Bayreuther Mord bei "Aktenzeichen XY"

Von Manfred Scherer
Mit diesem im Jahr 2016 entstandenen Foto von Friedrich Kuhn fahndet die Kripo in der Sendung "Aktenzeichen XY ungelöst" nach den Mördern des 88-Jährigen. Foto: Polizei Foto: red

Seit fünf Wochen sind über 20 Kriminalbeamte auf einer aufwendigen Mörderjagd. Der oder die Täter, die am 12. April im Haus Innstraße 3 den 88-jährigen Bayreuther Friedrich Kuhn umbrachten, sind noch nicht gefasst. Dennoch weiß die „Soko Inn“ mittlerweile einiges über den Mord. Aber noch nicht genug.

 
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Einen großen Schritt Richtung Aufklärung erhoffen die Ermittler sich am Mittwochabend: Dann kommt der Mordfall als Studiofall in der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY ungelöst“.

Viele leere Schmuckschatullen am Tatort

Eine zentrale Rolle werden dabei unter anderem Fotos spielen, die die „Soko Inn“ anhand von alten Familienfotos rekonstruiert hat. Aus dem Haus in der Innstraße 3 wurde nämlich eine größere Menge Schmuck geraubt. Anne Höfer, Pressesprecherin beim Polizeipräsidium Oberfranken, sagt auf Anfrage: „In dem Haus wurden mehr als 50 leere Schmuckschatullen gefunden.“

 

 

Eines der Schmuckstücke, die aus dem Haus des Opfers verschwunden sind und die mutmaßlich geraubt wurden. Foto: Polizei

Aus Fotos, auf denen die vor einigen Jahren verstorbene Ehefrau des Mordopfers Schmuckstücke trägt, hat die Soko Bilder einiger Schmuckstücke herausisoliert – die Bilder sollen am Mittwoch bei „Aktenzeichen XY ungelöst“ einem Millionenpublikum gezeigt werden, ebenso wie ein Foto des Opfers und Fotos des Hauses in der Innstraße.

Eines der Schmuckstücke, die aus dem Haus des Opfers verschwunden sind und die mutmaßlich geraubt wurden. Foto: Polizei

Außerdem geht die Soko davon aus, dass der in den vergangenen Jahren sehr zurückgezogen lebende Rentner Friedrich Kuhn eine Bargeldsumme in noch unbekannter Höhe im Haus gehabt haben muss – das Geld ist ebenfalls weg. Polizeisprecherin Höfer: „Die Kollegen und die Staatsanwaltschaft ermitteln wegen Verdacht des Tatbestands des Mordes und des schweren Raubes.“

Eines der Schmuckstücke, die aus dem Haus des Opfers verschwunden sind und die mutmaßlich geraubt wurden. Foto: Polizei

Tatort wurde mit dem 3-D-Scanner vermessen

Es gibt eine ungeschriebene Regel und Erfahrung für Mordermittlungen: Ist innerhalb der ersten 24 Stunden nach der Tat kein Verdächtiger gefasst, wird’s schwer. Wie aufwendig der Fall Friedrich Kuhn werden würde, zeigte sich schnell: Zwei Tage dauerte die Spurensicherung am Tatort. Rund 1000 Spuren wurden dabei gesichert – und noch immer ist der Tatort nicht freigegeben.

Der Tatort wurde mit einem 3-D-Scanner vermessen – diese Methode erlaubt Rückschlüsse auf den Tathergang, möglicherweise auch darauf, ob einer oder mehrere Täter im Haus waren. Noch gibt die Kripo nicht alle Erkenntnisse preis – Verdächtige könnten durch zu genau Einzelheiten gewarnt werden. Die Auswertung der Spuren läuft, sowohl die Untersuchung von DNA-Spuren, von Fasern oder Fingerabdrücken. Bislang gebe es hier aber keine Erkenntnisse, die zu Namen von Verdächtigen führen könnten.

Polizeisprecherin Höfer beschreibt den Berg von Arbeit, den die Ermittler abarbeiten müssen als eine „riesige Ansammlung von Spuren und Hinweisen“. Die Kunst dabei: Hinweise, die ins Nichts führen, müssen schnellstmöglich und doch sorgfältig ausgeschlossen werden, um sich am Ende auf die richtige Spur konzentrieren zu können.

DNA, Fingerabdrücke und Zeugenvernehmungen

Dies gehört zu den klassischen Methoden, die die Soko anwendet:

DNA-Abgleich: Der sogenannte genetische Fingerabdruck kann mögliche Verdächtige „an den Tatort bringen“. Ob Hautschuppen, Haare oder ähnliches gefunden wurden, die zu unbekannten Personen führen könnte, gibt die Soko aus ermittlungstaktischen Gründen nicht bekannt.

Wesentlich für den Erfolg der DNA-Methode wäre es, dass die Ermittler beim Vorliegen einer verdächtigen DNA eine Vergleichs-DNA hat, die in den Datenbanken der Polizei gespeichert ist. Im besten Fall ist ein Tatverdächtiger schon einmal festgenommen worden und seine DNA samt Identität gespeichert.

Fingerabdruck: Für die Fingerspur gilt das gleiche wie für die DNA-Spur. Zur Identifizierung der zum Fingerabdruck gehörenden Person ist es notwendig, dass diese Person einmal von der Polizei erkennungsdienstlich behandelt wurde und dies gespeichert ist.

Sollte der Mord in der Innstraße durch professionelle Einbrecher begangen worden sein, die – so eine von vielen Hypothesen – von dem Opfer bei der Tat überrascht wurden, könnte die Fingerabdruckmethode erfolglos sein: Profi-Einbrecher tragen meist Einweghandschuhe.

Funkzellenauswertung: Auch die Überprüfung von Mobiltelefonen gehört zu den Ermittlungen der Soko.

Wie mehrfach berichtet, war die Polizei am Tattag, kurz nach 23 Uhr telefonisch von dem Verbrechen informiert worden: Ein bislang unbekannter Mann rief von einem Münztelefon am Bahnhof in Crailsheim (Baden Württemberg) die Nummer der Polizeieinsatzzentrale in Aalen und meldete das Verbrechen in Bayreuth.

In gebrochenem Deutsch sagte der Unbekannte: „Hallo. Ich sage in Bayreuth, Innstraße, ein alter Mann liegt in seinem Blut. Überfall. Innstraße in Bayreuth, bitte schnell! Ich weiß das, ich habe Informationen bekommen, diese alte Mann ist überfallen, schnell Polizei und Krankenwagen, bitte.“

Die Bayreuther Rettungskräfte fanden den nicht mehr ansprechbaren Schwerverletzten. Friedrich Kuhn starb am Karfreitag. Wie berichtet, hat die Soko die Tonaufnahme des Notrufes veröffentlicht. Laut Polizeisprecherin Höfer sind bislang rund 20 Hinweise auf den möglichen Anrufer eingegangen – ermittelt ist der Mann aber noch nicht.

Der Notruf, der via Telefon 08 00/7 76 63 10 angehört werden kann, soll am Mittwochabend in der XY-Sendung mit Rudi Cerne einem Millionenpublikum vorgespielt werden.

Soko-Büros während der Sendung besetzt

Die Ermittler der Soko werden am Mittwochabend alle in ihren Büros sein und auf Hinweise warten. Um beispielsweise auch mehr über zwei unbekannte Männer zu erfahren, die am Tatabend zwischen 20 und 21 Uhr am Roten Hügel gesehen wurden. Wie berichtet, kann bislang nur einer der Männer genauer beschrieben werden.

Er ist etwa einsfünfundsiebzig groß und hatte unter seinem weißen T-Shirt einen auffallend muskulösen Oberkörper. Er und sein Begleiter gingen von der Straße Richthofenhöhe kommend die Donaustraße hinauf in Richtung Innstraße. In diesem Zusammenhang gibt es mittlerweile eine Zeugenaussage, der zufolge in der Naabstraße – drei Gehminuten vom Tatort entfernt – ein Mountainbike der Marke „Rixe“ auf dem Gehweg liegen sahen.

Für die Soko sind folgende Fragen zentral:

  • Wer hat am Mittwoch, 12. April 2017, zwischen 16 Uhr und 23 Uhr oder bereits in den Tagen zuvor im Bereich der Innstraße im Stadtteil Roter Hügel oder auch in den angrenzenden Stadtteilen Meyernberg, Kreuz, Altstadt oder Richtung Innenstadt verdächtige Personen und/oder Fahrzeuge beobachtet?
  • Wem sind an diesem Tag, etwa zwischen 20 Uhr und 21 Uhr, zwei Männer, beziehungsweise ein muskulösen Mann mit einem weißen T-Shirt in der Innstraße oder den umliegenden Straßen aufgefallen und wer kann Angaben zu der Identität machen?
  • Wer kann zu dem weißen Mountainbike, Marke „RIXE“, das am Tatabend, gegen 22.30 Uhr in der Naabstraße festgestellt wurde oder zu mehreren Personen, die sich dort aufgehalten haben, Hinweise geben?
  • Bei wem haben Personen am Tattag oder den Tagen zuvor versucht, unter einem Vorwand ins Haus beziehungsweise in die Wohnung zu gelangen?
  • Wer hat an dem Tattag, insbesondere um etwa 23 Uhr, in 74564 Crailsheim eine Person an dem Münzfernsprecher am Bahnhof, in der Nähe des Gleises 1, gesehen?
  • Wer hat im Umfeld des Bahnhofes in Crailsheim zu dieser Zeit als Fahrer eines Taxis oder Busses Fahrgäste abgesetzt oder aufgenommen?
  • Wer glaubt den Mitteiler des Notrufs zu kennen oder kann Hinweise auf seinen Aufenthaltsort geben?
  • Wer kann Angaben zu dem Verbleib der abgebildeten Schmuckstücke machen?
  • Wem sind in der Zeit nach dem Tattag, 12. April 2017, eine größere Anzahl Schmuckstücke angeboten worden?

 

Der Mann, der den Notruf abgesetzt und damit versucht hat, das Leben des Rentners zu retten, wird dringend gebeten, sich bei der SOKO „Inn“ zu melden.

Anne Höfer sagt: „Selbst scheinbar unbedeutende Dinge können zur Klärung des Falls beitragen.“ Zeugen melden sich unter der Telefonnummer 09 21/5 06 24 33. Für Hinweise, die zur Ergreifung der Täter führen, ist eine Belohnung von 10.000 Euro ausgelobt worden.

 

Weitere Infos:

Mordfall Innstraße: Notruf veröffentlicht

Was wir über den Mord wissen und was nicht

Toter Senior: Polizei sucht nach Zeugen

Gewalttat am Roten Hügel: Opfer stirbt

Roter Hügel: Gewaltopfer in Lebensgefahr

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