Datenschutzbeauftrager gibt Entwarnung: "Kein Späh-Angriff" Bayreuther im Visier von Kameras

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Die Zahl der Video-Kameras im öffentlichen Raum in Bayreuth nimmt zu. Der Datenschutzbeauftragte sieht darin kein Problem. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Die Bayreuther stehen immer mehr unter Beobachtung. Jedenfalls nach der Zahl der Video-Anlagen in der Stadt. Fast 400 Kameras im öffentlichen Raum sind gemeldet, 160 mehr als vor vier Jahren. Ein Späh-Angriff sei das aber nicht, sagt der Datenschutzbeauftragte der Stadt, Gerald Scheuerer.

 
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Die Schranke geht einfach nicht auf. Seit Minuten steht der schwarze Wagen davor. Der Fahrer drückt den Hilfeknopf – und schon ist der Wagen auf einem Bildschirm in der Leitwarte des Parkhauses an der Oberfrankenhalle zu sehen. Ist das schon Überwachung? Nein, sagt Werner Schreiner, Leiter des Verkehrsbetriebs Bayreuth. In seinen vier Parkhäusern in der Stadt hängen allein 35 Kameras. An den Kassen, den Ein- und Ausfahrten, in den Treppenhäusern und da, wo die Autos parken. Zu zeigen, „wenn etwas nicht in Ordnung ist", sei der Sinn der Überwachung, sagt der Parkhaus-Chef.

Aber die Kameras zeichnen auch auf. Zwei Tage lang bleiben die Aufnahmen gespeichert, dann werden sie gelöscht. Wenn es nachts Randale im Parkhaus gegeben hat, schaut er auf den Rekorder und schneidet die Szene aus. Die Daten gehen an die Polizei. Sehr häufig passiere das nicht, in Bayreuth gebe es keine großstädtischen Verhältnisse.

Videoüberwachung im öffentlichen Raum – ein Thema, das die Stadt „mit größter Zurückhaltung" angeht. Will heißen: Sie geht sehr sparsam mit Überwachungskameras um.Wegen „der damit verbundenen datenschutzrechtlichen Problematik", heißt es in einer schriftlichen Erklärung. Nur im Bereich der Zentralen Omnibus-Haltestelle (ZOH) befinde sich eine Anlage mit acht Kameras, die im Zuge der Neubaumaßnahme installiert wurden.Wie in den Parkhäusern zeichnet auch sie im Turnus von 48 Stunden auf. Die jeweils vorherigen Aufnahmen werden überspielt.

„Diese Aufzeichnungen laufen nicht bei einer zentralen Stelle zur Auswertung auf", betont Joachim Oppold, Pressesprecher der Stadt.Die Kommunen als Spitzel, das befürchten hingegen die bayerischen Grünen. „In Bayern gibt es einen Trend zur vermehrten Installation von Videoüberwachungstechnik", hatte die grüne Landtagsabgeordnete Christine Kamm im September letzten Jahres geschimpft. In einer schriftlichen Anfrage bat sie die Staatsregierung um Auskunft.Heraus kam: 2012 waren in Bayern mehr als 17 000 Kameras im öffentlichen Raum installiert, von Schulen bis zu Gerichtsgebäuden.

Besonders Behörden würden „überwachen", sagte Kamm, vor allem die Polizei und die Kommunen sowie deren Tochterunternehmen. Wie beispielsweise die Verkehrsgesellschaften. Parkhäuser eben. „Diese Kameras dienen dem Objektschutz und dem Service", sagt der Bayreuther Parkhaus-Chef Schreiner. „Wir haben keinerlei Interesse, die Leute zu überwachen. Unser Kerngeschäft ist ein anderes", sagt Schreiner.Überhaupt sind die meisten der gemeldeten Kameras in Bayreuth im Gefängnis (222), gefolgt vom Opernhaus und dem neuen Schloss (55). Auch angegeben bei der Kamera-Aufzählung der Staatsregierung sind 27 Kameras allein an den Gerichten in Bayreuth. Thomas Goger, Richter am Landgericht, sagt: „Wir haben zwar 13 Kameras an unseren Gebäuden, allerdings betreffen sie nur Zugangsbereiche in den Hinterhöfen, den Aufzug für Behinderte oder die Schranke für Anlieferanten."

Es finde also keine kontinuierliche Videoüberwachung statt. Kontrolliert würden nur die hinteren Eingänge oder die Schranke zum Parkplatz. „Der öffentliche Haupteingang ist jedoch frei von Kameras, denn dort haben wir unsere Personenkontrolle."Nicht jede Videokamera ist gleich ein Späh-Angriff auf die Bürger. Gerald Scheuerer, der Datenschutzbeauftragte der Stadt Bayreuth, unterscheidet zwischen Video-Beobachtung und -Aufzeichnung. „Der Verwendungszweck muss klar definiert sein", sagt er. Zur reinen Überwachung und Aufzeichnung von kriminalistischen Schwerpunkten hänge keine Kamera in der Stadt. Im Moment gebe es keine Orte, an denen gehäuft Sachbeschädigungen auftreten.

Die Kameras an den Kreuzungen dienen einzig der „Verkehrslenkung", sagt der Datenschützer. Es seien weder Gesichter noch Nummernschilder zu erkennen. Die Aufnahmen dürfen nicht für die Strafverfolgung herangezogen werden.Auch die Schulen der Stadt sind ohne Video-Überwachung – fast. Höchstens die Sprechanlage ist bei manchen mit einer kleinen Kamera ausgestattet. „Grundsätzlich dürfen Kameras zum Gebäudeschutz angebracht werden, vor allem im Außenbereich. Die Daten dürfen aber nicht gespeichert werden", sagt Christoph Kasseckert, Direktor der Realschule Pegnitz und informationstechnischer Leiter für Oberfranken.

Wo die Stadt keine Handhabe hat, sind die Kameras in den Geschäften, denn die sind nicht meldepflichtig. „Zwei Drittel der Geschäfte sind mit Kameras ausgestattet", schätzt Sabine Köppel vom Landesverband des bayerischen Einzelhandels. Wegen Diebstahls. Oberfrankenweit wurden im vergangenen Jahr Waren im Wert von rund 27 Millionen Euro bei einem Umsatz von 5,6 Milliarden Euro gestohlen. Für Bayreuth Stadt und Landkreis bedeutet dies, dass den Geschäftsleuten bei einem Jahresumsatz von 965 Millionen Euro Waren im Wert von fast fünf Millionen Euro von Ladendieben geklaut wurden.

Der Fahrer des schwarzen Wagens hat es übrigens nicht geschafft, ins Parkhaus an der Oberfrankenhalle zu kommen. „Kein Parkplatz frei", hatte ihm der Mitarbeiter am Bildschirm gesagt.

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