BKA-Chef hält Polizei für zu schwerfällig

Holger Münch, Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), spricht am 15.11.2017 während eines Pressestatements am Rande der BKA-Herbsttagung in Ingelheim (Rheinland-Pfalz). Foto: Arne Dedert/dpa Foto: red

Deutschlands Polizeibehörden sind aus Sicht des Bundeskriminalamts oft zu schwerfällig und bürokratisch bei der Verbrecherjagd. Bei der Bekämpfung von internationalem Terrorismus und organisierte Kriminalität stoße die Polizei an ihre Grenzen, sagte BKA-Präsident Holger Münch am Mittwoch bei der Jahrestagung des Bundeskriminalamts (BKA) in Ingelheim.

 
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„Wir sind zu langsam. Unsere Strukturen sind viel zu komplex und starr, um mit der Dynamik der Kriminalität Schritt zu halten“, sagte er. Nötig seien daher bundesweit einheitliche Standards und ein einheitlicher Rechtsrahmen.

Dringend angezeigt sei zum Beispiel eine bundesweit gemeinsame Informationstechnik mit einem gemeinsamen „Datenhaus“ - statt insgesamt 19 Systemen und Datentöpfen in den Ländern. Es sei richtig, dass das Thema bei der Innenministerkonferenz und den derzeitigen Sondierungsgesprächen für eine Jamaika-Koalition auf der Agenda stehe.

Digitale Überlegenheit

Auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière forderte anlässlich der BKA-Tagung via Twitter eine „Technologieoffensive für alle Sicherheitsbehörden“. Polizei und Geheimdienste bräuchten „mindestens gleichwertige Befugnisse im Internet wie Kriminelle und Terroristen, besser noch digitale Überlegenheit“. Die neuen digitalen Ermittlungsmethoden müssten jedoch rechtsstaatlich einwandfrei sein, betonte der CDU-Politiker.

Wichtig ist für Münch zum Beispiel, dass die mehr als 700 Gefährder in Deutschland überall gleich bewacht würden. Was passiere, wenn jemand in einem Bundesland eine Fußfessel angelegt bekomme, nach einem Umzug in ein anderes Bundesland aber keine mehr tragen müsse, fragte er. Der islamistische Terrorismus bedrohe alle Menschen im Land gleichermaßen, deswegen müssten überall die gleichen Schutzstandards gelten. „Sicherheit kann ja nicht eine Frage des Wohnorts sein.“

Mehr standardisieren

Der Systemumbruch koste Geld, fuhr Münch fort. Dazu sei ein Investitionsfonds von Bund und Ländern nötig. Im Sommer könnte feststehen, wie umfangreich dieser sein könnte. „Dadurch werden die Gesamtaufwände nicht höher, im Gegenteil“, sagte er. Dann entwickle nämlich nicht jede Polizei ihre eigenes System. Sondern ein System - zum Beipsiel Überwachungssoftware oder eine App zum Einscannen von Ausweisen - werde zentral entwickelt und allen zur Verfügung gestellt.

Münch betonte, er wolle den Förderalismus nicht abschaffen. Dieser habe die Stärke, dass vor Ort direkt Entscheidungen getroffen werden könnten. „Aber der Nachteil ist: Jeder macht seins.“ Deswegen solle im Bund mehr koordiniert und standardisiert werden. Außerdem solle der Bund mehr Strafverfahren und mehr Gefahrenermittlungen übernehmen.

dpa

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