Der Anfang vom Ende des Bargeldes?

Von Elmar Schatz
Wird das Bargeld schrittweise abgeschafft? Foto: Tobias Hase/dpa Foto: red

Die EU denkt an eine Bargeld-Obergrenze, Kritiker befürchten das Ende für Münzen und Banknoten. Der Bayreuther Professor Bernhard Herz sagt: "Es ist unverkennbar, dass der Gegenwind gegen Bargeld stärker wird."

 
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Der Bayreuther Volkswirtschaftler erklärt weiter: "Wir werden wohl zunehmend mehr Einschränkungen bei der Verwendung von Bargeld sehen." Die für 2018 geplante Abschaffung des 500-Euro-Scheines sei nur der Anfang gewesen. "Höchstgrenzen bei Barzahlungen werden wohl der nächste Schritt sein", erklärt Herz.

Rechtlich liege die Verantwortung für Banknoten im Euroraum bei der Europäischen Zentralbank (EZB), für Münzgeld bei den Finanzministern.

Deutsche lieben ihr Bargeld

Herz erklärt: "Tatsächlich ist es so, dass in Deutschland das Bargeld beliebter ist als in vielen anderen europäischen Ländern." Das habe nicht nur mit Emotion und Tradition zu tun, sondern dafür gebe es viele gute, sachliche Gründe. "Gerade bei kleinen Beträgen ist es einfach oft praktischer, bar zu bezahlen."

Barzahlungen unterscheiden sich von Überweisungen offensichtlich dadurch, dass sie anonym sind, erklärt Herz: "Es kann nicht nachverfolgt werden, wer wann an wen wie viel bezahlt hat."

Gegner des Bargeldes betonten entsprechend, dass es Steuerhinterziehung erleichtere, bei kriminellen Geschäften wie dem Drogenhandel genutzt werde - und zunehmend werde auch die Terrorfinanzierung genannt.

Bargeld schützt die Privatsphäre

Umgekehrt verwiesen Befürworter darauf, dass Bargeld helfe, unsere Privatsphäre zu schützen, betont Herz. "Es hilft uns nicht nur gegen staatliche Kontrolle, sondern auch gegen die Sammelwut privater Unternehmen, die unser Kaufverhalten ausforschen." Herz erklärt: "Letztlich frage ich mich, warum uns ohne Not vorgeschrieben werden soll, wie wir unsere Rechnungen bezahlen."

Brüssel strebt europaweite Bargeld-Obergrenze an

Die EU-Kommission denkt unterdessen an - europaweite - Begrenzungen für Bargeld-Zahlungen. "Barzahlungen sind bei der Terrorfinanzierung weit verbreitet", heißt es in einem Aktionsplan der Brüsseler Behörde. Daher lohne es sich, über Obergrenzen für Bargeld-Geschäfte nachzudenken.

Nachdem die EU-Finanzminister die Kommission bereits im vergangenen Jahr beauftragt hatten, die Notwendigkeit dafür zu prüfen, kommt in die Sache nun Bewegung. Jüngst startete Brüssel eine Analyse zur Folgenabschätzung. Dazu werden Rückmeldungen aus verschiedenen Teilen Europas eingeholt.

"Die Kommission geht gerade der Frage nach, ob Regelungen bei hohen Bargeld-Zahlungen auf EU-Ebene notwendig sind", sagt ein Sprecher. In einer Reihe von Ländern bestehen schon Bargeld-Obergrenzen. Aus Deutschland kommt allerdings Ablehnung.

Mittelstand: Kein Bargeld bedeutet totale Kontrolle

"Bargeld muss bleiben!", erklärt der Präsident des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft, Mario Ohoven. "Eine Obergrenze für Bargeldgeschäfte wäre der erste Schritt auf dem Schleichweg zur völligen Abschaffung von Scheinen und Münzen."

Würde das Bargeld abgeschafft, drohten viele negative Folgen, warnt Ohoven: "Kein Bargeld bedeutet totale staatliche Kontrolle; unter dem Vorwand, Kriminalität und Terrorismus zu bekämpfen, strebt die EU-Kommission den gläsernen Bürger an."

Das mobile Zahlen per Smartphone nimmt zwar auch in Deutschland zu. Doch im Gegensatz zu skandinavischen Ländern, in denen längst regelmäßig mit Karte oder Smartphone-App bezahlt wird, sind Geldschein und Münze in Deutschland nach wie vor beliebt. Nach einer Bundesbank-Studie aus dem Jahr 2014 wurden hierzulande 79 Prozent der Zahlungen in bar erledigt.

Schäuble: "Niemand hat die Absicht, ..."

Die Bundesregierung ist sich der Brisanz des Themas bewusst. "Niemand hat die Absicht ...", erklärte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CD) vergangenes Jahr nach einem Treffen mit Amtskollegen in Brüssel.

Schäuble brachte die historisch belastete Formulierung nicht zu Ende - DDR-Staats- und Parteichef Walter Ulbricht hatte den Satz 1961 mit Blick auf den Mauerbau in Berlin gebraucht.

Aber Schäuble sagt auch, für eine einheitliche Regelung von Bargeld-Obergrenzen in Europa spräche eine Menge; die Bundesregierung hält eine Barzahlungs-Grenze von 5000 Euro für sinnvoll. Jedoch: Niemand wolle begrenzen, wie viel Bargeld die Leute besitzen dürfen.   Mit Material von dpa