragslage der oberfränkischen Unternehmen unserer Branche ist insgesamt gut“, sagte Bayme/VBM-Vorstandschef Hanns-Peter Ohl. Jede vierte Firma erwarte eine Nettoumsatzrendite von vier Prozent und mehr. Die Nettoumsatzrendite bezeichnet das Verhältnis von Gewinn zu Umsatz. Mit Verlusten oder einer „schwarzen Null“ rechnet der Umfrage zufolge kein Betrieb.

In der M+E-Branche in Bayern sind aktuell fast 835.000 Menschen beschäftigt. Das ist der höchste Wert seit 25 Jahren, wie Bayme und VBM mitteilen. In Oberfranken waren es im Jahresschnitt 2016 rund 58.000 Mitarbeiter.

Fachkräftemangel

Die Zahl der Stammarbeitskräfte sei im vergangenen Jahr im Bezirk um 2,7 Prozent gestiegen. Bis Ende des Jahres prognostizieren die Verbände, dass in der Metall- und Elektroindustrie bayernweit 9000 neue Jobs geschaffen werden. In Oberfranken werde die Zahl der Stellen in diesem Jahr um 1100 steigen, hieß es.

Kopfzerbrechen bereitet vielen Unternehmen der Fachkräftemangel. Bayernweit sehen fast 30 Prozent der befragten M+E-Firmen dadurch ihre Produktions- und Geschäftstätigkeit negativ beeinträchtigt. „Das ist mit Abstand der höchste Wert, den wir bislang ermittelt haben“, klagte Ohl.

Gerade vor diesem Hintergrund seien manche Forderungen der IG Metall nicht nachvollziehbar. Anspruch auf mehr Flexibilität – das müsse nicht nur für die Arbeitnehmer gelten, sondern auch für die Arbeitgeber, verlangte Ohl. Er lehnte den Vorschlag der Gewerkschaft ab, wonach die Beschäftigten ihre Wochenarbeitszeit temporär auf bis zu 28 Stunden reduzieren können. Zudem sollen bestimmte Gruppen hierfür einen Teillohnausgleich erhalten. „Eine Arbeitszeitverkürzung passt überhaupt nicht in die aktuelle Landschaft, die von Globalisierung, Volatilität und Fachkräfteknappheit geprägt ist“, kritisierte Ohl.

Arbeitszeitkorridore

In der M+E-Branche gilt tariflich die 35-Stunden-Woche, 13 Prozent der Beschäftigten in jedem Betrieb dürfen auch länger arbeiten. Bayme und VBM fordern die Streichung dieser Quote. „Vorstellbar sind Arbeitszeitkorridore mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 30 bis 40 Stunden, sofern sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer darauf einigen“, erklärte Ohl.

Die IG Metall hatte kürzlich moniert, die 35-Stunden-Woche existiere für die meisten Beschäftigten in der Branche nur auf dem Papier. Fast 150.000 Mitarbeiter habe die Gewerkschaft befragt. „Im Durchschnitt arbeitet ein Beschäftigter in der Metall- und Elektroindustrie heute tatsächlich über 39 Stunden“, zitierte die „Süddeutsche Zeitung“ Bayerns IG-Metall-Chef Jürgen Wechsler. Jetzt wolle die IG Metall die 35-Stunden-Woche stärker durchsetzen.

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