Das Handwerk wird digital

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Johanna Erlbacher (links), Leiterin des Kompetenzzentrums Digitales Handwerk, der Chef der bayerischen Arbeitsagenturen, Ralf Holtzwart (Dritter von rechts), und Arbeitsstaatssekretär Johannes Hintersberger (rechts) ließen sich bei der Handwerkskammer von jungen Auszubildenden erklären, wie digital heute Autos sind. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Das dürfte das erste Mal gewesen sein. Die aktuellen Arbeitsmarktzahlen für Bayern wurden am Mittwoch offiziell in Bayreuth verkündet. Nicht zuletzt aber waren Ralf Holtzwart, Chef der bayerischen Arbeitsagenturen, sowie Arbeitsstaatssekretär Johannes Hintersberger wegen des Kompetenzzentrums Digitales Handwerk zur Handwerkskammer gekommen.

 
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Die Initiative für diesen besonderen Termin ging von Ralf Holtzwart aus, berichtete Thomas Koller, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer (HWK) Oberfranken. Weil den obersten aller bayerischen Arbeitsvermittler die seit rund zwei Jahren in Bayreuth bestehende Einrichtung einfach interessierte. Kein Wunder, ist das Kompetenzzentrum Digitales Handwerk (KDH) doch eines von nur fünf seiner Art in ganz Deutschland und zuständig für den gesamten süddeutschen Raum. Über 4500 Teilnehmer wurden über verschiedenste Veranstaltungen bereits erreicht. Unternehmer aus der Region ebenso wie sogenannte Multiplikatoren, die das, was sie in Bayreuth an Ideen und Wissen mitbekommen, in Passau oder Konstanz, in Südthüringen oder Oberbayern weitergeben.

"Nicht nur Chance, sondern Notwendigkeit"

Von den Chancen der Digitalisierung sprach HWK-Präsident Thomas Zimmer - und musste sich von Holtzwart verbessern lassen: "Die Digitalisierung ist nicht nur Chance, sondern Notwendigkeit." Ohne sie zu nutzen, verlören viele Betriebe ihre Wettbewerbsfähigkeit. Und das koste dann auf Sicht auch Arbeitsplätze. Deshalb müsse man den Arbeitnehmern die Ängste und Sorgen, die sie mit der digitalen Transformation verbinden, nehmen. Und Staatssekretär Hintersberger ergänzte: "Wer sich der Digitalisierung stellt, der sichert nicht nur seine Wettbewerbsfähigkeit, sondern schafft sich idealerweise Wettbewerbsvorteile."

Arbeitsabläufe ändern sich

Johanna Erlbacher, die das KDH leitet, hatte schnell ein passendes Beispiel aus der Region parat, wie sich ein Arbeitsplatz durch die Digitalisierung zwar wandelt, letztlich aber gesichert wird - es ging um orthopädische Schuheinlagen. Wurden diese früher in mehreren Schritten mit viel Handarbeit erstellt, werden die Füße des Patienten in einer digitalisierten Welt per Scanner vermessen, und ein 3D-Drucker oder eine 3D-Fräse erstellt anschließend die Einlage. "Natürlich ändern sich für den betroffenen Mitarbeiter die Arbeitsabläufe. Man muss ihm das erklären und ihn in dem Prozess mitnehmen", sagte Erlbacher. Aber der Chef des konkreten Unternehmens habe eben auch erkannt, dass er schnell vom Markt verschwinden würde, wenn er den Weg nicht mitgeht.

Emotionen wecken

Im KDH würden allgemeine Informationen vermittelt, aber auch konkret geholfen. Sei es, einem kleinen Brauer dabei zu helfen, mittels RFID-Technik Verluste im fünfstelligen Bereich pro Jahr zu vermeiden, weil Kunden Bierfässer nicht zurückbringen. Sei es, in einem Malerbetrieb das digitale Aufmaß zu etablieren, mit dem noch vor Ort dem Kunden ein vorläufiges Angebot unterbreitet werden kann. Oder der digitale Buntstift, mit dem sich jede Wunschfarbe scannen und dann gleich auf dem Tablet-Computer zeigen lasse, wie sie im Wohnzimmer des Kunden aussieht. "Das weckt Emotionen und fördert so das Geschäft", sagte Erlbacher.

Zu wenig Mitarbeiter

Doch ein Problem hat das KDH - zu wenig Mitarbeiter. "Wir brauchen zusätzliche Digitalscouts, die die gewonnenen Erkenntnisse nach draußen in die Betriebe bringen", sagte Zimmer, und Erlbacher ergänzte: "Vor allem nach Veranstaltungen gibt es eine große Nachfrage von Unternehmern, und da gibt es dann manchmal lange Wartezeiten." Und so gaben sie den Wunsch nach besserer personeller Ausstattung Staatssekretär Hintersberger mit nach München auf den Weg.

Autos immer digitaler

Praktischen Anschauungsunterricht gab es dann noch bei der überbetrieblichen Ausbildung der Kfz-Mechatroniker. Schließlich werden auch Autos immer digitaler. Die jungen Auszubildenden lernen hier Dinge, für die im Betrieb wenig Zeit ist. Oder das Anschauungsobjekt fehlt. "Man kann ja an einem Kundenauto nicht einfach mal ein Steuergerät ausbauen", sagte etwa Michael Hirth aus Mistelgau: "Aber hier kann man auch mal ein bisschen rumspielen und sich Problemlösungen selber erarbeiten."

Ausbildung die beste Arbeitslosenversicherung

Für Sebastian Peine, Chef der Arbeitsagentur Bayreuth-Hof, Anlass, darauf hinzuweisen, "dass eine Ausbildung die beste Arbeitslosenversicherung ist". So liege in seinem Bereich die Arbeitslosenquote bei ungelernten Kräften bei gut 14 Prozent, die bei Fachkräften aber nur bei 2,8 Prozent.

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