Etwa 50 Teilnehmer und Rechtsextreme bei Demonstration, die als Kundgebung gegen Gewalt angemeldet war Beobachter: "Demo gegen Angst" gefährlich

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Es gehe nicht um Köln. Und auch nicht um die angebliche Vergewaltigung einer 13-Jährigen. Es gehe darum, gegen Gewalt gegen Frauen zu demonstrieren. Und seine Angst zu zeigen. Deshalb hat eine junge Frau aus Bayreuth eine Demonstration gegen Gewalt angemeldet, zu der am Samstagnachmittag nach Angaben der Polizei rund 50 Teilnehmer gekommen sind. Auch ein bekannter rechtsextremer Redner spricht. 

 
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"Das Ziel ist Sicherheit. Für Frauen und Kinder", sagt Ekaterina Haas kurz vor 14 Uhr am Samstagnachmittag im Gespräch mit unserer Zeitung. Sie hat die Demonstration angemeldet bei der Stadt. "300 bis 500 Menschen", sagt sie, werden kommen. Reden, Programm? Nein. "Wir treffen uns, diskutieren", sagt sie. "Weil wir Angst haben, uns unsicher fühlen." Vor wem? In Bayreuth? Und wo? Ekaterina Haas weicht aus: "Der Täter kann jeder Nationalität angehören."

Faschingsmusik schluckt Reden

Die Demonstranten packen Tafeln und Schilder aus, die sie mitgebracht haben. Eine Stunde später werden sie sehr sorgsam wieder eingepackt. "Mut zur Wahrheit" seht darauf. "Mehr Personal für Polizei" oder "Keine Verschweigungen von Straftaten". Die Frauen blasen gelbe Luftballons mit einem Smiley auf, verteilen sie. Die Mehrheit der Teilnehmer: Männer.

Auf einen rechtsextremen Hintergrund deute nichts hin, sagt die Polizei vor der Versammlung. "Das ist eine private Aktion der Frau, die die Sache angemeldet hat", sagt der Einsatzleiter Reinhard Eber von der Polizeiinspektion Bayreuth-Stadt, die die Demonstration begleiten und schützen soll. Schützen an einem Tag, an dem es laut ist am Markt. Faschingssamstag. Ein Teil der Reden geht in der Faschingsmusik unter.

"Ich finde das ganz schlecht"

Kurz nach 14 Uhr sind 30 bis 40 Menschen gekommen. Aussiedler aus Russland, aber nicht nur. Dolores Longares-Bäumler von der Aussiedlerberatung der Caritas ist auch gekommen, um kritisch zu beobachten, was passiert. Sie kennt die Organisatorin, spricht kurz mit ihr. "Ich finde das ganz schlecht", sagt sie ihr. Warum Haas das mache? Keine Antwort. Haas kämpft bei der Eröffnung mit dem Megafon gegen den Fasching an. Spricht von der Angst der Frauen. Wie auch andere Frauen im Laufe der folgenden Stunde sprechen. Von Angst. Um sich, um ihre Kinder.

Zwei Männer werden deutlicher. Es geht doch um Köln. Um die Silvesternacht. Und um die angebliche Vergewaltigung eines 13-jährigen Mädchens. Die laut Polizei nachweislich nicht stattgefunden hat. Der eine ist aus Nürnberg. Selbst Aussiedler, wie er sagt, 1982 aus der ehemaligen Sowjetunion gekommen. Er sei nicht gegen Zuwanderung, sagt er. "Wir sind ein Multikultistaat." Aber: "Die aktuelle Politik der Bundesregierung funktioniert nicht. Gewisse Leute haben einfach das Gehirn ausgeschaltet." Später sagt er, er sei "auch kein Faschist": In den Asylbewerberheimen seien "80 Prozent Männer, die auch Bedürfnisse haben". Normal, dass die Frauen da Angst hätten. In einer Woche werde wieder demonstriert, sagt er. In Nürnberg.

Dass die Demo doch nicht einfach die Privatinitiative der Ekaterina Haas aus Bayreuth ist, die Angst hat, wird deutlich, als der andere Mann das Megafon in die Hand nimmt. Karl Richter aus München. Rechtsextremist von der "Bürgerinitiative Ausländerstopp". Der die "Initiative der russischen Mitbürger" lobt. Und der sagt, es gebe "eklatante Sicherheitsdefizite", die er in Deutschland erkannt haben will. Es gibt kurz Tumult, weil Gegendemonstranten "Nazi raus" rufen. Einer der Ordner der Demonstranten gegen Gewalt droht, einem pfeifenden Gegendemonstranten "die Pfeife ins Maul zu stopfen".       

"Wir machen nicht die Augen zu"

Ein junges Paar, das zur Demo gekommen ist, sagt im Gespräch mit unserer Zeitung, dass Menschen aus Russland wohl eher den Mumm hätten, auf die Straße zu gehen, wenn ihnen etwas nicht passt. "Wir machen nicht die Augen einfach zu", sagen sie. Ihren Namen wollen sie nicht nennen. Sie habe auch schon gespendet, sei jederzeit bereit zu helfen, sagt die junge Frau. "Menschen, die wegen des Krieges fliehen müssen, sind jederzeit willkommen." Aber die Menge mache ihr Angst, sagt sie.

"Ganz bewusst Angst geschürt"

Nach einer Stunde, kurz nach 15 Uhr, beendet Ekaterina Haas eine bis 18 Uhr angemeldete Demonstration, die Anna Westermann von Bunt statt braun als "verbale Giftmischerei" bezeichnet. Sie beobachte mit Sorge, dass die russische Gemeinde rechtsextrem unterwandert werde, sagt sie.

"Subtile Scharfmacher" seien da am Werk, sagt die Landtagsvizepräsidentin Ulrike Gote (Grüne), die mit ihrem Mann Stefan Schlags die Demo verfolgt. Und sich mehr als einmal mit den Ordnern und den Rednern anlegt. "Sehr beunruhigend", sagt Gote, sei die Entwicklung. "Auch wenn es nicht Massen waren, die da gekommen sind." Hier werde "ganz bewusst Angst geschürt". Stefan Schlags befürchtet eine Verbindung zu Pegida: "Warum sonst fand das ausgerechnet an diesem Tag statt, an dem Pegida zur internationalen Verbindung aufgerufen hat?" 

"Wir machen da nicht mit"

Viktoria Wesner, die Vorsitzende der Landsmannschaft der Russlanddeutschen, sagt auf Nachfrage unserer Zeitung, sie sei angefragt worden, ob sie bei der Demonstration reden wolle. "Ich habe gesagt, ich mache es nicht." Sie sagt, sie "glaube nicht, dass das die Aussiedler machen". Dass sie für die Organisation verantwortlich zeichneten.

"Menschen, die aus der Sojetunion kommen, haben gelernt, den Mund zu halten", sagt Wesner. "Ich distanziere mich davon", sagt Wesner, die im Landesvorstand sitzt. "Wir machen da nicht mit. Wir haben gesagt, die Aussiedler sollen sich da raushalten."

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