Gewinne machen glücklich. Im Büro von Rainer Holmer bei Lotto Bayern sitzen die Menschen, die gerade hohe Beträge im Lotto gewonnen haben. „Mein persönlicher Sechser im Lotto war, diese Arbeitsstelle zu bekommen“, sagt er. „Es macht glücklich, glückliche Leute vor sich zu haben.“ Er ist manchmal ist er der einzige, der weiß, dass jemand Millionär ist.
Rainer Holmer: Egal, wer der Lottogewinner ist, ob groß oder klein, dick oder dünn, arm oder vorher schon reich: Es ist immer ein besonderer Moment, wenn er oder sie bei mir sitzt. Die Reaktionen reichen von Freudentränen und Luftsprüngen bis gar nichts mehr sagen zu können. Manche sagen aber auch, es hätte ruhig mehr sein können.
Wie kommen die Leute an ihre Millionen?
Rainer Holmer: Wenn die Gewinner mit einer Kundenkarte gespielt haben, kennt die Lotto-Gesellschaft schon den Gewinner. Anders ist es, wenn jemand anonym gespielt hat. Das sind oft Menschen, die in die Annahmestelle gehen und Lotto spielen, wenn der Jackpot gestiegen ist. Dann brauchen wir die Quittung, einen Ausweis und die Bankverbindung. In aller Regel ist es so, dass die Gewinner zu uns nach München kommen, wenn es der ganz, ganz große Gewinn ist. Wenn sie die richtige Quittung haben, wird das Geld überwiesen. Ganz einfach. Das läuft ganz diskret. Die vielleicht von den Spielteilnehmern erwarteten Hausbesuche gibt es nicht.
Was passiert in Ihrem Büro?
Rainer Holmer: Wenn die Kollegen die Quittung überprüft haben, führe ich ein Gespräch mit den Gewinnern. Ich lasse sie erstmal erzählen. Das ist für alle immer sehr aufregend. Wir machen keine Vermögensberatung. Wir sagen allen: Überlegen Sie sich gut, ob sie es überhaupt jemandem erzählen und wenn ja, wem. Ich frage die Menschen, was sie in der Zwischenzeit mit ihrer Quittung gemacht haben. Die kann ja plötzlich mehrere Millionen Euro wert sein. Bei manchen liegt sie in der Schublade zwischen den unbezahlten Rechnungen, eine Frau hat sie zwischen Hähnchenkeulen und Gemüse eingefroren, eine andere hat sie in die Kaffeedose gesteckt. Und ganz häufig bewahren die Gewinner die Quittung unter ihrem Kopfkissen auf.
Was meinen Sie: Macht viel Geld glücklich?
Rainer Holmer: Ich freue mich immer, dass die Menschen so froh sind, wenn sie von ihrem Gewinn erfahren. Geld schafft Freiheiten, aber Geld ist auch nicht alles im Leben. Es macht manches leichter, aber man wird nicht zwangsläufig glücklicher. Ob ein hoher Gewinn mehr Glück oder Unglück bringt, entscheidet jeder selbst, glaube ich. Und ich bin überzeugt, dass er den meisten Glück bringen wird. Der größte Gewinn, der je in Bayern ausgezahlt wurde, waren über 33 Millionen Euro. Die haben drei Handwerker gewonnen. Da kann man sich vorstellen, dass das das Leben verändert. Ein solcher Lottogewinn erweitert das finanzielle Spektrum, er gibt dem Gewinner Freiheit und Unabhängigkeit.
Welche Gewinner sind Ihnen im Gedächtnis geblieben?
Rainer Holmer: Ein mittelständischer Handwerksbetrieb aus Franken stand von heute auf morgen vor der Pleite. Er hatte sich Geld geliehen, um für einen Auftrag in Vorleistung zu gehen, und der Kunde konnte nicht zahlen. Es lief mir eiskalt den Buckel runter, als er das erzählte. Am gleichen Wochenende kam der Lotteriegewinn. Das ganze Geld floss in den Betrieb und hat alle Arbeitsplätze erhalten. Seine Mitarbeiter haben nie erfahren, dass es so knapp war. Ein anderer Arbeiter hat einmal mehrere Millionen gewonnen. Er wollte schon lange eine Lohnerhöhung haben, die hatte sein Arbeitgeber immer abgelehnt. Nach dem Gewinn wollte er eine weitere Lohnerhöhung fordern. Er dachte, dann hat es sich erledigt mit dem Job. Das Witzige war: Er hat die Lohnerhöhung bekommen. Er hat dann noch eine Zeitlang weitergearbeitet.
Sprechen die Gewinner mit Ihnen darüber, was sie mit dem Geld vorhaben?
Rainer Holmer: Die meisten haben noch nicht so konkrete Vorstellungen, was sie mit dem Geld machen. Aber ganz oben stehen Immobilien, Reisen und Autos. Ich kann mich an einen erinnern, der froh war, dass er in die Pflege und Krankenversorgung seiner Frau investieren konnte. Manche gehen in die Selbstständigkeit, manche haben gar keine Ahnung und wollen erstmal warten und schauen. Ein sehr netter, älterer Herr sagte mir: „Ich hab mir mein Leben lang ein elegantes Auto gewünscht. Jetzt bin ich so alt… wenn Sie an meiner Stelle wären, was würden Sie tun?“ Ich sagte ihm, das sollte keine Frage des Alters sondern des Herzens sein. Gibt es etwas Schöneres, als einen Wunsch zu leben? Ein paar Wochen später kam er mit seinem neuen Wagen und zeigte mir ganz stolz die Ledersitze und die Sitzheizung. Das war etwas Besonderes für ihn. Das sind auch für mich sehr schöne Momente. Eine andere Gewinnerin sagte mir, sie wolle nach dem Gespräch in die Stadt gehen und sich einen Haute-Couture-Hut kaufen. Den trägt sie zwar nur zwischen Wohnzimmer und Küche, aber das ist ihre Erinnerung an diesen besonderen Tag.
Bleiben Sie in Kontakt mit den Gewinnern?
Rainer Holmer: Wir melden uns nicht bei ihnen. Aber in Einzelfällen melden die sich telefonisch bei uns. Eine Frau hat mich mal Monate später angerufen, weil ich der einzige bin, der von ihrem Gewinn weiß. Sie erzählte mir, dass sie sich früher nie etwas leisten konnte, sich jetzt aber alles kaufen könnte – aber sie brauche es nicht mehr.
Gibt es auch Menschen, denen Sie den Gewinn nicht gönnen?
Rainer Holmer: Ich gönne jedem einen hohen Lottogewinn. Wenn man über seinen eigenen Beruf und sein Einkommen froh ist, braucht es auch keinen Neid.
Spielen Sie Lotto?
Rainer Holmer: Ja, ab und an, wenn der Jackpot höher ist. Ich frage mich aber auch immer: Was kann ich jetzt schon ändern, ohne dass es dafür viel Geld braucht? Wenn ich gewinnen würde, habe ich früher immer gedacht, ich würde dann ein altes Bauernhaus restaurieren. Mittlerweile ist ein ganz hippes modernes Baumhaus mein Traum. Aber wenn’s ein Traum bleibt, ist es auch schön.
Was macht Sie glücklich?
Rainer Holmer: Eine sichere Arbeit, die man gerne macht, Gesundheit und meine tolle Familie. Das sind die drei Dinge, die mich glücklich machen.
