Mays nächster Termin an diesem verregneten Morgen: Klinikum Station 12 a, Zimmer 44, Bett am Fenster. Auf dem Tisch liegen Medikamente. Nur Josef Neuner (77) nimmt sie nicht. Er hatte starke Bauchschmerzen, kam aus dem Altenheim ins Krankenhaus, wollte aber keine Operation. Denn er hat sehr große Angst vor Spritzen. „Wir behandeln keinen gegen seinen Willen", sagt May. „Das können wir uns bei unserer Geschichte nicht erlauben." Der Betreuer und Ärzte müssen Neuner erklären, was passieren kann, wenn er sich nicht spritzen lässt. Und May muss alles dokumentieren. Sie hat zwei Stunden Zeit für ihn – im Vierteljahr. Auch für eine Grundstücksangelegenheit. Die Besitzverhältnisse waren so kompliziert wie die Häuser baufällig. Jeden Monat „schwitzte" May, ob die Häuser halten. Inzwischen sind sie abgerissen. Das kostete Nerven – und Zeit.
Die wollen die Betreuer besser bezahlt haben. Das Gutachten eines unabhängigen Wirtschaftsprüfers, das der Bundesverband der Berufsbetreuer vorlegt, rät: die Betreuergebühr auf 50 Euro die Stunde zu erhöhen. In der aktuellen Legislaturperiode sei allerdings eine parlamentarische Initiative nicht mehr zu erwarten, sagt Bundestagsabgeordneter Thomas Silberhorn (CSU).
Auch die geforderte Befreiung von der Umsatzsteuer ist nicht durchgekommen, was den Betreuern auch wieder ein bisschen mehr Geld gebracht hätte. Staatssekretär Hartmut Koschyk sagte, dass er die Forderungen der Berufsbetreuer nachvollziehen könne. Änderungen müssten in die Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl eingebracht werden.
Aber es ist nicht nur das Geld, um den es den Betreuern geht: "Es geht einfach um bessere Arbeitsbedingungen", sagt May.