Deutsche, entspannt euch mal!

Von Martina Bay
Foto: Maike van den Boom Foto: red

Enstpannte Skandinavier, fröhliche Mexikaner und unentspannte Deutsche. Die Autorin Maike van den Boom (45) hat 13 Länder besucht und sich angeschaut, wie glücklich die Menschen dort leben. Mit dem Kurier sprach sie über das starke Vertrauen der Skandinavier in den Staat und wie wichtig Zeit für das Glücklichsein ist.

 
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Sie haben 13 Länder besucht, um zu schauen, wie glücklich die Menschen dort sind. Was wollten Sie sich denn von den Menschen abschauen?

Maike van den Boom: Meine Mutter kommt aus den Niederlanden. Ich habe dort 13 Jahre gelebt und zwei Jahre in Mexiko. Die Mexikaner haben nicht viel zu lachen, tun es aber trotzdem. In Deutschland ist alles ein bisschen schwerfälliger. Die Deutschen sind nicht ganz unglücklich, aber da ist noch Potenzial. Deswegen wollte ich hinfahren und schauen, was die anderen Länder anders machen.

Nach dem "World Happiness Report" sind besonders die Skandinavier glücklich. Auch Sie haben Schweden, Dänemark, Island, Finnland und Norwegen besucht. Warum sind die Skandinavier so glücklich?

Van den Boom: Sie sind allgemein etwas entspannter. Sie haben ein Grundvertrauen in andere Menschen und in das Leben an sich. Und wer Vertrauen hat, traut sich auch etwas. Dann ist es auch nicht so schlimm, Fehler zu machen. Deswegen sind sie auch mutiger, weil sie wissen, dass ihnen nicht gleich der Kopf abgeackt wird, wenn mal etwas schiefgeht.

Glück ist auch eine Einstellungssache

Der Staat hat eine wichtige Rolle in Skandinavien, er wird dort von den Menschen sehr geschätzt. Warum trägt der Staat zum Glücklichsein bei?

Van den Boom: Der Staat nimmt den Menschen viele Aufgaben ab. Es gibt eine gute staatliche Versorgung für Kinder. Die Eltern zahlen keine Kita-Kosten. Vater und Mutter können, bis das Kind acht Jahre alt ist, 480 Urlaubstage in Anspruch nehmen. Sie zahlen dort zwar viele Steuern, aber sie bekommen auch viel zurück. Trotzdem sind die Menschen dort nicht alle konform, sie können sich auch persönlich entwickeln. Stockholm ist nach dem Silicon Valley das Technologiezentrum.

Mexiko, Costa Rica, Panama und Kolumbien sind Länder, die wirtschaftlich gesehen nicht besonders gut dastehen. Das soziale Gefälle ist sehr groß. Trotzdem sind die Menschen dort glücklich.

Van den Boom: Sie entscheiden sich einfach glücklich zu sein. In Deutschland ist es doch eher so: Wenn es einem schlecht geht, wird geklagt. Die Mexikaner dagegen lachen, wenn es ihnen nicht gut geht.

Nach dem "World Happiness Report" liegt Deutschland in diesem Jahr auf Platz 16 der glücklichsten Länder. Was können sich die Deutschen von den anderen Ländern abschauen?

Van den Boom: Die Deutschen sollen sich einfach mal ein bisschen entspannen. Man kann Probleme auch mit Humor angehen. Nicht einfach hinsetzen und klagen. Auch der Umgang untereinander ist in den anderen Ländern einfach netter und entspannter.

Inwiefern spielt der Faktor Zeit eine Rolle?

Van den Boom: Zeit ist total wichtig. In Skandinavien wird sie besonders genutzt, um sich mit anderen zu treffen, die sozialen Kontakte zu pflegen. Wenn wir ständig gehetzt sind, können wir doch nicht fragen, wie es dem anderen wirklich geht. In Skandinavien arbeiten die Menschen auch viel, aber sie holen halt um drei Uhr ihre Kinder ab und setzen sich dann abends noch einmal an den Laptop.

"Wenn es hart auf hart kommt, kann der Glaube helfen"

Macht der Glaube die Menschen glücklicher?

Van den Boom: Der Glaube macht nicht unbedingt glücklicher. Es gibt keine Studie, die das belegt. Wenn es hart auf hart kommt, kann der Glaube helfen. Ich glaube es ist wichtig, an irgendetwas zu glauben.

Sind sie jetzt nach Ihrer Reise glücklicher?

Van den Boom: Ich habe nach der Reise erst einmal meine Wohnung ausgemistet. Das war schon übertrieben, was ich alles in der Wohnung hatte. Diese ganzen materiellen Dinge braucht man doch eigentlich gar nicht um glücklich zu sein.

Buchtipp: Maike van den Boom schrieb das Buch "Wo geht´s denn hier zum Glück?: Meine Reise durch die 13 glücklichsten Länder der Welt und was wir von ihnen lernen können." Sachbuch, Hardcover, 18,99 Euro, ISBN: 978-3-8105-2297-9.

Foto: Maike von den Boom