Im Gemeindehaus treffen sich Flüchtlinge und Einheimische Deutsch lernen im Begegnungscafé

Von Anne Müller
Jeden Freitag treffen sich die Bewohner der Erstaufnahmeeinrichtung und die Mitglieder des Helferkreises und der Bürgerinitiative FlüBB im Evangelischen Gemeindehaus in der Blumenau. Hier bauen sie Kontakte auf, arbeiten und basteln miteinander und lernen gemeinsam die deutsche Sprache. Foto: Anne Müller Foto: red

Die Stimmung ist so, wie es sich viele Menschen für ein Treffen zwischen Einheimischen und Flüchtlingen wünschen: fröhlich, laut, durcheinander und sehr oft von lauten Lachern und Klavierakkorden durchzogen. Das Flüchtlingscafé im Evangelischen Gemeindehaus in Bad Berneck war ursprünglich als geschützter Begegnungsort geplant.

 
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Bernecker und die Flüchtlinge, die in der Erstaufnahmeeinrichtung untergebracht sind, sollten sich hier kennenlernen. „Die Begegnungen finden auch weiterhin statt“, sagt Bad Bernecks Dekan Thomas Guba, „aber das Café hat sich als idealer Platz erwiesen, an dem Mitglieder unseres Helferkreises ihre Arbeit gut durchführen können.“ Seine eigenen Aufgabenbereiche liegen auch im schulischen Bereich, wenn er zu Einzelstunden in die Klassen kommt und mit den Schülerinnen und Schülern das Thema Flüchtlinge bespricht. „So lange die Menschheit besteht, gab es Wanderbewegungen und somit auch Flüchtlinge. Mir ist es immer wichtig zu betonen, dass sich Geschichte nicht auf die gleiche grausame Weise wiederholen muss.“

 Viele helfen

Die Bürgerinitiative FlüBB (Flüchtlingshilfe Bad Berneck), genannt der Helferkreis, hat verschiedene Einzel-Arbeitsgruppen, die für ihre jeweiligen Aufgaben zuständig sind. Dass so viele Menschen sich in Bad Berneck in der Initiative und im Helferkreis engagieren, ist nicht wirklich verwunderlich, meint Kerstin Schröder: „Wir haben hier in Berneck viele Familien, die als Gastarbeiterfamilien vor vielen Jahrzehnten nach Deutschland kamen und sich hier weiterentwickelt haben. Viele Menschen aus diesen Familien wissen noch, wie es ist, fremd zu sein.“ Kerstin Schröder ist mit ihrem Mann und ihrer Tochter fast jeden Freitag beim Begegnungscafé und immer wieder fasziniert, welche bewegenden Begegnungen sie hier hautnah erleben. Die vielen Essensspenden, die von einheimischen und ehemaligen Gastarbeiterfamilien kommen, die strahlenden Augen bei den auf Deutsch gesprochenen Begrüßungsformeln, und die Geschichten, die die Flüchtlinge erzählen, oftmals durch Dolmetscher. „Es sind natürlich die Familiengeschichten der Menschen, die uns oft genug mitten ins Herz treffen. Aber entmutigen lassen wir uns alle nicht, wir helfen, wo wir können.“

 Zwölfjähriger Lehrer

Während freitags einige Frauen mit ihren Kindern Weihnachtsdeko basteln, übt sich der zwölfjährige Domenik schon mal als Nachhilfelehrer. Mit seinen zwei Schülern, die weitaus älter sind als er, trainiert er unermüdlich die deutschen Wochentage, die Monatsnamen und die Vorstellungsformeln. „Ich brauch da manchmal schon ein bisschen Geduld, aber ich finde es klasse, wie energisch unsere Schüler sind und wie beharrlich die Aussprache üben, bis es eben passt. Die sind da echt hartnäckig!“ An den Nebentischen üben etwa 20 Flüchtlinge mit fünf Einheimischen aus dem Arbeitskreis Sprache ihre Aufgaben. Es hört sich in etwa an wie das Auswendiglernen eines Gedichtes. Das glückliche Strahlen, wenn sie die sieben Wochentage oder die zwölf Monatsnamen korrekt aussprechen können, ist für die Schüler und die Lehrer ein echtes Geschenk. Einige der Nachhilfelehrer kamen aus beruflichem Interesse zum Helferkreis, andere nahmen diese willkommene Gelegenheit wahr, um eigene Hemmschwellen im Kontakt mit den Flüchtlingen abzubauen.

 Nehmen, wie es kommt

Doch nicht nur die Flüchtlinge, sondern auch die Helfer erleben in ihrem Engagement Lebensfreude, Kraft und oft genug herzerwärmende Momente. „Unser Ziel ist es, Beziehungen zu schaffen. Und obgleich wir hier eine hohe Fluktuation an Menschen haben, ist uns jeder Einzelne wichtig“, so Thomas Guba. „Die Lehrer, die Menschen die uns Lebensmittel zum Café bringen, die Dolmetscher die uns Gespräche und Formalitäten erleichtern und jeder, der sich hier engagiert: jeder ist willkommen. Zukunftspläne können wir kaum schmieden, da viele Menschen nur kurz hier wohnen. Aber wir nehmen es, wie es eben kommt und machen das Beste daraus.“

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