Caritas: Ermessen für Flüchtlinge ausüben

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Die Mitarbeiter der Caritas verurteilen die Abschiebung: Ulrike Korkmas, Dolores Longares-Bäumler (von, von links), sowie Ulrike Pandjeli, Beate Drost und Hermann Hinterstößer (hinten, von links). Foto: Archiv/Andreas Harbach Foto: red

Der Kreisverband der Caritas in Bayreuth verurteilt die Abschiebung des Asylbewerbers Baryalai Salimi nach Afghanistan. Die Mitarbeiter fordern die Behörden auch zu mehr Menschlichkeit auf. Zudem sollen die Spielräume beim gesetzlichen Ermessen zugunsten von Flüchtlingen genutzt werden und nicht gegen sie.

 
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Die Abschiebung des 26 Jahre alten Salimi (der Kurier berichtete) liegt inzwischen zehn Tage zurück. Die Empörung darüber hat sich bei den Sozialarbeiterinnen Ulrike Korkmaz und Ulrike Pandjeli aber noch nicht gelegt. Sechs Jahre lang hatten sie den Mann aus Afghanistan betreut. "Die Abschiebung verunsichert alle anderen Flüchtlinge aus Afghanistan", sagen beide. Dadurch sei Vertrauen verspielt worden. Eine sinnvolle Beratung sei derzeit nicht möglich.

Hinterstößer verurteilt Abschiebung

Hermann Hinterstößer, Kreisgeschäftsführer, verurteilt die Abschiebung. Flüchtlinge dürften nicht lebensgefährlichen Situationen ausgesetzt werden. Die Caritas beruft sich in ihrer Haltung auf Erkenntnisse des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR). Danach habe sich die Sicherheitslage in Afghanistan deutlich verschlechtert. "Solange nicht geklärt ist, dass die Sicherheit eines Flüchtlings bei dessen Rückkehr gewährleistet ist, müssen Abschiebungen nach Afghanistan ausgesetzt werden", sagt Hinterstößer. Dies fordere der Deutsche Caritasverband auch für Straftäter, Gefährder und Identitätsverweigerern.

Aufgabe: In Notlagen zu helfen

"Unsere Aufgabe ist es, Flüchtlingen in Notlagen zu helfen", sagt Hinterstößer. Für die Asylberatung bekomme die Caritas auch Zuschüsse vom Freistaat. Die Mitarbeiterinnen sehen sich nun in einem Dilemma. Einerseits verstehen sie sich als Sozialanwälte und wollen die Asylbewerber bestmöglich beraten. Andererseits haben sie jetzt erlebt, wie die Staatsregierung selbst mit Flüchtlingen aus Afghanistan umgeht. Das konterkariere die Betreuung, denken auch Beate Drost und Dolores Longares-Bäumler. Sie fragt: "Auf was können wir uns noch verlassen?" Longares-Bäumler fordert dazu auf, jeden Fall zu prüfen und zu hinterfragen.

"Wann ist zu spät?"

Die Caritas-Betreuerinnen wissen, dass ihr Schützling Salimi die von der Auslängerbehörde geforderte Identitätsurkunde, die so genannte Taskira, erst spät vorgelegt hatte. "Doch wann ist zu spät?", fragen sie und fordern mehr Transparenz von der Behörde.

Die Caritas beschäftigt in Bayreuth sieben Mitarbeiterinnen, die Flüchtlinge in der Gemeinschaftsunterkunft betreuen. Dazu kommen eine Betreuerin für dezentral untergebrachte Menschen und zwei Sprachmittler.

Hintergrund

Nach dem Bombenanschlag vor der Deutschen Botschaft in Kabul am 31. Mai gab das Bundesinnenministerium bekannt, man wolle nicht mehr nach Afghanistan abschieben, ausgenommen Straftäter, Gefährder und hartnäckige Identitätstäuscher. Baryalai Salimi hatte einen Asylantrag beim Bundesamt für Migration gestellt. Die Behörde lehnte den Antrag 2012 ab. Zu den Gründen dazu konnte der Rechtsanwalt Philipp Pruy gestern keine Angaben machen. Salimi wurde nach Auskunft der Regierung von Oberfranken abgeschoben, weil er ausreisepflichtig war und nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist freiwillig ausgereist ist. Die Bundesregierung hat beschlossen, bis auf weiteres nur Straftäter, Gefährder und Identitätsverweigerer nach Afghanistan abzuschieben. Letzteres treffe auf Salimi zu. Das habe das Verwaltungsgericht Bayreuth und durch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bestätigt, teilt die Regierung von Oberfranken mit. Die Beschaffung eines Identitätsnachweises ist schwierig. Im Fall von Salimi dauerte das mehr als ein Jahr. Als er die Taskira vorlegte, war es zu spät.

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