Sein Chef forderte ihn zu Drohbriefen auf Prozess gegen Pottensteiner Bauunternehmer: Ex-Bauleiter packt aus

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Jetzt packte ein ehemaliger Bauleiter des angeklagten Bauunternehmers aus dem Raum Pottenstein aus. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Die Vorwürfe sind hart und deutlich. „Er war kein guter Chef, cholerisch, aufbrausend, das Arbeitsklima war schlecht“, sagt der Bauleiter. Von Januar bis Dezember 2009 war der 60-Jährige bei einer Baufirma aus dem Raum Pottenstein in dieser Position beschäftigt. Deren Firmenchef sowie die beiden Geschäftsführer stehen zurzeit vor dem Landgericht Hof. Verschleppte Insolvenz und vorsätzlicher Betrug lautet die Anklage.

 
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Den 60-Jährigen hat die frühere Arbeitssituation mitgenommen, aber er hat den Absprung geschafft. Er hat eine neue Stelle als Bauleiter, da geht es ihm gut, dort macht die Arbeit wieder Spaß. Sein Ex-Chef habe ihm vorgeworfen, er können keine Aufmaße erstellen, er solle die der Handwerker nachprüfen. „Da kamen die gleichen Ergebnisse raus“, so der Bauleiter im Kurier-Gespräch. Dann habe der Chef von ihm verlangt, bei Aufträgen selbst das Aufmaß zu machen und gleich 25 Prozent abzuziehen. „Da habe ich dann meinen Laptop zugeklappt und gesagt, dass ich das nicht mache und kündige“, sagt der 60-Jährige. Die Erinnerungen daran arbeiten sichtlich in ihm. Doch der Chef sei ihm zuvorgekommen, habe ihm fristlos gekündigt. Im Arbeitszeugnis stand dann, er sei unfähig. Vom letzten Gehalt wurden noch 300 Euro abgezogen für private Telefonate. „Dabei hatten wir alle eine Flatrate.“ Urlaub hatte er in dem ganzen Jahr keinen Tag, Überstunden wurden nicht bezahlt.

Kalkulation wurde Pi mal Daumen gemacht

Der 60-Jährige ist Maurer-, Dachdecker- und Stuckateurmeister, außerdem Betriebswirt des Handwerks. Und er hat in dem einen Jahr viel mitbekommen. Die Kalkulationen wurden Pi mal Daumen gemacht, die Absprachen mal mündlich, mal schriftlich. Der Chef habe immer die billigsten Firmen zur Ausführung gesucht, die Forderungen an die Auftraggeber seien aber wesentlich höher gewesen. Gegen Ende des Jahres habe der Chef immer häufiger wegen angeblicher Mängel die Handwerker nicht bezahlt. „Ich sollte dann Drohbriefe schreiben, dass die Handwerker wieder ihre Arbeit aufnehmen. Die hatten sie eingestellt, als das Geld ausblieb“, so der Bauleiter. Er habe immer versucht zu beschwichtigen, gesagt, dass die Rechnungen bezahlt würden.

„Ihm ist es nur ums Geschäft gegangen. Er wollte viel Geld machen, aber nicht auf legale Weise“, erzählt der 60-Jährige weiter. Eigentlich hätte der Chef jedes Projekt treuhänderisch verwalten müssen, er habe aber die Gelder der Baustellen vermischt, hat der Bauleiter mitbekommen. Abschlagsrechnungen seien immer höher vom Chef angesetzt worden. Viele Gehälter wurden nur per Scheck gezahlt. Wenn es dann mal ungünstig kam, wurde das Geld erst Mitte des Monats dem Konto gutgeschrieben, hat der 60-Jährige erfahren. Und einmal wurde in einen Baucontainer eingebrochen, da habe der Chef der Versicherung gegenüber wesentlich mehr Maschinen angegeben, als drinnen waren.

Eine Wohnung als Bezahlung

Und das ist noch nicht alles. Bei Bauprojekten habe sich der Chef immer eine Wohnung mit als Bezahlung geben lassen. Diese sei aber direkt an seine Frau gegangen, nie im Firmenvermögen aufgetaucht. Wie war die Zusammenarbeit mit den beiden jetzt mitangeklagten Geschäftsführern? Der eine sei sehr ruhig gewesen, habe aber genau gewusst, was läuft. Der andere, der Sohn des Chefs, „war ein feiner Kerl, aber eine arme Sau“. „Wenn der hätte machen können, was er wollte, wäre alles anders gelaufen“, sagt der 60-Jährige. Aber er sei nur Befehlsempfänger seines Vaters gewesen, der sich in alles eingemischt habe, keine Rücksicht auf die drei Söhne genommen habe. Ein Sohn wollte eigentlich Musik studieren. „Das durfte er nicht, das haben alle in der Firma mitbekommen“, so der Bauleiter. Nun ist er als Arbeiter beim Vater beschäftigt. Viel geredet wurde in der Firma unter den Kollegen nicht. Kritik am Chef? Das hat sich keiner getraut. „Er hat seine Söhne kaputtgemacht und fürs Leben geprägt, besonders den, der jetzt mit angeklagt ist.“

Es sei ihm sehr nahegegangen, wie er gesehen habe, dass die Handwerker nicht ihr Geld bekommen haben. „Ich bin doch selber einer und weiß, wie das ist“, sagt der 60-Jährige. Nein, er hat kein Mitleid mit dem Ex-Chef und hofft, dass endlich alles lückenlos aufgeklärt wird.

Keine Stellungnahme

„Mit Ihnen rede ich nicht mehr“, erwiderte der Pottensteiner Bauunternehmer gestern am Rande des neunten Verhandlungstages vor dem Landgericht Hof auf Kurier-Nachfrage. Nein, er werde keine Stellungnahme zu den Äußerungen seines ehemaligen Bauleiters abgeben. Nach dem zweiten Verhandlungstag hatten Äußerungen des Angeklagten gegenüber dem Kurier für Unmut bei Vorsitzendem Richter Matthias Burghardt gesorgt. Der Bauunternehmer hatte unter anderem gesagt, Handwerker seien die schlechtesten Menschen überhaupt. „Wir nehmen auch Äußerungen zur Kenntnis, die Sie außerhalb der Verhandlung machen“, hatte der Richter damals gemahnt.

Lesen Sie hierzu auch den Bericht Handwerker bleiben auf Rechnungen sitzen.

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