Auf dem Teller, beim Menü oder im Service: Für Koch Martin Freiberger gibt es andere Mittelpunkte im Leben Creußen: Gast steht im Mittelpunkt

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Der Creußener Mittelpunkt ist ein zugewachsener Weiher. Der Koch Martin Freiberger wohnt direkt daneben. Foto: Ralf Münch Foto: red

Martin Freiberger schüttelt den Kopf. Der 41-jährige Inhaber und Koch der Gaststätte Im Gärtlein in Creußen wusste gar nicht, dass er Nachbar des Creußener Mittelpunktes ist. „Früher waren da Karpfen drin“, sagt er und schaut auf den kleinen Weiher, der in der Weggabelung Am Hohen Weg und Im Gärtlein liegt. „Vor ein paar Jahren ist der Weiher mal übergelaufen und hat die Straße überschwemmt“, kann er sich noch erinnern. Vor kurzem hat die Stadt ihn gekauft, vorher war er im Privatbesitz.

 
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Mittelpunkte gibt es im Leben von Freiberger aber noch in vielen Bereichen, nicht nur diesen einen geografischen.

Kochen: Martin Freiberger versucht mit seinem Team, dem Gast immer wieder etwas Neues zu bieten, über den Tellerrand hinaus zu schauen. Als Beispiele nennt er das Candle-Light-Dinner und die sogenannten Theatermenüs. Kunst, Kultur und Kulinarisches sozusagen. „Das Kochen wird immer mein Mittelpunkt bleiben“, ist Freiberger überzeugt. Leben und genießen – das steht für ihn primär beim Thema Kochen. Das Kochen soll immer etwas Besonderes sein, wo man mit dem ganzen Herzen dabei ist. Freiberger erzählt von dem sogenannten inneren Trieb. Wenn er mit seiner Mannschaft auf Wettbewerben unterwegs ist, ist er immer für die Desserts zuständig. „Und da bekomme ich dann immer so einen Heißhunger auf etwas Deftiges, wie Schweinshaxe oder Steak“, sagt er lachend. Die Waage zwischen Süßem und Deftigem müsse für ihn ausgeglichen sein. Im Lokal ist er schwerpunktmäßig der Saucier. „Da muss ich mir dann ab und zu ein Stück Schokolade vom Dessert nehmen“, sagt Freiberger schmunzelnd. Dann passt es für ihn wieder.

Teller: „Das kommt darauf an, wo hier der Mittelpunkt ist“, sagt Freiberger. Das sei nicht bei jedem Menü das Gleiche. Beim modernen Teller ist es das Fleisch, beim traditionellen eher das Gemüse und die Beilage und dann erst das Fleisch. Bei vegetarischen Gerichten ist Freestyle angesagt, da geht es nach Schönheit. Bei Käsespätzle zum Beispiel sei es der Käse, weil das geschmacklich der eigentliche Mittelpunkt ist, so Freiberger.

Menü: Für den Gast ist eigentlich der Hauptgang der Mittelpunkt. Für Martin Freiberger liegt die Pointe aber auf dem Dessert. „Das letzte Gericht in einem Menü sollte im Kopf des Gastes bleiben, sich gedanklich dort festsetzen“, sagt er. Wenn der Gast bei diesem Gang dahinschmelze, bleibe das ganze Menü positiv im Kopf. Freiberger erklärt: „Beim Dessert muss genau abgewogen werden, zum Beispiel der Eischnee. Das entscheidet darüber, ob ein Soufflé zusammenstürzt oder nicht.“ Sicher müsse man beim Essenzubereiten und Kochen überall genau arbeiten, aber bei den Gängen vorher lasse sich leichter mal tricksen.

Wenn es mal ein paar Gramm mehr von einer Zutat sind, sei das nicht so schlimm. „Ein Dessert aber klappt oder klappt nicht“, stellt der Creußener Koch-Profi klar.

Service: Hier steht für Freiberger im Mittelpunkt das Wohlbefinden des Gastes. „Er muss hinterher sagen ,schee wor’s‘.“ Das sei aber heute gar nicht mehr so einfach. Der Gast sei heutzutage oft schwer einzuschätzen, sei verschlossener geworden. Früher habe man leichter ein Gespräch mit ihm finden können, über gemeinsame Themen sprechen können. Heute komme er hauptsächlich zur Nahrungsaufnahme, weniger wegen des Genusses in die Gaststätte. Bei Hochzeiten beispielsweise gehe es mehr um das sogenannte Event an sich, hat Freiberger festgestellt. Das Drumherum müsse passen, die Farbe der Luftballons und die Art der gespielten Musik. Das Essen spiele bei der gesamten Veranstaltung nur eine untergeordnete Rolle. „Dadurch geht ein wichtiges Stück Wirtshauskultur verloren“, sagt der Koch. Geiz ist geil – dieses Motto zähle hier für viele. Man müsse die Qualität an sich wieder mehr bei solchen Anlässen hervorheben. Und die Kultur geht auch durch die moderne Technik verloren, hat Freiberger beobachtet. Deshalb gilt für ihn selber beim Essen: Kein Handy in der Gaststube.

Leben: „Meine Frau und meine dreieinhalbjährige Tochter“, sagt der Koch spontan. Aber auch seine Mutter und die Schwiegereltern sind Mittelpunkte. „Ohne die Familie läuft gar nichts“, sagt Freiberger. Sie unterstützt und motiviert ihn – nach 25 Jahren in dem Job braucht er das auch manchmal. Aber bereut hat er seine Berufswahl noch nie, er würde sich jederzeit wieder so entscheiden. Und die Familie hat Verständnis für alles, was seinen Beruf begleitet. Trotzdem tut ihm die Anerkennung für das Geleistete ab und zu schon gut.

Daten aus Creussen Einwohner: 4864, Fläche: 60,48 Quadratkilometer, Stadtteile: 38, höchster Punkt: 573 Meter, Wasserhäuschen beim Lindenhardter Sportplatz, niedrigster Punkt: 383 Meter, am Roten Main bei Kamerun.Der nächste Serienteil: Nächsten Dienstag steht Bischofsgrün im Mittelpunkt.

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