Die Zahlen-Analyse Bayreuth: Zwei Sichten auf den Haushalt

Von Frank Schmälzle
Im Rathaus werden die Finanzen der Stadt vorsichtig kalkuliert. Kommunalpolitiker sagen: Dort wird Bayreuth arm gerechnet. Foto: Silz Foto: red

Klingt gut, ist aber nicht viel wert: Die Stadt kommt in diesem Jahr ohne neue Kredite aus, wenn die Stadträte nicht doch noch Wünsche und Projekte anmelden und durchdrücken. Der Finanzentwurf, den Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe und Finanzreferent Michael Rubenbauer vorlegten, sieht keine Nettoneuverschuldung vor. Kurios: Die Schulden der Stadt könnten trotzdem steigen. Auf den zweithöchsten Stand der vergangenen zehn Jahre. Es könnte aber auch ganz anders laufen. Wie 2014 gezeigt hat.

 
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Die Stadt lebt. Und deshalb ist im Haushalt wenig wirklich fix. Die Realität überholt die Finanzplanungen. So ist das jedes Jahr. Wer die Finanzen der Stadt für 2015 betrachtet, kann das vorsichtig tun. Oder optimistisch.

Die vorsichtige Perspektive: Für die steht Finanzreferent Michael Rubenbauer. Er sagt, wie jedes Jahr: „Nicht alles Wünschenswerte wird finanzierbar sein.“ Rubenbauer rechnet knapp 20 Millionen Euro aus nicht ausgenutzten Kreditrahmen der Jahre 2012 und 2013 in den Haushalt mit ein. Das muss er tun, wenn er der Stadt finanziellen Spielraum sichern will. Denn andernfalls verfallen die Kreditermächtigungen. Aber: Das treibt auf dem Papier den Schuldenstand nach oben. Die Schulden der Stadt könnten so auf knapp 134 Millionen Euro ansteigen. Verbindlichkeiten in dieser Höhe hatte die Stadt zuletzt im Jahr 2005.

Ob das eingeplante Geld aus den Kreditrahmen tatsächlich gebraucht wird, steht noch längst nicht fest. Denn: Die Sonderausgaben für die neue Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge eingerechnet, sieht die Stadt in diesem Jahr Investitionen in Höhe von 68 Millionen Euro vor. Das ist mehr als das Doppelte dessen, was die Stadt im Jahr 2010 für Investitionen veranschlagt hatte. Und: Seit vier Jahren bleiben die tatsächlichen Investitionen der Stadt deutlich hinter den im Haushalt geplanten Beträgen zurück. Im vergangenen Jahr waren 64,7 Millionen Euro vorgesehen, 30,5 Millionen wurden ausgegeben.

Warum das so ist? Weil Beträge für Bauvorhaben vorgesehen werden, die noch gar nicht haushaltsreif sind, sagt Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe. Weil sich Fördermittel oder Baufortschritte verzögern. Und auch, weil der Stadtrat nach der Haushaltsverabschiedung seine eigenen Entscheidungen wieder ändert. Einen Investitionsstau sieht Merk-Erbe trotzdem nicht. 30,5 Millionen im vergangenen Jahr – das war so viel wie in den vergangenen fünf Jahren nicht.

Vorsicht kalkuliert man im Rathaus auch auf der Einnahmenseite. Aus der Gewerbesteuer erwartet die Stadt in diesem Jahr 60,2 Millionen Euro. Das sind fast 13 Millionen Euro oder 17,5 Prozent weniger als vor einem Jahr. Einen solchen Einbruch gab es in der jüngeren Vergangenheit nur einmal. Da allerdings heftig: Im Jahr 2009 kamen von kalkulierten knapp 50 nur 24,9 Millionen Euro über die Gewerbesteuer in die Stadtkasse. Die Finanzkrise hatte unerwartet zugeschlagen.

Die optimistische Perspektive: Für die steht FDP-Stadtrat Thomas Hacker – bei den Haushaltsberatungen 2014 hatte er gesagt: „Wir rechnen uns arm.“ Die Optimisten gehen davon aus, dass die Gewerbesteuer nicht in dem im Haushaltsplan vorhergesehen Ausmaß einbrechen wird. Auch wenn sie möglicherweise nicht mehr das Rekordniveau des Vorjahres erreichen wird.

Die Optimisten gehen auch davon aus, dass sich auf der Ausgabenseite der Trend der Vorjahre fortsetzen wird. Dass nicht alle geplanten Investitionen tatsächlich umgesetzt werden. Von geplanten 64,7 Millionen wurden im vergangenen Jahr 30,5 Millionen Euro ausgegben. im Jahr 2013 standen geplanten 34,8 Millionen Euro tatsächliche Ausgaben in Höhe von 20,6 Millionen gegenüber. Noch krasser war der Unterschied 2012. Geplant: 37,7 Millionen. Ausgegeben: 13,5 Millionen.

Vereinzelt scheint sich die realistische Sicht auf die Investitionen durchzusetzen, sagt Hacker. Für den bevorstehenden Bau der Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge steht im Haushaltsplanentwurf 2015 genau der Betragt, der dafür in diesem Jahr auch wirklich gebraucht wird: 5,5 Millionen Euro. Die restlichen 25,5 Millionen, die für die Einrichtung notwendig sind, werden über Verpflichtungsermächtigung auf 2016 geschoben. Hacker sagt: Wenn die Stadt bei allen Investitionen so verfahren würde, „hätten wir eine klare Schuldenerwartung“.

Und er sagt: Im vergangenen Jahr hatte der Haushaltsplanentwurf nicht weniger düster ausgesehen. Auch damals sagten die Oberbürgermeisterin und der Finanzreferent einen Anstieg der Schulden voraus. Auf über 130 Millionen Euro. Herausgekommen ist ein Schuldenstand von 121 Millionen, 600 000 Euro weniger als im Jahr zuvor. Und zugleich seien die frei verfügbaren Mittel der Stadt von 27 auf 32 Millionen Euro gestiegen.

Gut möglich, sagt Hacker, dass auch 2015 gar nicht so schlimm wird.

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