IHK und HWK wollen Herausforderungen gemeinsam angehen Bayreuth: Wirtschaftskammern rücken zusammen

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Jede Menge Glasfaserkabel wird es brauchen, um die Digitalisierung voranzutreiben. . Foto: Daniel Reinhardt/dpa Foto: red

Die beiden Wirtschaftskammern rücken zusammen. Noch näher als bisher, sagen die Präsidenten, denn ein Gegeneinander war ja auch zuletzt eigentlich nicht zu spüren. Jedenfalls wollen sie sich künftig gemeinsam den Herausforderungen stellen. Und das sei bundesweit einmalig.

 
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"Jammern bringt nichts, jammern wollen wir nicht mehr." So formuliert es IHK-Präsident Heribert Trunk im Kurier-Redaktionsgespräch, und ergänzt: "Wir wollen keine Almosen. Oberfranken hat ein Recht darauf, dass in ganz Bayern gleichwertige Lebensverhältnisse herrschen." Und dann: "Wir kämpfen nicht gegen München oder Oberbayern, sondern für Oberfranken." Und das eben künftig noch enger an der Seite der Handwerkskammer. Deren Präsident Thomas Zimmer nennt es ein bundesweit einmaliges Pilotprojekt, dass HWK und IHK gemeinsam ein Positionspapier vorstellen, in dessen wichtigsten Punkten es um die Digitalisierung, den Innovations- und Wissenschaftsstandort, die Fachkräfte der Zukunft sowie um zukunftsfähige Kommunen geht.

Schlüssige Konzepte

Das strategische Konzept, das im Grunde bereits bekannte Analysen und Forderungen zusammenfasst, sei auch als Lehre aus früheren Prozessen entstanden, so Trunk: "Forderungen allein reichen nicht. Es braucht schlüssige Konzepte, wenn man wirklich etwas erreichen will." Bei der Nordbayern-Initiative habe sich gezeigt, "dass wir mehr erreichen, wenn wir geschlossen auftreten". So sei es zum Beispiel möglich gewesen, die vielen Millionen für die Technologieallianz Oberfranken (TAO) loszueisen.

Digitalisierung als Schlüssel

Viele Millionen wird es auch brauchen, um Oberfranken fit für den digitalen Wandel zu machen. Wenn das gelinge, so Trunk, habe die Region aber die Chance, andere zu überflügeln, "wenn wir es richtig machen und die Menschen mitnehmen". Es sei unerlässlich, schnelle Internetverbindungen nahezu überall zu haben. "Und dabei sprechen wir auf Sicht nicht mehr von 100 Mbit pro Sekunde sondern von Hunderten." Die Chancen des Handwerks sieht Zimmer dabei unter anderem in den Bereichen Installation und Wartung. "Unsere Betriebe müssen das an den Mann bringen", sagt er und nennt ein Beispiel aus einem anderen Bereich: "50 Prozent aller Wärmepumpen in Deutschland kommen von Industriebetrieben aus dem Raum Kulmbach. Aber unsere Handwerker sind es, die sie vor Ort beim Bürger installieren und warten." Und zwar zunehmend auch per Ferndiagnose - wofür es wieder gute Internetverbindungen brauche.

Gemeinsame Sprache mit der Wissenschaft finden

In ihre Initiative einbinden wollen die Kammern sowohl die Hochschulen als auch die Kommunen. Im Verhältnis zu den Hochschulen müssten Barrieren abgebaut werden - und zwar auf beiden Seiten. "Wir müssen eine gemeinsame Sprache finden", sagt Trunk. Professoren müsse klar werden, was sie mit ihren Forschungen für die Wirtschaft leisten könnten. Aber auch die Unternehmen müssten erkennen, welchen Nutzen sie aus einer Zusammenarbeit mit der Wissenschaft ziehen könnten. Vor allem die Zusammenarbeit mit Fraunhofer in Bayreuth laufe schon sehr gut.

Forderung nach schlanker Verwaltung

Als "dickes Brett", das es zu bohren gelte, bezeichnen die Kammerpräsidenten das Verhältnis zu den Kommunen. Die Unternehmen seien auf schnelle Genehmigungsverfahren, Investitionen in die Infrastruktur von der Kita bis zum Internet und auf Wirtschaftsnähe im Allgemeinen angewiesen. Ziel müsse ein schlanke Verwaltung sein. Dass das Konfliktpotenzial birgt, räumte Trunk ein, aber Zimmer gab zu bedenken: "Wir können da unsere Erfahrungen mit einer schlanken Kammerverwaltung natürlich auch weitergeben."

Mehr Berufsorientierung

Und was ist mit dem Schulterschluss der Kammern, wenn es um den Fachkräftebedarf geht, wenn also alle um einen immer kleiner werdenden Kuchen rangeln? "Klar, wir kämpfen alle um die gleichen jungen Menschen", räumt Trunk ein, aber: "Es bringt auch hier nichts, nur auf sich zu schauen." Hohe Abbrecherquoten in manchen Studiengängen zum Beispiel könne man sich nicht länger leisten. Deshalb sei es wichtig, die Berufsorientierung an allen Schulen auszubauen - vor allem auch an den Gymnasien. "Mir ist es viel lieber, ein junger Mensch lernt Schreiner, als dass er eine kaufmännische Lehre abbricht. Oder eben, dass er eine kaufmännische Ausbildung macht, als ein Fach zu studieren, das ihm gar nicht liegt", sagt Trunk, während Zimmer es als Märchen bezeichnete, dass der Lebensverdienst eines Handwerkers geringer sei als der eines Hochschulabsolventen: "Untersuchungen zeigen, dass ein Handwerksmeister auf die gleiche Summe kommt wie ein Bachelor-Absolvent."

Motivierte Flüchtlinge

Einig sind sich die beiden Präsidenten in der Einschätzung, dass es gezielte Zuwanderung geben müsse und die Talente der Flüchtlinge besser genutzt werden müssten. "Die Flüchtlinge werden unser Fachkräfteproblem nicht lösen, aber sie können dabei helfen. Da sind unglaublich motivierte junge Leute dabei, die haben riesiges Potenzial", sagt Zimmer. 

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