Doch der Stolz auf die eigene Biertradition spiegelt sich nicht so recht wider im Trinkverhalten der Belgier. Der Pro-Kopf-Konsum lag nach Verbandsangaben im Jahr 2015 bei durchschnittlich rund 71 Litern pro Einwohner. Fünf Jahre zuvor waren es noch sieben Liter mehr. Die
Branche muss sich umstellen. 65 Prozent der belgischen Produktion gehen nach Verbandsangaben inzwischen ins Ausland.
Viele regionale Craft-Brauereien
Seit einigen Jahren gebe es zudem eine wahre Explosion an regionalen Craft-Brauereien, deren Produkte beim jungen Publikum gut ankämen, sagt Van de Perre. «Das war ein notwendiger Weckruf für die großen Brauereien.» Diese brächten zunehmend Misch- und alkoholfreie
Biere auf den Markt, um die stärker auf ihre Ernährung achtende Kundschaft zu befriedigen. Einen so großen Marktanteil wie in Deutschland hätten die Mix-Biere bislang allerdings nicht.
Dass die Unesco nun die belgische Biertradition zum immateriellen Kulturerbe ernannt hat, wurde auch in Deutschland registriert. Schließlich wird die Bierkultur auch dort zelebriert. Nach Angaben des Deutschen Brauer-Bunds produzieren in Deutschland rund 1400 Brauereien etwa 6000 verschiedene Marken.
Dennoch hat es das Brauwesen bislang nicht einmal ins deutsche Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes geschafft - eine Voraussetzung, um für die offizielle Unesco-Liste nominiert zu werden. Das liegt auch daran, dass Deutschland erst 2013 dem entsprechenden Unesco-Übereinkommen beigetreten ist. Belgien ist schon deutlich länger dabei.
Bewerbung aus Bayern wurde abgelehnt
«Es gab im Jahr 2014 eine Bewerbung aus Bayern für das bundesweite Verzeichnis», sagt die Sprecherin der deutschen Unesco-Kommission, Katja Römer. Aber die wurde abgelehnt. «Im Vordergrund der Bewerbung stand vor allem das Reinheitsgebot», sagt Römer. Aus Sicht der
Kommission hätte sich die Bewerbung stärker auf die Praxis des Bierbrauens in ihrer ganzen Vielfalt konzentrieren müssen.
Bis Oktober dieses Jahres haben die deutschen Brauer die Möglichkeit, sich noch einmal für die Aufnahme ins deutsche Verzeichnis zu bewerben. «Über einen erneuten Antrag auf Bundesebene ist noch nicht entschieden», teilt der Deutsche Brauer-Bund mit.