Landgericht Bamberg lehnt Befangenheitsantrag ab Chefarztprozess: Umstrittener Gutachter bleibt

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Symbolfoto: Daniel Karmann/dpa Foto: red

Niederlage für den Bamberger Chefarzt Heinz W. (49): Der Prozess gegen ihn - er soll zwölf seiner Patientinnen erst betäubt und dann sexuell missbraucht haben - beginnt nicht von vorne. Das Gericht entschied: Der Gerichtsmediziner, auf dessen Gutachten die Anklage fußt, ist nicht befangen. Jetzt droht der nächste Befangenheitsantrag: gegen das ganze Gericht.

 
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Es geht schon länger nicht mehr um seine angeblichen Taten, sondern darum, wie ein Gutachter die Aufnahmen davon bewertet hat. Der Bamberger Gefäßchirurg W. sagt schon gar nichts mehr, weil er Dieter Patzelt (73), Gerichtsmediziner aus Würzburg, für voreingenommen hält. Er sei, so sein Verteidiger Dieter Widmann „nicht mit der gebotenen Objektivität und Sachlichkeit an die ihm zur wissenschaftlichen Begutachtung vorgelegten Fragen herangegangen“.

Zudem habe er die falschen Fotos für sein Gutachten verwendet und vor Gericht sogar gelogen. Außerdem sei Patzelt weder Phlebologe noch Gefäßchirurg. Seine Kenntnisse auf den Gebieten dieser hochspezifizierten medizinischen Disziplin „dürften kaum über diejenigen eines beliebigen Allgemeinmediziners hinausgehen“. Sie seien sogar einfach aus dem Internet zu beziehen.

Tatsächlich hatte der Gutachter vor Gericht widersprüchliche Angaben gemacht, welche Fotos er verwendet haben will. Erst waren es Schwarz-Weiß-Abzüge, dann die digitalen Fotos auf der Festplatte. Aber das Gericht sah darin keine Absicht, also keine „bewusste Falschaussage“. Patzelts Widerspruch könne, so das Gericht, daran liegen, dass er seit mehr als fünf Monaten keine Akten des Falles mehr in Händen hielt. Dass er aber die guten Fotos gesehen hat, schloss das Gericht aus den detailreichen Beschreibungen, die der Wissenschaftler in seinem Gutachten gemacht hat. Hier steht etwa auch die Farbe der Handschuhe.

Auch eine Voreingenommenheit wurde ihm nicht nachgewiesen. Vielmehr sei er ohne Belastungseifer an sein Gutachten herangegangen.

Die Nebenklage-Anwälte der betroffenen Frauen freuten sich, betroffene Gesichter hingegen auf der Anklagebank. W. wollte im Anschluss an die Entscheidung des Gerichts keine weiteren Erklärungen mehr abgeben, die Hauptverhandlung stockt also wieder. Ziel von W.s Verteidiger Widmann ist es jetzt, einen Befangenheitsantrag gegen das ganze Gericht vorzubereiten, weil dieses den Gutachter weiter beschäftigen will.

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