Fichtelberg: Geschasste Gemeindesekretärin erhält Abfindung und verlässt Rathaus Belästigt, versetzt, kein Job mehr

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Erst sexuell belästigt, dann versetzt und dann nicht mehr als Arbeitskraft gewollt. Der Kampf von Astrid Scharf (49), ehemalige Sekretärin des Bürgermeisters von Fichtelberg, endete nach mehr als einem Jahr. Mit einem Vergleich, 6000 Euro Abfindung und dem Ende ihres Jobs im Rathaus.

 
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Im Rathaus in Fichtelberg brodelte es, seit Georg Ritter (CSU) sein Amt als Bürgermeister angetreten hat. Zunächst wurde der ehemalige Verwaltungsleiter gefeuert. Verhandlung. Kurz darauf kündigte eine langjährige Mitarbeiterin. Und seit einem Jahr schwelte der Prozess gegen Astrid Scharf, die ehemalige Sekretärin im Vorzimmer des Bürgermeisters. Sie hatte den damaligen Zweiten Bürgermeister (72) angezeigt. Er hat, so ihr Vorwurf, sie mehrfach sexuell belästigt, einmal sogar die Hosen vor ihr heruntergelassen und „in erregtem Zustand“ vor ihr gestanden. Zur Verhandlung kam es im August 2014 nicht, weil er den Strafbefehl anerkannte. Er zahlte seine Strafe, gilt nicht als vorbestraft und sitzt noch heute im Gemeinderat. Sie aber wurde kurz darauf versetzt: Die Chef-Sekretärin musste einen Stock tiefer – in die Gäste-Information.

Sie sah die Versetzung als direkte Folge ihrer Strafanzeige und vermutete „Mobbing“ dahinter. Ritter widersprach. Er habe sie „aus der Schusslinie nehmen wollen“, sagte er dieser Zeitung, auch organisatorische Gründe führte er an. Vor dem Arbeitsgericht in Bayreuth wehrte sich Scharf seit fast einem Jahr gegen die Versetzung.

Rechtlich wäre ihre Versetzung in Ordnung gewesen, ob sie allerdings auch von der Qualität der Aufgabe korrekt war – Gäste-Info statt Chefsekretärin – blieb vor Gericht ungeklärt Als gelernte und erfahrene Sekretärin habe sie sich vor mehr als vier Jahren auf die eigens dafür ausgeschriebene Stelle beworben, nicht als Mitarbeiterin der Gäste-Info. Im Gegenzug wurde die ehemalige Beschäftige der Gäste-Info, die fast ein Vierteljahrhundert auf dieser Stelle saß, zur Chefsekretärin. Auch die Bezahlung der Gäste-Info-Stelle kam nur am Rande zur Sprache. Die ehemalige Mitarbeiterin dort hatte jahrelang eine Zulage erhalten. Nach Informationen des Kuriers dürfte diese bei mehr als 200 Euro gelegen haben. Ebenfalls nicht geklärt wurde, wie lange diese Zulage gezahlt wurde, wer sie genehmigt hatte und ob sie auch jetzt noch gezahlt wird. Auch nicht, ob Scharf eine solche erhalten hätte. Und auch nicht, womit ein solcher Gehaltszuschlag fachlich zu rechtfertigen ist. Alles Fragen, deren Beantwortung dazu beigetragen hätten zu klären, ob Scharfs neue Stelle gleichwertig wie ihre alte war.

Nachdem Scharf länger krankgeschrieben war, wollte sie vergangenes Jahr wieder anfangen zu arbeiten, als Eingliederungsmaßnahme erst wenig Stunden. Das aber wollte Bürgermeister Ritter nicht, was sein Recht war. Er bot ihr eine Abfindung an. Aber sie kämpfte weiter. „Mir geht es nicht ums Geld“, sagte sie. Auch nicht darum, die Summe der Abfindung nach oben zu treiben. Sie wollte Gerechtigkeit, fühlte sich weiter zu Unrecht versetzt. „Umgesetzt“, wie es im Amtsdeutsch heißt.

„Es scheint sich zu verschärfen zwischen den Parteien“, sagte der Vorsitzende Richter Stefan Nützel. Eine gütliche Einigung im August dieses Jahres scheiterte. Die Parteien standen sich unversöhnlich gegenüber. Ritter sprach vor Gericht nicht mit seiner Angestellten, er ließ nur den Anwalt sprechen.

Der Vorschlag zu einem Vergleich kam vom Richter selbst. „Egal, zu welchem Ergebnis wir kommen – ein vernünftiges Zusammenarbeiten stelle ich mir recht schwer vor“, sagte er. „Weder ein gedeihliches Zusammenarbeiten im Vorzimmer des Bürgermeisters noch in der Gäste-Information.“

Danach feilschten die Parteien nur noch um die Höhe der Abfindung und um juristische Formulierungen. Der Anwalt der Gemeinde, Armin Auer, hatte die Forderungen von Scharf für „nicht vertretbar“ gehalten. Deren Anwalt, Kay Schnarrer, wiederum konterte, die Summe sei „gar nicht exorbitant“ gewesen. Die 6000 Euro, auf die sie sich einigten, muss der Gemeinderat in seiner nächsten Sitzung absegnen.

Der Vergleich im Wortlaut:

Die Parteien sind sich einig, dass das Arbeitsverhältnis auf Veranlassung der Beklagten zum 31.3.2016 enden wird. Die Parteien sind sich darüber einig, dass kein vertragswidriges Verhalten der Klägerin zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt hat. Die Klägerin ist derzeit arbeitsunfähig erkrankt. Ab dem Zeitpunkt ihrer Genesung wird sie ihren gesamten noch offenen Erholungsanspruch aus den Jahren 2014, 2015 sowie 2016 einbringen. Nach Einbringung des kompletten Urlaubsanspruches wird die Klägerin bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses in der Gäste-Information beschäftigt. Als Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes zahlt die Beklagte an die Klägerin 6000 Euro brutto – fällig zum 15. April 2016.

Die Parteien sind sich hierbei darüber einig, dass die Beklagte befugt ist, den Bruttobetrag, den sie der Klägerin als Urlaubsabgeltung etwa zahlen muss, von dieser Abfindung in Abzug zu bringen.

Die Kosten des Rechtsstreites werden gegeneinander aufgehoben.

Widerruf ist möglich bis 16. Dezember 2016, einen Tag nach der nächsten Gemeinderatssitzung.

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