Tim Sczepaniak kann mit seiner Stammzellenspende zum Lebensretter werden Stammzellenspende: Plötzlich Lebensretter

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Wie ein Sechser im Lotto. Ungefähr so dürfte es sich anfühlen, wenn man als von Leukämie Betroffener die Nachricht bekommt, dass es  einen passenden Stammzellenspender gibt. So ein Glücksfall ist Tim Sczepaniak (19). Er hat sich vor eineinhalb Jahren typisieren lassen. Und kann jetzt helfen, ein Leben zu retten.

 
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"Mund auf, Stäbchen rein. Das ist eigentlich alles ganz einfach", sagt der 19-Jährige. Und es war selbstverständlich für den Bayreuther, dass er mitmacht bei der Typisierungsaktion im April vergangenen Jahres an seiner Schule, dem Wirtschaftswissenschaftlichen Gymnasium (WWG). "Es könnte ja auch einen Freund oder jemanden aus der Familie treffen." Eine Lehrerin hatte die Aktion organisiert. Die jungen Schüler rennen in der Oberfrankenhalle Runde um Runde, sammeln Geld. Die älteren Schüler machen den Mund auf. Stäbchen rein. Speichelprobe raus. "Man denkt sich nichts dabei. Weil die Chance, dass man ausgewählt wird, dass alles zusammenpasst, ja wirklich gering ist", sagt Tim Sczepaniak.

Fit durch Fußball

Der junge Saaser macht sein Abi, spielt weiter Fußball bei der Altstadt. "In der ersten Mannschaft trainiere ich mit, in der Zweiten spiele ich. Fußball, das ist mein großes Hobby, seit ich sechs oder sieben Jahre alt bin. Erst beim BSC Saas, seit der B-Jugend bin ich bei der Spielvereinigung", sagt er. Im August, im Urlaub mit der Familie, allerdings bekommt er eine Mail von der Deutschen Knochenmark-Spenderdatei (DKMS). "Drin stand, ich sei potenzieller Spender." Daheim am Telefon: mehrere verpasste Anrufe von der DKMS. Es eilt. "Ich musste so schnell wie möglich Blutproben schicken. Im November habe ich Bescheid bekommen, dass es eine 100-prozentige Übereinstimmung gibt." 

Die klassische Gruppe Spender

Tim Sczepaniak gehört "zur klassischen Gruppe Spender", sagt Julia Runge, Pressesprecherin der DKMS. "Junge Männer sind im Normalfall sehr gesund, treiben viel Sport, sind richtig fit. Und sie stehen im Gegensatz zu Frauen, die wegen Schwangerschaft ausfallen, einfach auch mehr zur Verfügung." Rund 1000 Typisierungsaktionen hat die DKMS allein im Jahr 2015 gemacht, 4,2 Millionen Menschen sind in der Datei gespeichert, 48.000 Spender hat die DKMS in den vergangenen Jahren vermittelt. "Etwa ein Prozent der jungen männlichen Spender können im ersten Jahr zu einer Stammzellenspende vermittelt werden. Fünf von 100, die an einer Typisierung teilnehmen, werden innerhalb von zehn Jahren tatsächlich Stammzellenspender", sagt Runge.  

Behandlung mit Wachstumshormonen

Für Sczepaniak folgt auf den Bescheid eine gründliche Voruntersuchung in Dresden. "Blutwerte, Check der Organe, ein EKG, dann ein ausführliches Einzelgespräch mit einer Ärztin, bei der man alle Frage stellen und Sorgen los werden kann." Der Bayreuther entscheidet sich für die periphere Stammzellenspende, keine Entnahme des Knochenmarks. "Das bedeutete aber, dass ich in den vier Tagen vor der Spende früh und abends Wachstumshormone spritzen musste, damit sich die Stammzellen im Blut verteilen. Das hat ein befreundeter Arzt gemacht."

Entnahme in Dresden

Ende November fährt er zusammen mit seiner Mutter nach Dresden. "Man wird total nett behandelt, alle sind unheimlich freundlich. Die ganze Aktion dauert auch nur maximal fünf Stunden." Über den linken Arm wird das Blut entnommen, gefiltert, und über den rechten Arm wieder zurückgeführt. "Ganz schön komplexe Sache. Aber man spürt eigentlich nichts. Allerdings hat die Ärztin gesagt, dass die Entnahme für die Herzmuskulatur vergleichbar mit einem Marathonlauf ist." Entsprechend fühlt sich der Sportler nach dreieinhalb Stunden, die es bei ihm dauert, auch. "Etwas schwach, angeschlagen. Aber ich hatte es mir schlimmer vorgestellt. Es war auch kein Problem. Man merkt, dass der Körper etwas hinter sich hat."

Gesundheit ist das wichtigste Gut

Und: "Man merkt, wie wichtig es ist, dass man gesund ist. Das ist der Moment, in dem man merkt, dass bei der Gesundheit kein Geld der Welt eine Rolle spielt. Man kann Gesundheit nicht kaufen. Es ist ein Glücksfall, dass es die Übereinstimmung gegeben hat." Von dem Menschen, der seine Stammzellen in sich tragen wird, weiß Sczepaniak nur so viel: Es ist eine Frau, die mittleren Alters ist und in Portugal lebt. "In gewisser Weise bin ich stolz, dass ich jemandem helfen kann", sagt er. "Und ich hoffe, dass das auch Ansporn für andere ist." 

Leukämie bewegt die Menschen

Die Hilfsbereitschaft der Menschen ist groß, wenn es darum geht, Menschen zu unterstützen, die an Leukämie erkrankt sind. Beweis dafür sind die vielen Teilnehmer an Typisierungsaktionen in den vergangenen Monaten in Bayreuth und der Region. Einige der bekanntesten Fälle: Emil, der zweijährige Bub aus Bayreuth, dem es nach einer Stammzellenspende wieder besser geht. Oder die 14-jährige Amanda aus Pegnitz, deren Leben durch eine Stammzellenspende gerettet werden konnte. Julia Runge, Pressesprecherin der Deutschen Knochenmark-Spenderdatei (DKMS) nennt einen weiteren Namen, der ihr im Gedächtnis geblieben ist: "Der kleine Leonard aus der Nähe von Helmbrechts." Für ihn ist ein Stammzellenspender aus den USA gefunden worden.

Die DKMS hat gerade ihre aktuellen Zahlen für das Jahr 2015 zusammengestellt. Allein in diesem Jahr sind eine Million Menschen neu in die Knochenmarkspenderdatei aufgenommen worden. Rund 1000 Typisierungsaktionen gab es bundesweit, 234 allein in Bayern. Die Menschen in Bayreuth sind auch weit vorne mit dabei: 12.589 Menschen haben sich seit 1991 registrieren lassen. wah

   

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