An der Stadthalle gibt es ein Überbleibsel des Komödienhauses Bayreuther Geheimnisse: Ein rätselhaftes Fenster

Foto: Harbach Foto: red

Mit einem anscheinend nutzlosen Fenster am Torbogen neben der Stadthalle beschäftigt sich die 13. Folge unserer Adventsserie über die Bayreuther Geheimnisse. Heike Thissen hat herausgefunden, was es damit auf sich hat.

 
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Zwischen der Stadthalle und dem Storchenhaus steht ein Gebäude, das diesen Namen eigentlich gar nicht so richtig verdient. Im linken Flügel betreibt zwar das Evangelische Jugendwerk das Schülercafé Adebar. Doch hinter dem stattlichen Torbogen in der Mitte und dem Fenster auf der rechten Seite der Fassade befindet sich rein gar nichts. Es wirkt wie der Teil einer Theaterkulisse, die noch nicht ganz abgebaut ist. Und genau genommen ist dieser Eindruck gar nicht so falsch.

„Was man dort sieht, ist die Fassade des ehemaligen markgräflichen Komödienhauses“, erklärt Norbert Hübsch, Geschäftsführer des Historischen Vereins für Oberfranken. Hinter dieser Steinwand, wo heute die Mitarbeiter des Archäologischen Museums parken, ließ das Markgrafenpaar Wilhelmine (1709-1758) und Friedrich (1711-1763) im Jahr 1753 das Theater errichten. Das war nur konsequent. „Es ist überliefert, dass im 16. Jahrhundert die Handwerksgesellen auf dem Marktplatz Theater spielten“, erinnert Hübsch an die Zeit vor 500 Jahren.

Nachdem die Markgrafen ab dem 17. Jahrhundert ihre Residenz nach Bayreuth verlegt hatten, hielt auch die fürstliche Hofkultur mit Musik und Theateraufführungen in Bayreuth Einzug. Mit Markgraf Christian Ernst (1644-1712) fanden die deutsche und die italienische Oper ihren Weg in die Stadt, ebenso wie die französischen Komödien eines Molière, ein venezianischer Kapellmeister und italienische Kastraten.

„Das war barockes Leben, festlich und prächtig, wenn auch etwas bescheidener als bei seinem Schwiegervater August dem Starken in Dresden“, sagt Hübsch. Christian Ernst habe in den großen Saal im Alten Schloss dafür eine Theaterbühne einbauen lassen.

Nachdem dieser Veranstaltungsort einem Brand zum Opfer gefallen war, entstand 1753 unter Wilhelmine und Friedrich das Neue Schloss und zeitgleich mit ihm das Komödienhaus in unmittelbarer Nähe, und das, obwohl sie inzwischen eines der größten Opernhäuser Europas gebaut hatten. Das Markgrafenpaar glaubte, mit dem Standort den perfekten Platz gefunden zu haben, lag es doch im Hofgarten, so dass ein hölzerner Verbindungsgang dafür sorgte, dass die Komödien-Besucher selbst bei starkem Regen trockenen Fußes vom Schloss zur Aufführung gelangten.

Am 24. Januar 1754 feierte das Theater seine Eröffnung, pünktlich zum Geburtstag von Wilhelmines Bruder Friedrich dem Großen (1712-1786). „Den 24. Janr. ward der Geburts-Tag des Königes von Preußen bey Hof feyerlich begangen – Abends das neuaufgeführte prächtige Comödien-Hauß mit einem französischen Schauspiel Le Depit amoureux eingeweiht“, ist der Geschichte der Stadt Bayreuth aus dem Jahr 1754 zu entnehmen. Weltmännisch startete man also mit dem Stück „Liebesärger“ des Schauspielers und Autors Molière aus dem Jahr 1656 – auf Französisch natürlich. „Außer diesem allerersten Stück vom Eröffnungstag wissen wir aber leider nicht, was dort auf der Bühne gezeigt wurde“, bedauert Norbert Hübsch.

Lange konnten die Bayreuther Theaterfreunde das Haus in der heutigen Ludwigstraße aber ohnehin nicht nutzen. Bereits nach acht Jahren fiel der Vorhang, und nicht nur dieser: Das gesamte Gebäude – vermutlich ein Fachwerkbau – wurde abgerissen, nur die steinerne Fassade blieb erhalten. „Der Hofmaschinenmeister Spindler, der sein Haus an das Komödienhaus angebaut hatte, hatte den Markgrafen davon überzeugt, dass die Brandgefahr viel zu groß sei und das Gebäude dringend weichen müsse“, erzählt Norbert Hübsch. Die Aufführungen fanden künftig in einem Theater in der Reithalle statt. Bis Ende des 19. Jahrhunderts konnten die Bayreuther dort Komödien, aber auch Tragödien von Wanderbühnen aufgeführt sehen.

Info: Das Buch „Bayreuther Geheimnisse“ ist beim „Nordbayerischen Kurier“ erschienen, hat knapp 200 Seiten, ist durchgehend bebildert und kostet 14,90 Euro. 
Erhältlich ist das Buch in der Kurier-Geschäftsstelle, Maxstraße 58-60, und im Buchhandel. Alle Beiträge unserer Adventsserie gibt es im Dossier „Bayreuther Geheimnisse“.

Berichtigung:

In der ursprünglichen Fassung dieses Textes befanden sich leider zwei Fehler:  Der Markgraf Friedrich III. von Brandenburg-Bayreuth lebte  von 1711 bis 1763  und nicht von 1708 bis 1769. Und Markgraf Christian Ernst war nicht der Schwager von August dem Starken, sondern sein Schwiegervater.

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