Stadt Creußen will für Neuenreuth Bebauungsplan aufweisen Bürger kämpfen gegen Gewerbegebiet

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Philipp Strohmeier sowie Gerhild und Kerstin Utz (von links) wollen zusammen mit den anderen Anliegern auf keinen Fall ein Gewerbegebiet in Neuenreuth. Foto: Frauke Engelbrecht Foto: red

Gerhild Utz ist sauer. Sauer auf die Stadt Creußen, weil diese in Neuenreuth auf dem Gelände zwischen Bundesstraße und Bitumenanlage ein Gewerbegebiet ausweisen will. Dafür soll die 58-Jährige rund zwei Hektar Grund verkaufen. Das will sie aber nicht. Es scheint sogar so, als wolle der ganze Ort dieses Gewerbegebiet nicht.

 
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Am kommenden Montag soll der Stadtrat einen entsprechenden Bebauungs- und Grünordnungsplan dafür aufstellen. Die erste Hürde wurde schon genommen, die Träger öffentlicher Belange und die Einwohner konnten ihre Bedenken anbringen. Diese sollen im Gremium beraten werden. Am Donnerstagabend hatte die Stadt zu einer Infoveranstaltung in die Mehrzweckhalle eingeladen, um die Planungen noch einmal vorzustellen. Das vorderste Grundstück wurde bereits an einen Unternehmer aus Bindlach verkauft, mit der Option, dass er sich dort ansiedeln kann. Die restliche Fläche gehört eben Utz und sie sagt, sie habe schon immer klargestellt, dass sie nix verkauft.

Lärm von allen Seiten

„Ich habe jetzt von meinem Haus aus einen freien Blick über Neuenreuth, den will ich mir nicht nehmen lassen“, sagt sie. Der Vorgänger von Bürgermeister Martin Dannhäußer, Harald Mild, habe ihr vor Jahren zugesagt, dass das Thema erledigt sei. „Ich will kein Gewerbegebiet vor der Haustür“, betont sie bei der Veranstaltung und auch am nächsten Morgen bei einem Ortstermin noch einmal. Ihr reichen auch die Bitumenanlage, die Geräusche von der Bundesstraße auf der einen Seite, von der Autobahn in die andere Richtung sowie die zahlreichen Lastwagen, die ständig zur oder von der nahen Sanddeponie fahren – auch an diesem Morgen. „Ich verkaufe nicht, damit hier nicht gebaut wird“, bringt es Utz auf den Punkt, „will die Stadt mich enteignen?“ Der Bürgermeister habe zu ihr bei einem der zahlreichen Gespräche gesagt, er werde Mittel und Wege finden, Gewerbe anzusiedeln. Utz hat für diese Äußerung Zeugen. Und ein Mitarbeiter sei auch einfach auf ihrem Grund für Messarbeiten gewesen. Als sie ihn ansprach, sei dieser davon ausgegangen, dass er sich auf Eigentum der Stadt befindet.

Unterschriftenliste organisiert

Und Utz ist mit ihrem Widerstand nicht alleine. Ganz Neuenreuth sei dagegen. Beim Ortstermin am Morgen ist Philipp Strohmeier dabei. Er wohnt seit drei Jahren im Ort und hat eine Unterschriftenliste organisiert, auf der alle vermerkt haben, dass sie das Gewerbegebiet nicht wollen. Diese Liste liege der Stadt vor, sagt er. Eine weitere Versiegelung des Bodens sei völlig überflüssig, das könne sich heutzutage keiner mehr leisten, argumentiert er. Mit der Ausweisung des Gebietes wäre beispielsweise die Verbindung für Tiere zwischen den Ortsteilen weg. Strohmeier führt noch weitere negative Auswirkungen auf: Zerstörung des Landschaftsbildes, Beeinträchtigung der Lebensqualität, Wertminderung der Grundstücke, Belastungen durch Lärm und Emissionen, ökologische Auswirkungen, eben für das Wild, aber auch für den Schwarzstorch.

Das Argument der Stadt, durch die Ausweisung an mehr Gewerbesteuer zu kommen, nennt er fadenscheinig. „Der Bürgermeister will sich nur profilieren“, so Strohmeier. Das sei alles weder tragbar noch wirtschaftlich notwendig. Für ihn gibt es Alternativen, zum Beispiel in Bühl, wo erweitert werden könne. Außerdem gebe es in Bayreuth genug Leerstände. „Neue Arbeitsplätze werden durch ein neues Gebiet jedenfalls nicht geschaffen und die Steuereinnahmen kommen auch erst einmal nicht, wegen der Abschreibungen.“ Und er sieht auch Gefahr für die Kinder durch den dann zunehmenden Straßenverkehr. Es werde immer Widerstand der Bürger gegen den Stadtrat und die Gewerbeansiedler geben, kündigt Strohmeier an.

Stadt ist scheinheilig

Und es sei eine Scheinheiligkeit der Stadt zu behaupten, dass der Satzungsbeschluss von 2000 hierzu nur zur Geltung käme, wenn die Abwasserentsorgung sichergestellt sei. Diese ist nun so gut wie fertig. „Das hat uns vorher keiner gesagt“, so Strohmeier, „da hätte ich dem Kanalanschluss nie zugestimmt und lieber eine Kleinkläranlage gebaut.“ Und nun wolle die Stadt Gerhild Utz mit der Erschließungsgebühr erpressen, die dann ja auf alle umgelegt werde. Bei dem ganzen Thema zeige die Stadt keine Offenheit. Und für Strohmeier, Utz und alle anderen Bewohner gibt es nur eine einzige Lösung: Kein Gewerbegebiet.

Das sagt die Stadt:

Die Stadt müsse sich weiterentwickeln, argumentiert Bürgermeister Martin Dannhäußer. Dazu gehöre, dass ein Gewerbegebiet ausgewiesen wird. Es sei aber nie die Rede davon gewesen, jemanden zu enteignen. Das wolle man überhaupt nicht. Sondern viel mehr die Zusammenarbeit mit den Anliegern. „Eigentum verpflichtet auch“, sagt Dannhäußer. Dazu gehöre auch, dass für die Ausweisung eines solchen Gebietes auch mal Privatgrund verkauft wird. Man lebe schließlich in einer Gemeinschaft. Und es müssten endlich Beschlüsse aus dem Jahr 1987 – in diesem Jahr wurde der Aufstellungsbeschluss des Bebauungsplanes für Neuenreuth Oberm Brunnen bereits gefasst – zum Ende gebracht werden.

Es gebe eben auch andere Besitzer, welche die Stadt in Regress nehmen könnten, wenn das Gebiet nicht kommt, macht der Bürgermeister deutlich. Sicher gebe es auch in Creußen und Ottmannsreuth alternative Standorte, aber der Flächennutzungsplan für das Gebiet gebe eine bevorzugte Behandlung vor. Dannhäußer zieht einen Vergleich mit der geplanten Stromtrasse oder Windrädern. Jeder brauche sie letztendlich irgendwie, aber keiner wolle sie vor der Haustür haben.

Es braucht Gesprächsbereitschaft

Die Stadträte versuchen bei der Infoveranstaltung die Wogen etwas zu glätten. „Wir finden nur im gegenseitigen Einvernehmen eine realisierbare Lösung“, sagt Egbert Wölfel (CSU). Aber man habe eben den rechtsverbindlichen Flächennutzungsplan, der genehmigt wurde. Er könne sich ein Paket vorstellen, das geschnürt wird und wo die Anwohner mitgehen. Dazu brauche es aber in erster Linie Gesprächsbereitschaft.

„Wir müssen die Bürger schützen, aber auch Gewerbe ansiedeln zur Schaffung von Arbeitsplätzen“, unterstützt ihn sein SPD-Kollege Raimund Nols. Jetzt und hier seien die Flächen da und man müsse eine gemeinsame Lösung finden. Es brauche die Gewerbesteuer. „Wir können nur etwas machen, wenn die Stadt auch Einnahmen hat“, so Nols.

Grundsätzliches Problem sei, wenn jemand Fläche erwerbe, die ausgewiesen ist, könne er diese auch gewerblich nutzen, sagt Toni Schmidt (Creußener Liste). Und Fritz Büttner (CSU), der die Fläche von Utz gepachtet hat und landwirtschaftlich nutzt, betont, dass nie von Enteignung die Rede war. „Aber eine Kommune muss für Arbeitsplätze sorgen.“ Auch er plädiert für eine Lösung, mit der alle leben können.

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