Der Gasthof Kolb stirbt nicht

Von Moritz Kircher
Werner Kolb (rechts) gibt sein Weidenberger Gasthaus an das Ehepaar Taner und Rebecca Aru ab. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Sie kamen aus Berlin und suchten Entschleunigung - auch ihrer drei Kinder wegen. Ruhe, Abgeschiedenheit und kurze Wege hat das Ehepaar Rebecca und Taner Aru nun in Weidenberg gefunden. Aber wenn es nach ihnen geht, wird ihr Alltag alles andere als ruhig. Denn sie übernehmen demnächst den alteingesessenen Gasthof Kolb und wollen wieder Schwung ins Geschäft bringen. Politische Veranstaltungen, wie so mancher in Weidenberg vermutet, sollen in dem Gasthaus nicht laufen.

 
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Werner Kolb wollte sein Wirtshaus schon seit längerer Zeit verkaufen, fand aber trotz einiger Interessenten keinen Abnehmer. Mehrmals scheiterte der Verkauf nach seinen Aussagen an der Finanzierung. Dass die Familie Aru jetzt aus Berlin nach Weidenberg kommt, ist sein "Sechser im Lotto", wie er sagt. Nicht nur, dass das Wirtshaus jetzt verkauft ist. Die Neuen wollen es auch noch in seiner Tradition als fränkischen Gasthof weiter führen. "Ich bin ganz glücklich darüber, dass der Kolb nicht stirbt."

Knapper Wohnraum, teure Mieten selbst im Speckgürtel von Berlin und lange Wege - das alles veranlasste das Ehepaar Aru, die Bundeshauptstadt zu verlassen. "Mit drei Kindern bist du dort ein Logistikunternehmen", sagt Taner Aru. Nicht so in Weidenberg. In drei Minuten sind die beiden Jüngeren zu Fuß drüben in der Grund- und Mittelschule. Und nachmittags laufen sie zum Sportgelände des SV Weidenberg zum Fußballtraining. Nur der älteste Sohn ist noch in Berlin, wo er bis zum Realschulabschluss bleibt. Dann will er nachkommen und auf ein Bayreuther Gymnasium gehen.

Aber warum ausgerechnet hierher? Das will man in der Region von Zugereisten grundsätzlich wissen. Taner und Rebecca Aru sind bis in den Schwarzwald gefahren, um sich zum Verkauf stehende Gasthöfe anzuschauen. "Wir haben entdeckt, wie schön das hier ist", sagt Rebecca Aru. "Und wir haben uns einfach in die Gegend verliebt." Und falls sie doch mal das Heimweh packen sollte, seien sie in nur dreieinhalb Stunden Fahrt in der alten Heimat.

Und dann gibt es ja noch die historische Verbindung zwischen der Hauptstadt und dem Fichtelgebirge, dass zu Mauerzeiten ein beliebtes Urlaubsgebiet bei den Westberlinern war. Rebecca Aru ist im Westteil der Stadt geboren. "Ich habe die Mauer noch mit der Hand angefasst", sagt sie. Sie weiß auch noch, dass viele Berliner damals zum Urlaub ins Fichtelgebirge gefahren sind.

Den in die Jahre gekommenen Gasthof wollen die neuen Betreiber Stück für Stück auf Vordermann bringen. Wenn alle Weihnachtsfeiern durch sind, schließen sie das Haus bis zum 28. Januar für erste Renovierungen. Zur Brez'nwoche ist dann die Neueröffnung. Die Gästezimmer werden danach im laufenden Betrieb renoviert.

Gezahlt wird die Übernahme von Remzi Aru, den Bruder des neuen Betreibers, in dessen Firma Taner Aru bisher tätig war. Remzi Aru ist ein erfolgreicher Unternehmer in der Tourismus- und Immobilienbranche. Zuletzt machte er Schlagzeilen mit der Gründung der Allianz Deutscher Demokraten. Die Partei steht dem türkischen Präsidenten Erdogan nah.

Taner Aru macht daraus keinen Hehl, stellt aber gleich fest: "Das wird hier keine politische Zentrale." Er will aus dem Kolb einen gut laufenden fränkischen Gasthof machen. Auf der Speisekarte sollen sich dezente mediterrane Einflüsse finden. In der Küche und in der Pension sollen sich die Veränderungen in Grenzen halten. "Wir wollen eine Fusion zwischen Alt und Neu", sagt Rebecca Aru. "Uns ist es wichtig, da die Mitte zu finden."

Neue Gäste sollen aber auf jeden Fall kommen. Die will Taner Aru über die großen Online-Buchungsportale an den Rand des Fichtelgebirges locken. Bei Booking.com, HRS, Holidaycheck und Co war der Gasthof bisher nicht vertreten. Das soll sich ändern. Wie das geht, damit kenne er sich aus, sagt Aru. Er kommt aus dem Tourismusgewerbe. Jetzt betreiben er und seine Frau, eine ausgebildete Walldorfpädagogin, zum ersten Mal einen Gasthof. Und beide sagen: "Wir wollen hier in Weidenberg Wurzeln schlagen."

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