Eismacher und Ausbilder Wilhelm Breuer erklärt den Trend Deshalb werden Eissorten immer verrückter

Beim "Verrückten Eismacher" in der Münchner Innenstadt gibt es Brathendl kalt statt warm. Foto: red Foto: red

Am Anfang war Fürst Pückler. Doch dass Eis wahlweise nach Vanille, Schokolade oder Erdbeere schmeckte, ist lange her. Immer öfter begegnen uns ungewöhnliche bis gewagte Geschmacksrichtungen. Von Avocado bis Zaziki. Tabus? Fehlanzeige. "Wem schmeckt das?", haben wir Wilhelm Breuer, den Leiter der Eisfachschule Berlin, gefragt. Seine These: in Wahrheit eigentlich niemandem.

 
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Herr Breuer, essen Sie Eis, das nach Brathähnchen, Mozzarella-Basilikum oder Weißwurst schmeckt?
Wilhelm Breuer: Unter uns gesagt, ich finde, das kann man nicht essen. Eisdielen, die viele Sorten anbieten, geht es vor allem darum, sich von der Konkurrenz abzusetzen. Sie geben ihren Kunden einen Grund, ihr Eis bei ihnen zu schlecken, statt anderswo. Und statt sich für ein industriell hergestelltes Produkt zu entscheiden.

Heißt das, die Konkurrenz seitens der Industrie wächst?
Breuer: Ja. Die Industrie entwickelt immer mehr Fertigprodukte. Man muss heute nicht mehr zwangsläufig dafür ausgebildet sein, um Eis herstellen zu können. Der klassische italienische Eismacher verschwindet. Während viele Söhne der ersten Gastarbeiter auch Eismacher wurden, lernen die Enkel etwas anderes. Deshalb haben wir einen Mangel an Fachkräften.

Den Trend der ungewöhnlichen Sorten haben also die Eismacher selbst losgetreten?
Breuer: Grundsätzlich ist der Deutsche ja ein Schoko- und Vanille-Fan. Aber wenn man es ihm anbietet, nimmt er irgendwann auch Quark-Holunder. Brathähnchen- oder Weißwursteis schmeckt aber den Wenigsten. Beobachten Sie das mal beim "Verrückten Eismacher" in München: Die Leute kaufen eine Kugel Stracciatella oder Erdbeere und für das Probierlöffelchen, das es kostenlos dazu gibt, wählen sie dann Schweinshaxe oder Salami.

Wenn es nicht die ungewöhnlichen Sorten sind: Wonach fragen die Kunden dann?
Breuer: Laktosefreie Sorten werden nachgefragt - und veganes Eis ist definitv in. Das cremig zu bekommen, ist eine Herausforderung. Auch dafür braucht es Fachkräfte.

Und Ihre liebste Sorte?
Breuer: Zitronen-Stracciatella-Sorbet. Das Saure der Zitrone kombiniert mit süßer belgischer Schokolade. Herrlich.

Das Gespräch führte Marie-Christine Fischer.

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