Wie schlecht geht es Karstadt?

Ziemlich schlecht. Die Karstadt Warenhäuser schreiben seit Jahren rote Zahlen. Allein in den Geschäftsjahren 2011/2012 und 2012/2013 summierten sich die Verluste der Karstadt Warenhaus GmbH unter dem Strich auf fast 300 Millionen Euro. Und auch in dem Ende September abgelaufenen Geschäftsjahr 2013/2014 verbrannte das Unternehmen Geld, wie Interimschef Miguel Müllenbach in einem dem Branchenfachblatt „Der Handel“ vorliegenden Brief an die Karstadt-Mitarbeiter berichtete. „Das hinter uns liegende Geschäftsjahr gehört mit zu den schwierigsten in der Geschichte von Karstadt“, schreibt Müllenbach.

Was bedeutet das für die Arbeitnehmer?

Die 17 000 Karstadt-Beschäftigten müssen sich wohl auf harte Einschnitte einstellen. Nach Angaben von Verdi-Verhandlungsführer Arno Peukes plant die Karstadt-Spitze den Abbau von rund 2000 Arbeitsplätzen – in der Zentrale und in den 83 Warenhäusern. Mögliche Filialschließungen, wie die gestern Abend genannten sechs Häuser, seien dabei noch gar nicht berücksichtigt. Verdi zufolge will die Unternehmensleitung außerdem längere Arbeitszeiten und Einschnitte beim Urlaubs- und Weihnachtsgeld durchsetzen. Die Gewerkschaft hat bereits ihren Widerstand gegen das „Horrorpaket“ angekündigt. Der Handelsexperte Gerd Hessert von der Universität Leipzig glaubt jedoch, dass die Arbeitnehmer am Ende Zugeständnisse machen müssen: „Es geht ums Ganze bei Karstadt. Da ist es besser, 65 Prozent der Arbeitsplätze zu erhalten, als Karstadt ganz zu verlieren.“

Was sind die Ursachen für den Niedergang von Karstadt?

Das Modell Warenhaus hat in den vergangenen Jahren immer mehr an Glanz verloren. Einkaufszentren wie die „Mall of Berlin“ oder das „Centro“ in Oberhausen erscheinen vielen Verbrauchern attraktiver. Außerdem haben sich Konkurrenten wie H&M, Zara und zuletzt Primark mit preiswerten, schnell wechselnden Kollektionen einen immer größeren Teil des Einkaufsbudgets der Verbraucher gesichert. Und auch auf den boomenden Online-Handel hat das Unternehmen bislang keine Antwort gefunden. Zusätzlich setzten Managementfehler dem Unternehmen zu.

Was ist schief gelaufen an der Unternehmensspitze?

Vier Jahre lang gehörte Karstadt dem deutsch-amerikanischen Investor Nicolas Berggruen. Im Rückblick erscheinen sie als verlorene Jahre für Karstadt. Die meisten Handelsexperten sind sich einig, dass bei dem Traditionsunternehmen in dieser Zeit viel zu wenig investiert wurde. Doch auch bei der Personalpolitik hatte Berggruen eine unglückliche Hand. Der von ihm berufene, bis Ende 2013 amtierende Karstadt-Chef Andrew Jennings versuchte, Karstadt mit der Brechstange ein jugendlicheres Image zu verpassen. Er setzte auf neue trendige Marken und gab ganze Sortimentsbereiche wie etwa Elektronik auf. Das verschreckte die ältere Stammkundschaft. Neue Zielgruppen wurden dennoch nicht im erhofften Umfang erreicht.

Wie könnte Karstadts Zukunft aussehen?

Eine schwierige Frage. Der neue Eigentümer René Benko schweigt bis jetzt zu seinen Plänen. Nach der ersten Aufsichtsratssitzung nach dem Eigentümerwechsel stand lediglich fest, dass Filialschließungen für die Konzernspitze kein Tabu mehr sind. Konkrete Beschlüsse wurden aber zunächst nicht gefasst. Dabei hatte Karstadt-Aufsichtsratschef Stephan Fanderl bereits vor einigen Monaten signalisiert, das Unternehmen mache sich „berechtigte Sorgen um die Profitabilität von mehr als 20 Häusern“.

Ist also bald mit einer Schließungswelle zu rechnen?

Gestern Abend war zu hören, dass sechs Häuser geschlossen werden sollen. Handelsexperte Hessert etwa glaubt nicht, „dass die Karstadt-Führung kurz vor dem wichtigen Weihnachtsgeschäft eine große Zahl von Filialschließungen ankündigt“. Wenn überhaupt, werde es einige wenige große Verlustbringer treffen. „Alles andere würde die Marke beschädigen“, meint er.

Wie ist die Lage bei Karstadt in Bayreuth?

Janine-Christine Marz, die Geschäftsführerin der Bayreuther Karstadt-Filiale, hatte zuletzt immer wieder betont, das Bayreuther Haus schreibe schwarze Zahlen. Für eine Fortführung dürfte auch der Plan des baulichen Zusammenschlusses mit dem ehemaligen Kaufhaus Loher sprechen, in dem unter anderem ein Lebensmittelhandel eingerichtet werden soll. Denn aus dem Umfeld von Investor Benko hatte es zuletzt geheißen, die Häuser sollten zu innerstädtische Nahversorgern werden.