Patientinnen sind irritiert, Ärzte sind besorgt Kritik am neuen Leiter der Frauenklinik

Von Frank Schmälzle
 Foto: red

Er wurde als gebührender Nachfolger für einen Weltklasse-Arzt präsentiert. Nach fünf Wochen am Klinikum Bayreuth muss sich Dr. Hamid Huschmand Nia, neuer Leiter der Frauenklinik und des Brustzentrums, Kritik gefallen lassen. Patientinnen sind irritiert von der ihrer Meinung nach geringschätzigen Art, mit der Huschmand Nia über seinen Vorgänger Prof Agustinus Tulusan spricht. Und Bayreuther Gynäkologen machen sich Sorgen um die Qualität der Behandlung. Huschmand Nia weist die Vorwürfe zurück.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Vor 16 Jahren bekam Gisela Metzner die Diagnose: Krebs – in einem schier aussichtslosen Stadium. „Ich hatte einen sehr schweren Metastasenbefall", sagt die heute 65-jährige Unternehmerin aus Bamberg im Kurier-Gespräch. Dass sie überlebt hat, führt sie auf den Mut, das Engagement und das Können ihres Arztes zurück. „Professor Tulusan hat mich damals in ein Forschungsprogramm hineingebracht, bei dem Patienten mit hochdosierter Chemotherapie behandelt wurden." Viele Patienten, die an dem Programm teilnahmen, sind gestorben. Gisela Metzner hat überlebt. „Für mich war diese Behandlung und die Art, wie Prof. Tulusan sie bei mir angewandt hat, genau richtig."

Dass Tulusans Nachfolger, dem Gisela Metzner zunächst Vertrauen schenkte, über ihren bisherigen Arzt „und die Behandlung, die mich gerettet hat, hergezogen ist", das stört die Geschäftsfrau und vierfache Mutter mindestens ebenso wie der Ton, der neuerdings in der Bayreuther Frauenklinik herrsche. „Schulmeisterlich" behandele Huschmand Nia seine Mitarbeiter. Und: „Er degradiert andere zu Statisten." Ultraschalluntersuchungen fänden nicht mehr nach dem Vier-Augen-Prinzip statt, unter Tulusans Regie hätten immer zwei Ärzte ihre Meinung beigetragen. Huschmand Nia verzichte darauf – mit dem Argument: Ältere Chefärzte seien nicht in der Lage, Ultraschalluntersuchungen vorzunehmen. Deshalb bräuchten sie einen zweiten Arzt. Für Gisela Metzner bleibt indes die Frage, ob zwei Meinungen nicht doch besser sind als eine. Klar ist für sie: „So zu reden, ist ganz schlechter Stil."

Die Erfahrungen, die Patientinnen in der Bayreuther Frauenklinik unter neuer Führung machen, kommen auch bei den niedergelassenen Gynäkologen an. „Ich kann bestätigen, dass es Kritik gibt", sagt einer von ihnen. Jenseits aller Stilfragen beobachtet dieser Arzt mit Sorge, wie sich die Frauenklinik und das Brustzentrum aktuell verändere. „Da werden gerade Behandlungs- und Operationsmethoden umgekrempelt, die bislang als exzellent galten und die dem Klinikum nachgewiesenen Qualitätskontrollen zufolge einen Standard deutlich über dem Durchschnitt bayerischer Krankenhäuser gesichert haben." In der Vergangenheit hätten Frauenärzte ihre Patientinnen ermutigt, bei operativen Eingriffen ins Klinikum Bayreuth zu gehen. „Weil wir sicher sein konnten, dass sie dort die beste Behandlung bekommen. Da können wir nicht mehr so sicher sein."

Im Kurier-Gespräch antwortet Huschmand Nia auf diese Besorgnis. „Unsere Behandlungs- und Operationsmethoden sind nicht aus der Luft gegriffen", sagt der Mediziner, der aus Saarbrücken nach Bayreuth kam. Vielmehr entsprächen sie den Leitlinien, die die Fachgesellschaften ausgegeben haben. „Wer sich daran hält, hält sich an die Arbeitsweise von mehr als 30 Top-Gynäkologen in Deutschland. Genau das tun wir." Experimentelle Behandlungsmethoden wende er nicht an. Seitdem er seine neue Aufgabe am Klinikum angetreten hatte, habe er zahlreiche Operationen ohne größere Komplikationen durchgeführt – „darunter auch sehr komplexe Fälle. Handwerkliche Schwächen lassen sich nicht verstecken. Und handwerkliche Stärken werden nur beim Operieren sichtbar."

Das Verhältnis zu seinem Vorgänger bezeichnete Huschmand Nia als sehr gut. Auf dessen Anraten sei er nach Bayreuth gekommen. „Wegen Tulusan bin ich heute hier. Ich will seine Arbeit fortsetzen und darauf aufbauen. Es wäre vermessen, ihn zu kritsieren." Tatsächlich aber rede er mit seinen Patientinnen aber über Behandlungen, sich verändernde Methoden über den medizinischen Fortschritt. „Das soll aber nicht heißen, dass Tulusan in der Vergangenheit etwas falsch gemacht hat." Und weiter: „Meine Äußerungen sind missverstanden worden."

Gisela Metzner hat trotzdem ihre Konsequenzen gezogen: Sie will sich künftig lieber wieder von Prof. Tulusan behandeln lassen. Der Mediziner, der als einer der ersten weltweit brusterhaltend operierte und dem Klinikum Bayreuth den Status eines Brustzentrums erarbeitete, wird Kurier-Informationen zufolge auch nach seiner Pensionierung weiterhin Patienten betreuen. Mit dem Klinikum war er sich über die Fortsetzung seiner Tätigkeit nicht einig geworden. Nun steht er dem Vernehmen nach mit einem Medzinischen Versorgungszentrum in bayreuth in Verbindung, in dessen Räumen Tulusan Sprechstunden anbieten könnte. Operationen sollen im Klinikum Kulmbach stattfinden, dort ist inzwischen eine Reihe von Ärzten, die zuvor am Bayreuther Krankenhaus beschäftigt waren , tätig.

Bilder