Bayreuther Experte gibt möglicher Verfassungsklage gegen IS-Einsatz aber wenig Chancen Bundeswehr betritt juristisches Neuland

Von Peter Rauscher
Prof. Heinrich Amadeus Wolff, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Recht der Umwelt, Technik und Information an der Universität Bayreuth. Foto: red Foto: red

Die Bundeswehr wird sich mit ihrem Einsatz gegen die Terrororganisation "Islamischer Staat" in Syrien und Irak geografisch, aber auch juristisch auf unbekanntem Terrain bewegen. Der Bayreuther Staats- und Verwaltungsrechtler Prof. Heinrich Amadeus Wolff rechnet mit einer Verfassungsklage gegen den Einsatz, glaubt aber nicht an deren Erfolg.

 
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Das Bundeskabinett beschloss den Bundeswehreinsatz am Dienstag, die Zustimmung des Bundestages wird am Freitag erwartet. Die Bundestagsfraktion Die Linke ist gegen den Einsatz der Bundeswehr und erwägt den Gang nach Karlsruhe. Und tatsächlich unterscheidet sich der Einsatz von bis zu 1200 Bundeswehrsoldaten gegen den IS nach Einschätzung Wolffs von den bisherigen vom Bundesverfassungsgericht abgesegneten Auslandsmissionen der Bundeswehr. Das Grundgesetz gehe sehr zurückhaltend mit Kampfeinsätzen der deutschen Streitkräfte um, sagte Wolff dem Kurier. "Erlaubt ist das nur zur Verteidigung oder in einem System der kollektiven Sicherheit."

Rechtlich nicht eindeutig

Im Fall des jetzt beschlossenen Einsatzes sei die rechtliche Einordnung nicht eindeutig. Deutschland sei nicht streng eingebunden in eine internationale Organisation wie Nato oder UN, in der UN-Resolution gegen den IS fehle der ausdrückliche Bezug auf Kapitel sieben der UN-Charta, das Gewaltmaßnahmen erlaube, sagte Wolff.

Vom Geist der Verfassung getragen

Nicht unbedingt von den Buchstaben, aber vom Geist der Verfassung her sei aber eine Rechtfertigung des Bundeswehreinsatzes möglich, glaubt Wolff. Zum einen helfe Deutschland Frankreich bei der Ausübung seines Selbstverteidigungsrechts. Zum anderen handle Deutschland auf Grundlage der Beistandsklausel in  Artikel 42 des EU-Vertrages von Lissabon. "Wenn das Verfassungsgericht angerufen wird, dann wird es den Einsatz gestatten", glaubt Wolff deshalb.

Zehn Jahre im Einsatz?

Kommende Woche sollen die ersten "Tornado"-Aufklärer der Bundeswehr  in der Türkei stationiert werden. Die Maschinen könnten ab Anfang Januar vom türkischen Incirlik aus die ersten Aufklärungsflüge starten. Dann solle von dort aus auch eine Airbus zur Betankung von Kampfjets anderer Nationen einsatzbereit sein. Nach Einschätzung des Bundeswehrverbandes könnte der Einsatz zehn Jahre dauern.