Bayreuths Einwohner werden weniger

Von Norbert Heimbeck
Die Studentenzahlen steigen, aber die Einwohnerzahl Bayreuths schrumpft. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Es geht abwärts mit Bayreuth. Zumindest, was die Einwohnerzahl betrifft. Von über 74.100 Bürgern im Jahr 2000 sind gerade mal 71.600 übrig geblieben (Stand 31. Dezember 2014). Ohne Universität wäre die Bilanz noch trauriger, denn im selben Zeitraum stieg die Zahl der Studenten von 7300 auf rund 13.000. Warum sich die Stadt trotzdem nicht auf den Zuwachs an Studenten verlassen kann.

 
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Das Statistische Landesamt in München hat zum Jahreswechsel ein paar Zahlen veröffentlicht: Oberbayern hat von allen Bezirken den größten Bevölkerungszuwachs: 50.600 Menschen haben 2014 ihren Wohnsitz dorthin verlegt. Oberfranken hat im selben Jahr sogar ein Minus von 410 Einwohnern. Bayreuth erreicht immerhin ein winziges Plus von 29 Einwohnern. Horst Mader vom Einwohneramt der Stadt sagt: "Wir sind froh, dass wir diesen Stand halten." Denn es ist eine Tatsache, dass 533 Geburten 812 Sterbefälle gegenüberstehen. 

Sterbeüberschuss seit 1960er Jahren

 

Alexander Ströhl erforscht am Lehrstuhl Wirtschaftsgeographie der Universität die Bevölkerungsentwicklung. Er sagt: "Seit Ende der 1960er Jahre beobachten wir einen Sterbeüberschuss, das heißt, wir haben weniger Geburten als Todesfälle." Selbst wenn sich die Statistiker aktuell über einen Anstieg der Geburten (ein Plus von 31 Fällen im Jahr 2014) freuen, wird der Sterbeüberschuss doch immer größer (plus 58 Fälle im selben Jahr). Ströhl: "Eine Ursache dafür ist die steigende Lebenserwartung der Bevölkerung insgesamt. Im Jahr 2001 hatten wir in der Stadt 6600 Einwohner, die mindestens 75 Jahre alt waren. 2014 waren es 7800 - das entspricht einem Anstieg von 18 Prozent." Im selben Zeitraum sank die Zahl der Geburten von etwa 600 auf rund 500.

Universität ist attraktiv

Der Fachmann spricht von einem altersbedingten Wanderungsverhalten. Der zweite Grund für die sinkende Einwohnerzahl Bayreuths liegt im räumlichen Wanderungsverhalten: Der starke Zustrom nach der Grenzöffnung ist längst Geschichte. In der Regel gewinnt die Stadt etwa 200 Bürger pro Jahr durch Zuzug. Wissenschaftler Ströhl sagt: "Wir unterscheiden mehrere Motive für den Zuzug. Am meisten hat mich überrascht, dass die Bildungswanderung das Motiv mit der größten Bedeutung für die Stadt ist." In Zahlen heißt das: Auf 1000 Einwohner kommen 112 Menschen, die wegen des Bildungsangebots nach Bayreuth ziehen. Bei Umzügen wegen der Familie oder aufgrund des Alters gehört Bayreuth zu den Verlierern.

Nach dem Studium weg

Betrachtet man das Alter der Einwohner, gewinnt die Stadt in der Gruppe der 18- bis 25-Jährigen, die zum Studium hierher ziehen. Aber danach verlässt ein Großteil der 25- bis 30-Jährigen Bayreuth wieder: Weil sie anderswo einen attraktiven Arbeitsplatz geboten bekommen. Oder, weil sie eine Familie gründen und dafür andernorts bessere Chancen sehen.

Auffälligkeit ist: So attraktiv Bayreuth für Studenten ist, so schnell zieht es die jungen Leute nach Abschluss des Studiums in andere Orte. Alexander Ströhl hat dafür mehrere Gründe ausgemacht: "Insgesamt gibt es wenig Beschäftigungsmöglichkeiten im wissensintensiven Bereich unternehmensnaher Dienstleistungen. Ich denke hier unter anderem an Anlagen- und Maschinenbau, Fahrzeugbau, Chemie und Elektrotechnik sowie Consulting und Wirtschaftsprüfung." 

Stadt wird weiter schrumpfen

Kann man eine Prognose wagen, wie sich Bayreuth bis 2020 und bis 2030 entwickeln wird? Die Lebensqualität passt ja - niedrige Lebenshaltungskosten, günstigere Mieten als in Großstädten, ein breites kulturelles Angebot. Ströhl: "Lebensqualität ist der Grad des Wohlbefindens an einem Ort. Dazu zählen eher die nicht-materiellen Aspekte. Lebensqualität ist immer eine Frage des Einkommens. Daher sind Wohnsitz und Arbeitsort untrennbar verbunden. Die Wahl der Wohnung ist also abhängig von der Wahl des Arbeitsortes." Bis 2020 wird nach Ströhls Ansicht Bayreuths Einwohnerzahl bei etwa 71.000 stagnieren. Zehn Jahre später sieht er die Stadt unter der 70.000-er Grenze: "Die neuen Studentenjahrgänge werden zahlenmäßig kleiner. Relativ sicher ist die zunehmende Alterung der Stadtbevölkerung."

Eine Strategie zur Zukunftssicherung sieht der Wissenschaftler vor allem als Aufgabe der Unternehmer und privaten Investoren: "Es hilft nur die Schaffung von Arbeitsplätzen. Entweder durch staatliche Investitionen in Forschung und Entwicklungseinrichtungen wie die Uni, Fraunhofer oder TAO. Oder durch mutige Unternehmensgründungen. Das ist aber wegen der derzeit guten konjunkturellen Lage eher unwahrscheinlich." Die Kommune könne dafür lediglich ein gutes Umfeld schaffen.

 

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