Die Lage in Fichtelberg ist verfahren - Die Ankündigung der Versicherung, vor Gericht zu gehen, macht es nicht leichter Der Kampf um die erhofften Millionen

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Treffen sich im Juli wieder vor Gericht: Badbetreiber Heinz Steinhart und der Fichtelberger Bürgermeister José-Ricardo Castro Riemenschneider. Foto: red

Das schockte sogar Heinz Steinhart. „Die spinnen." Als er vom Kurier erfahren hatte, dass die Gothaer Versicherung weiter auf vorsätzlicher Brandstiftung beharrt, war er mit seinen Hunden im Wald spazieren. Einen Tag später allerdings wirkte er gefasster. „Weil ich darüber nachgedacht habe", sagt er und teilte wie gewohnt aus. Er sprach von „Tricks" der Versicherung, mit denen sie „berechtigte Forderungen" abwehren wolle. Es geht um einen immensen Betrag. Im Raum steht eine Summe von etwa zehn Millionen Euro.

 
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Die Brandruine der Therme Fichtelberg qualmte noch, als der Streit zwischen Steinhart und der Gemeinde Fichtelberg um diese ominöse Summe begann. Oder besser: Als der Streit in eine neue Runde ging. Denn schon lange vor dem Brand hatte es geschwelt. Steinhart zahlte seine Raten nicht mehr für das Bad, das er 2002 von der Gemeinde übernommen hatte. Die Gemeinde verklagte ihn und gewann in erster Instanz: knapp eine Million Euro musste er nachzahlen. Und er zog vors Oberlandesgericht, wo zurzeit um ein Vergleich gerungen wird.

Das Bad rutschte in tiefrote Zahlen. Dem Kurier liegen Zahlen vor, die belegen: In den letzten vier Jahren lag das monatliche Minus durchschnittlich bei etwa 40 000 Euro. Die wenigen guten Monate glichen die schlechten nicht aus. Steinhart wollte erweitern, allerdings nur mit finanzieller Hilfe der Gemeinde. Der Streit eskalierte – in einer Brandrede Steinharts. Ende April, kurz vor dem verheerenden Brand am 12. Mai, drohte er bei einer Versammlung im Bad, dieses „platt zu machen" ohne Hilfe der Gemeinde.

Allerdings hatte er damals schon Tatsachen geschaffen, die er in seiner Brandrede nicht erwähnte: Schon am 14. März hatte er bei der Arbeitsagentur in Bayreuth die Massenentlassung seiner 28 Thermen-Mitarbeiter angekündigt. Die Kündigung hätte „moralischer" ablaufen können, räumt ein Verfahrensbeteiligter dem Kurier gegenüber ein. Rechtlich aber war sie einwandfrei. Als am 12. Mai das Bad in Flammen aufging, war nur noch der Kündigungsgrund zu ändern: den Betrieb mit dem langen Namen „Kristall Radon Sole Therme mit Saunalandschaft Fichtelberg GmbH" gab es nicht mehr.

Jeder will die Therme aufbauen

Aber genau darum reißen sich seitdem Steinhart und die Gemeinde. Jeder will die Therme wieder aufbauen. Und jeder will diese ominöse Summe der Versicherung dafür haben. Bürgermeister José-Ricardo Castro Riemenschneider (CSF) wird nicht müde, den immergleichen Satz zu wiederholen: „Wir sind Eigentümer." Steinhart beruft sich auf den Vertrag und seine Pflicht, wieder aufzubauen. „Vom ersten Tag bis heute – und auch für die Zukunft" will er „vertragstreu bleiben wollen und laut Vertrag der Verpflichtung nachkommen, das Bad wieder aufzubauen".

Das nun will der Gemeinderat auf keinen Fall. Mehrheitlich hat er sich gegen eine weitere Zusammenarbeit mit Steinhart ausgesprochen. Zu oft sei gerade er vertragsbrüchig geworden. Aus diesem Grund kündigte die Gemeinde im vergangenen Jahr den Vertrag mit Steinhart. Rückwirkend. Sie argumentierten, das Gebäude sei nicht Schuss gehalten worden, die Heizung ebenfalls nicht. Dem Kurier gegenüber bestätigten dies Handwerker der Region, es gibt auch Fotos, die das belegen.

Streit um Therme: Gemeinde und Steinhart wollen bauen

Nur die örtliche CSU steht noch treu zu dem Badbetreiber. „Wer soll es sonst machen?", fragt Jürgen Köferl, der Chef des Ortsverbandes. Er geht davon aus, dass Steinhart auch das Geld der Versicherung zusteht. Für den Bürgermeister ist klar: „Wir bauen auf jeden Fall ein Bad." Auch ohne Steinhart. Interessenten gebe es – allerdings noch keine Pläne. Zuerst will er den Rechtsstreit mit Steinhart beenden, und dann: die ominöse Summe der Versicherung überwiesen haben. Genau das will Steinhart auch.

Aber seit dieser Woche ist klar: Es wird dauern, bis die Versicherung zahlt. Für die Fachleute dort ist klar: Es war vorsätzliche Brandstiftung. Seit fast neun Monaten laufen die Ermittlungen. Einen durchschlagenden Beweis oder gar den möglichen Brandstifter aber haben die Ermittler nicht gefunden. Dafür aber eine Reihe von Indizien, Hinweisen und Motiven. Die sollen reichen, um vor Gericht die „geltend gemachten Entschädigungsansprüche" abzuwehren.

In solchen Fällen üblich fahren Versicherungen auch neue Gutachter auf und durchforsten Aktenberge auf der Suche nach Hinweisen Motiven für eine Brandstiftung. Auf der Suche nach etwas, das die Polizei nicht gesehen hat. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft waren nicht unumstritten. Schon am Tag nach dem Brand waren Personen auf dem Thermengelände, die Sachen abtransportierten. Von möglichen Verdächtigen wurden keine Handy-Daten erhoben, schon früh stand als Brandursache eine glimmende Zigarette fest. Aber auch der damals zuständige Staatsanwalt Thomas Janovsky hatte nach eigenen Worten „nie eine vorsätzliche Brandstiftung ausgeschlossen". Es hätten keine keine Hinweise vorgelegen. Seine Argumentation war: „Wenn ein Täter alles niederbrennen will, zündet er es an einer anderen Stelle an.". Aber das Bad war noch in vollem Betrieb. Wenn man da das Bad anzünde, sagt er. „nimmt man Tote in Kauf." Und dann werde es auch schneller entdeckt.

Prozess geht im Juli weiter

Wie geht es weiter? Im Juli treffen sich Steinhart und die Gemeinde nochmal vor dem Oberlandesgericht, wo es um die ausstehenden Pachtzahlungen geht. Sollte keine Einigung möglich sein, könnte Ende Juli bereits ein Urteil fallen. Danach könnte der Prozess Steinharts gegen die Gothaer beginnen. Experten gehen davon aus, dass er lange dauern kann. Wenn einst die ominöse Versicherungssumme ausbezahlt werden kann und immer noch keine Einigung zwischen Steinhart und Gemeinde herrscht? Dann würde das Geld hinterlegt werden. Hierum müssten dann Steinhart und die Gemeinde streiten. „Dies wäre ein langer Weg", heißt es bei der Versicherung.

Foto: Ott/Hoch

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