Bayreuther forscht im Weltall

Von Norbert Heimbeck
Der Bayreuther Physiker Thomas Triller im Labor. Foto Christian Wißler Foto: red

Vor zig-Millionen Jahren haben sich winzige Moleküle im Ur-Ozean der noch unbewohnten Erde zusammengeballt. So entstand das erste Lebewesen. Warum das geschehen konnte, erforscht der Bayreuther Physiker Thomas Triller. Antwort auf diese Frage sucht er im Weltraum, genauer: an Bord der Internationalen Raumstation ISS.

 
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"Ich hätte mir zu Beginn meines Studiums nie träumen lassen, einmal im Weltraum forschen zu können", sagt Thomas Triller. Er schreibt in der Forschungsgruppe von Professor Werner Köhler gerade an seiner Doktorarbeit. Sein Thema: die Diffusion von Flüssigkeiten. Oder, vereinfacht gesagt: Er untersucht, wie sich Teilchen verschiedener Flüssigkeiten, etwa Ethanol und Wasser, miteinander mischen. Diese Prozesse werden dann besonders kompliziert, wenn mehr als zwei Flüssigkeiten beteiligt sind, die auch noch unterschiedliche Temperaturen aufweisen. Wissenschaftler, die solche molekularen Vorgänge exakt messen wollen, haben neben der Komplexität dieser Vorgänge ein weiteres Problem: die Schwerkraft der Erde. Sie kann die Messungen verfälschen.

Völlig schwerelos

In der Raumstation herscht jedoch Schwerelosigkeit, so dass an Bord verlässliche Analysen gemacht werden können. Triller hat die entsprechenden Experimente in seinem Labor auf dem Bayreuther Campus vorbereitet. Vor wenigen Tagen ist in Cape Canaveral eine unbemannte Rakete gestartet, um den Versuchsaufbau zur ISS zu transportieren. Nach zwei Tagen Flug dockte die Rakete an der Raumstation an. Die Nasa-Astronauten Kate Rubins und Jeff Williams sind nun damit beschäftigt, die Fracht in der ISS zu verstauen. Im September sollen die Bayreuther Experimente im Weltall beginnen. Das Forscherteam wird dann in der Bodenkontrollstation in Madrid am Bildschirm sitzen und die Experimente verfolgen. Im Frühjahr 2017 bringt eine weitere Rakete mehrere Festplatten mit Gigabytes an Daten von der ISS zur Erde zurück. Und dann geht die Auswertungsarbeit richtig los.

Grundlagenforschung

Professor Werner Köhler umreißt das Forschungsvorhaben so: "Die dabei gewonnenen Erkenntnisse sind für die physikalische Grundlagenforschung von großem Interesse. Sie sind aber auch für andere wissenschaftliche Fragestellungen von Bedeutung – und das in Bereichen, bei denen man dies nicht von vornherein erwarten würde.“ Beispiele sind die Analytik von Kunststoffen, Solarteiche als alternative Wärmespeicher, wichtige Prozesse in der frühen Evolution, oder auch Mikroschwimmer, die als Modelle für die Fortbewegung von Zellen dienen.

Die Bayreuther Arbeiten sind Bestandteil des multinationalen Forschungsprogramms DCMIX, das die Raumfahrtorganisationen ESA und Roscosmos ins Leben gerufen haben. Prof. Köhler und seine Arbeitsgruppe koordinieren den dritten Abschnitt dieses Programms, das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) fördert die Arbeiten fünf Jahre lang mit rund 300.000 Euro.

Auszeichnung für Triller

Thomas Triller hat während der vergangenen drei Jahre Daten gesammelt und die Experimente vorbereitet. Seine Arbeiten sind die Grundlage für die ISS-Mission. Und sie sind Ursache dafür, dass der Nachwuchswissenschaftler vom Dachverband für Weltraumforschung Cospar mit der Zeldovich-Medaille geehrt wird. Damit werden "wichtige Beiträge hervorragender Wissenschaftler" ausgezeichnet. Triller sollte bei der Cospar-Generalversammlung in Istanbul ausgezeichnet werden, wegen des Militärputsches wurde die Veranstaltung jedoch abgesagt.

Info: Vor zwei Jahren hatte Thomas Triller schon einmal eine Experimentierbox zur ISS schicken wollen. Im Oktober 2014 explodierte die unbemannte Rakete wenige Sekunden nach dem Start. Zwar wurde die Box mit den Bayreuther Proben nahezu unversehrt gefunden, doch mussten sie gänzlich neu angelegt werden. Dieses Video der Nasa zeigt das Unglück: Antares launch explosion - October 28, 2014