Der Mythos vom globalen Manager

Von Uwe Göthert
Uwe Göthert ist seit 2004 Geschäftsführer von Dale Carnegie Deutschland mit Sitz in München, dem deutschen Lizenzträger des 1912 in New York gegründeten weltweit tätigen Anbieters von Dienstleistungen mit dem Schwerpunkt Management- und Personalentwicklung. Foto: Fröhlich PR GmbH Foto: red

Heute Deutschland, morgen Indien, übermorgen Brasilien: Arbeitskräfte sind oder sollten heute mobil sein. Vor allem von der Führungselite wird dies erwartet, doch gerade hier funktioniert der weltweite Einsatz weit weniger reibungslos als gewünscht. So ist das Leitbild des globalen Managers zumindest bisher lediglich ein Mythos, der mit der Realität wenig zu tun hat.

 
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Wie wir in unseren Trainings immer wieder erfahren, sind in der Praxis andere Führungskräfte gefragt. Solche, die zum einen in allen Ländern nach einheitlichen Standards beziehungsweise der jeweiligen Firmenkultur führen, aber zugleich die lokalen Besonderheiten kennen und in ihren Führungsstil einbauen.

Unterschiedliche Märkte brauchen auch in Zukunft unterschiedliche Strategien

Warum das so ist? Weil die Märkte sich immer noch unterscheiden. Sie sind in Europa nicht dieselben  wie in Asien und auch in Japan nicht genauso wie in Indien. Geografie und Klima werden sich niemals angleichen, das Konsumverhalten und die Mentalität wohl nur bedingt. Zwar leben wir im Internetzeitalter, spielen räumliche Distanzen für den Transport von Informationen gar keine Rolle mehr und für den von Waren eine sehr viel geringere als früher. Doch die kulturellen Differenzen bleiben, so dass ein Unternehmen nach innen und nach außen in jeder Region dieser Erde anders agieren muss. Die sich wieder verstärkende Hinwendung zum eigenen Nationalstaat, wie sie sich gerade in diesem Jahr etwa beim Brexit oder den Wahlen in den USA gezeigt hat, mag sogar ein Indiz für eine teilweise De-Globalisierung sein.

Lagerhaltung? Transport? Komplexe Logistik? Alles bald überflüssig

Dazu trägt auch die Digitalisierung bei, welche die Produktion wieder an die Orte verlagert, an denen die Produkte benötigt werden. 3-D-Drucker heißt das Stichwort in diesem Zusammenhang. Während man vieles heute noch in wenigen Standardgrößen und -designs herstellt sowie anschließend auf die Reise um die Welt schickt, können künftig passgenaue Produkte an Ort und Stelle ausgedruckt werden. Lagerhaltung? Transport? Komplexe Logistik? Alles überflüssig. Große Distanzen werden dann vor allem die Daten zurücklegen – in Sekundenschnelle und umweltschonend. Was das für die Hersteller heißt? Sie werden eher noch mehr als jetzt zahlreiche Niederlassungen auf dem gesamten Globus gründen, um möglichst viele Märkte bedienen zu können.

Absage an Spezialisten wie an Generalisten

Zu erwarten ist etwas zwischen der einst vorhergesagten global einheitlichen Welt und einem unverbundenen Nebeneinander von Nationalstaaten. Blickt man nun auf die Managerelite, sind für diese Situation Spezialisten mit Fokus auf ihren Heimatstaat ebenso wenig geeignet wie Generalisten, deren Perspektive immer gleich die gesamte Welt ist. Die zumeist international aktiven Kunden von Dale Carnegie Training benötigen denn auch Führungskräfte, die transnational orientiert sind, also zwar einheitliche Standards verinnerlicht haben, sich jedoch gleichzeitig an die lokalen Gegebenheiten anpassen. Transnationalität erfordert die Loslösung vom Denken in den Kategorien Mutter- und Tochtergesellschaften. Differenzen werden anerkannt und es gibt keine klare Hierarchie mehr zwischen den Regionen. Trotzdem kocht keineswegs jeder sein eigenes Süppchen. Ressourcen jeglicher Art werden gebündelt, Mitarbeiter ziehen in grenzüberschreitend zusammengesetzten Teams an einem Strang.

Transnational statt gobal

Die Vorteile: Unternehmen, die auf Transnationalität setzen, statt den globalen Manager zu propagieren, sind nicht mehr nach Produktlinien oder Absatzgebieten organisiert, also fragmentiert. Alle Manager integrieren die kulturellen Besonderheiten in ihren Ländern in ihre Denk- und Handlungsmuster. Gleichzeitig wird eine übergeordnete globale Unternehmensphilosophie gelebt. Der Lohn sind Flexibilität, Effizienz und die Fähigkeit zu rascher Reaktion bei Veränderungen. Natürlich braucht man dafür Führungskräfte, die zum einen den Gedanken der Transnationalität verstanden und verinnerlicht haben. Zum anderen sollten die jeweiligen Fähigkeiten zu dem Land, in dem sie eingesetzt werden, passen.

Auswahlkriterien dürfen also nicht nur die bisherigen Leistungen und fachlichen Kompetenzen sein. Diese reichen nicht aus, um zu beurteilen, ob jemand im Ausland erfolgreich sein wird. Beim Zielland USA etwa gehören unbedingt eine überdurchschnittliche Bereitschaft zum Risiko und ein ebensolches Durchsetzungsvermögen hinzu. In so manchem asiatischen Land ist dagegen eher Bedächtigkeit angesagt. Darauf achten unsere Trainer ebenso wie auf die Förderung grenzüberschreitender Teamarbeit und des Austausches in sozialen Netzwerken. Und sie haben die dafür erforderlichen Voraussetzungen, sind nämlich selbst nach einheitlichen Standards ausgebildet, aber dennoch in ihrer jeweiligen Kultur verwurzelt.

 Zur Person

Seit 2004 ist Uwe Göthert Geschäftsführer von Dale Carnegie Deutschland mit Sitz in München. Zusammen mit seinem Team entwickelt er maßgeschneiderte Trainingslösungen. Dabei profitieren insbesondere international aufgestellte Unternehmen von der globalen Präsenz Dale Carnegies. Unter anderem erhielt Göthert den Rooky Award für den am schnellsten wachsenden Partner in der Dale Carnegie Organisation. Er steuerte diverse internationale Trainingsprojekte und bringt aus seiner erfolgreichen Tätigkeit als Unternehmer langjährige praktische Erfahrung in der strategischen Unternehmensentwicklung ein.