Familie und Freunde sind wichtiger als Karriere Das wünschen sich Jugendliche

Von Martina Bay
Die Landjugend Stockau-Lehen bei ihrem wöchentlichen Treffen in der Gaststätte Rauh im Weidenberger Stadtteil Lehen. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Erfüllung im Job und trotzdem noch genügend Zeit für Familie und Freunde. Das wünschen sich die Jugendlichen heutzutage. Für den Arbeitgeber Überstunden schieben, kommmt nur noch für weniger als die Hälfte in Frage.

 
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2558 junge Menschen zwischen zwölf und 25 Jahren aus ganz Deutschland haben im Rahmen der 17. Shell-Jugendstudie über ihre Orientierungen und Einstellungen Auskunft gegeben. Es gab standardisierte Fragebögen und mit 21 Jugendlichen dieser Altersgruppe zwei- bis dreistündige Interviews. Der Kurier wollte wissen, wie Menschen aus der Stadt und dem Landkreis diese Ergebnisse bewerten.

Privatleben statt Karriere

Für 91 Prozent der Jugendlichen ist es wichtig, dass Familie und Kinder neben dem Beruf nicht zu kurz kommen. Weniger als die Hälfte glaubt, dass Überstunden notwendig sind, um Karriere zu machen. Ein Wandel, auf den sich auch die Unternehmen einstellen müssen. "Dass Jugendliche während der Ausbildung genügend Ausgleich in der Freizeit finden, ist natürlich auch im Interesse des Unternehmens", sagt Oliver Gießübel, Vizepräsident der IHK-Bayreuth, auf schriftliche Anfrage. Die Realität sehe aber so aus, dass Jugendliche volle Einsatzbereitschaft zeigten anstatt auf weniger Arbeit zu pochen. Trotzdem geht der Kinderwunsch zurück: 64 Prozent wünschen sich Kinder, 2010 waren es noch 69 Prozent. Daraus schließen die Wissenschaftler, dass viele Jugendliche glauben, dass sich Beruf und Familie nicht vereinbaren lassen.

Bildung ist wichtig, aber keine Garantie für einen Arbeitsplatz

Fast drei Viertel gehen davon aus, dass sich ihre Berufswünsche erfüllen. Jugendliche ohne Schulabschluss haben deutlich schlechtere Chancen einen Ausbildungsplatz zu finden. Aber auch diejenigen mit Schulabschluss haben nicht immer eine Garantie auf ihren Berufswunsch. "Bildung ist elementar", sagt Julian Herrmann vom Studierendenparlament der Universität Bayreuth. Er komme aus einem sozial schwachen Viertel in Frankfurt. "Gleiche Chancen auf eine gute Bildung sind schlecht verteilt", sagt Herrmann. Seine Eltern hätten immer sehr darauf geachtet, dass er auf gute Schulen gehe.

Mit Optimismus in die Zukunft

61 Prozent blicken optimistisch in die eigene Zukunft. Anna Kolb von der Landjugend Stockau-Lehen weiß zwar noch nicht, was sie nach dem Abi machen will, aber um ihre Zukunft macht sich die 17-Jährige keine Sorgen. "Ich habe nicht den Eindruck, dass man arbeitslos wird", sagt Kolb. Christian Porsch, Vorsitzender des Kreisjugendrings Bayreuth, ist wichtig, dass die Jugendlichen ihre Zukunft selbst gestalten können. "Sie müssen ernst genommen werden. Man muss mit ihnen auf Augenhöhe reden."

Internet ist wichtig

Im Internet suchen die Jugendlichen nach Unterhaltung, Information und Austausch mit anderen. Zur Unterhaltung gehören Videos, Filme und Fernsehen. "Von 13 bis 18 Jahren habe ich sehr viel Zeit mit Videospielen verbracht", sagt Niklas Wenzel vom Studierendenparlament der Universität Bayreuth. Für den Jurastudenten gehört das Internet mit zum Leben dazu. "Es ist wie ein Werkzeug, dass man benutzt", sagt Wenzel. Der 20-Jährige sieht die Möglichkeiten im Netz aber auch kritisch: "Die Hemmschwelle sinkt. Meinungen werden ohne nachzudenken geäußert."

Familie und Freunde als Rückzugsort

Für die befragten Jugendlichen haben Familie und Freunde weiterhin einen hohen Stellenwert. Mehr als 90 Prozent haben ein gutes Verhältnis zu ihren eigenen Eltern. "Irgendwann arbeitet man nicht mehr. Und wenn man dann keine Freunde oder Familie hat, ist man alleine", sagt Anna Kolb von der Landjugend Stockau-Lehen. Freundschaften und Familie gehörten gründlich gepflegt. Besonders die Familie gebe in schwierigen Zeiten Rückhalt.

Politisch interessiert, kein Vertrauen in Parteien

Obwohl das Interesse an Politik gestiegen ist, haben die Parteien davon nicht profitiert. "Man fragt sich manchmal schon, was Politiker von sich geben und dann haben sie doch keine konkreten Aussagen gemacht", sagt Anna Kolb. Wer in einer Partei Miglied wird, bindet sich auf längere Zeit. "Ich kann mir vorstellen, dass es für einen Jugendlichen schwierig ist, sich zu einer Partei zu bekennen", sagt Emmi Zeulner, CSU-Bundestagsabgeordnete. Es gebe in Parteien immer Positionen, die man nicht zu 100 Prozent teile. Sie mache die Erfahrung, dass sich junge Menschen für den Beruf des Politikers interessierten.

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