Biogasanlage: Weniger Mais und kein Blut

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Säuerlicher Geruch liegt in der Luft, zwischen den drei großen Fahrsilos und den grünen Kuppeln. Hier, dicht an der Grenze vom Stadtgebiet zur Gemeinde Heinersreuth, wird Methangas produziert. Vom Prinzip her vergleichbar mit der Wirkungsweise eines gigantischen Rinderpansens. Das Gas wird in Strom umgewandelt und ins Netz eingespeist. 7,5 Millionen Kilowatt pro Jahr, bei einem Durchschnittsverbrauch von rund 4000 Kilowatt pro Jahr und Familie sind das fast 2000 Haushalte, die mit Energie aus nachwachsenden Rohstoffen versorgt werden.

 
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Wilhelm Fischer, einer der zwei Geschäftsführer der Biogasanlage Rotmaintal ist zufrieden mit der Entscheidung, die im Jahr 2013 gefällt wurde. Für ihn ist die Anlage eines seiner drei Standbeine. Milchkuhhaltung und Photovoltaik sind die anderen beiden. Die Biogasanlage macht etwa 20 Prozent seines Einkommens aus.

Moderne Landwirtschaft mit der viele nicht zufrieden sind. Immer wieder sieht er sich – genauso wie sein Stellvertreter Gerhard Potzel und die weiteren vier Mitgesellschafter – Anfeindungen ausgesetzt. Da geht es einmal um Geruchsbelästigung, ein andermal um verschmutzte Straßen, wenn Erntezeit ist. Und um die „Vermaisung“ der Landschaft. Anschuldigungen, mit denen sich Fischer immer wieder und immer häufiger auseinandersetzen muss.

Der Maisdeckel

Die Betreiber von Biogasanlagen sind verantwortlich für die Maiswüsten auf den Feldern und damit auch für die Zunahme der Wildschweine, klagen die einen. Fischer hält gegen: Seine Anlage muss – im Gegensatz zu älteren Anlagen, die mit bis zu 100 Prozent mit Maissubstrat „gefüttert“ werden können – mit einer Deckelung leben. Maximal 60 Prozent darf die Anlage Rotmaintal Mais zuführen. „Das wird in den nächsten Jahren noch weiter nach unten gedrückt“, sagt Fischer. Wahrscheinlich bis auf 40 Prozent, schätzt er. „Wir arbeiten momentan im Durchschnitt mit 50 Prozent Mais.“ Und rund 85 Prozent des „Futters“ für die Anlage wird von den Eigentümern selbst produziert. Pro Tag werden 50 Tonnen Substrat mit dem Teleskoplader eingefüllt. Die Dosierung in den Fermenter geschieht automatisch.

Die Wege

Lange Anfahrten bedingen auch Sondereinsätze nachts und Lärm- und Schmutzbelästigung, lautet ein weiterer Vorwurf. Die sechs Gesellschafter – drei davon noch mit Viehhaltung – sind in einem Radius von etwa zehn bis zwölf Kilometern zu Hause, sagt Fischer. Den weitesten Weg ins Rotmaintal haben die Landwirte aus Lahm/Neustädtlein und Neuenreuth. Nach der Ernte werden Reinigungsfahrzeuge eingesetzt. „Für die Säuberung ist der Verursacher zuständig,“ sagt Fischer. Ein Schlepper mit Frontladerschaufel und Fahrer stehen während der Erntezeit immer bereit. Und danach werden verschmutzte Straßen mit einer Kehrmaschine gereinigt.

Die Becherpflanze

Alternativen zum Mais werden zu wenig genutzt, klagen andere. Fischer sieht sein Unternehmen dagegen sogar als Pionier für die Becherpflanze (Sylphie). Vor allem Gerhard Potzel baut die Becherpflanze an, die mehrfach abgeerntet werden kann. „Derzeit sind es rund zwölf bis 15 Hektar, Tendenz steigend.“ Und das, obwohl die pflanzliche Alternative weniger Gasertrag bringt. „An den Mais kommt nichts ran.“ Der Aufwand bei der Bearbeitung der Felder sei allerdings niedriger. Außer Mais und Becherpflanze werde auch Substrat aus ganzen Getreidepflanzen (meist Triticale) mit verwendet oder Grasschnitt, oft auch von sauren Wiesen, die weniger attraktiv sind für die Rinderhalter.

Der Geruch

Nur bei  Fremdbeimischungen kommt es zu Geruchsbelästigungen, sagen viele. Stimmt nicht, sagt Fischer. Der typische Geruch nach milchsauer Vergorenem entstehe immer. Trotz mancher Angebote werde beispielsweise auch der Grasschnitt von sogenanntem Straßenbegleitgrün nicht in der Anlage verwertet. Zu groß ist die Angst vor Müll, der für Störungen sorgen würde. Außerdem bekämen die Betreiber für diese Art Rohstoff nur eine reduzierte Vergütung beim Stromverkauf. Ebenfalls nicht verwendet werden Blut von Schlachttieren oder der Mageninhalt aus dem Pansen geschlachteter Rinder. Zu riskant wäre es, Krankheitserreger einzuschleppen, sagt Fischer.    

Die Landschaft

Immer mehr monotone Maisflächen, und nach der  Ernte Erdreich, das bei Starkregenfällen weggeschwemmt wird, befinden sich im direkten Umfeld der Anlage. „Die Arbeitswelt hat sich überall geändert,“ sagt Wilhelm Fischer, dem seine Heimat so wie sie jetzt ist, schon gefällt. Und er erinnert sich an die arbeitsintensive Landwirtschaft, die es früher gab. Hackfrüchte wie Runkelrüben, den Kartoffelanbau. „Das war alles sehr viel Handarbeit. Das kann man von der Landwirtschaft heute nicht mehr erwarten.“ Fischer ist sich außerdem sicher, dass dieser Strukturwandel noch nicht beendet sei.

Der Probelauf

Unregelmäßigkeiten habe es beim ersten Testlauf gegeben, heißt es immer wieder bei Stammtischgesprächen. Wilhelm Fischer erinnert sich an die Inbetriebnahme der Anlage am 17. Dezember 2013. „Wir haben mit einem Probelauf begonnen,“ sagt er. „mit Hilfe eines Biogastanks.“ Die Anlage wurde zunächst mit Rindergülle befüllt um die entsprechenden Bakterienstämme zu erhalten. Heute werde fast keine Gülle mehr eingefüllt. Erst im Mai 2014 habe man die Anlage dann unter Volllast fahren können, erklärt Fischer. Erst dann war genügend Substrat zum „Füttern“ vorhanden. Die Inbetriebnahme im Vorjahr sei nötig gewesen um eine höhere Einspeisevergütung sicherzustellen. „Das war damals gängige Praxis“, erklärt Fischer. „Wenn wir erst 2014 angefahren hätten, hätte das eine Absenkung der Einspeisevergütung zur Folge gehabt.“ Eine Vergütung, die jetzt auf 20 Jahre festgezurrt ist. 

Die Zukunft

Im zweiten Quartal heuer werden ein weiteres Blockheizkraftwerk sowie ein Sanitärraum aufgestellt und es werden zwei Trafos installiert. „Inwieweit wir einen zweiten Gärrestebehälter benötigen, das wird von den vorgeschriebenen Lagerkapazitäten abhängen, die vorzuhalten sind,“ sagt Fischer. Derzeit sind es sechs Monate, nach der neuen Düngeverordnung aber neun Monate, erläutert er. Solange müssen die Gärreste, der Sickersaft, der später von den beteiligten Landwirten als Dünger auf die Felder ausgebracht wird, gespeichert werden. Das Blockheizkraftwerk soll helfen, flexibler auf dem Strommarkt tätig sein zu können. Der Netzbetreiber hat Zugriff auf den Motor. Wenn genügend Strom vorhanden ist (Photovoltaik bei Sonnenschein, Windenergie und so weiter) wird nach unten geregelt. (negative Regelenergie). Mit Hilfe weiterer Motoren kann man hier gegensteuern. Und bis zu 10.000 Kubikmeter Gas können in den drei miteinander verbundenen Kuppeln vorgehalten werden.  „So lässt sich die Hochpreisphase auf der Strombörse in Leipzig besser ausnutzen.“  

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