Bayreuth startet ins Lutherjahr

Von Norbert Heimbeck

Ein Nonnenballett, haarsträubende Erkenntnisse über Martin Luthers Herkunft, knusprige Häppchen und süffiges Bier – die Bayreuther Christen feierten am Dienstag den Beginn des Reformationsjahres 2017 mit einem karnevalistisch anmutenden Programm. Doch auch für Ernsthaftes war Raum: Die Münchner Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler hielt eine bewegende Festpredigt, Bayreuther Lokalprominenz gab Einblicke in ihr religiöses Leben.

 
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Die Festpredigt: Die lutherische Überzeugung vom Vorrang des Gewissens vor aller weltlichen und geistlichen Ordnung – das war das Predigtthema von Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler, die ständige Vertreterin des Landesbischofs ist. „So wahr mir Gott helfe“ lautet der Satz, den Politiker beim Amtsantritt am Ende der Eidesformel sprechen – oder eben nicht. Dieser Satz sei ein selbstkritisches Bekenntnis, sagte Breit-Keßler. Martin Luther habe es 1521 auf dem Reichstag in Worms abgelegt, als die Obrigkeit ihn zwingen wollte, gegen sein Gewissen zu handeln. Dieser Mut könnte Vorbild für heutige Politiker sein. Vor über 200 Jahren schrieb Friedrich Schiller „Nichts Heiliges mehr, es lösen sich alle Bande frommer Scheu. Der Gute räumt den Platz dem Bösen und alle Laster walten frei“. Zwar sah die Rednerin vielerlei Anzeichen dafür, dass heute Ehrfurcht und Respekt weniger werden: „Nachdem diese Klage so alt ist, kann man sagen: Keine Panik.“ Der Untergang des Abendlandes sei zur Zeit Schillers ausgeblieben, „er wird sich auch jetzt nicht ereignen.“ Gottvertrauen verhindere Kulturpessimismus, es „macht gelassen und vernünftig.“ Das Bekenntnis zum christlichen Gott sei Zeichen dafür, dass der Mensch Verantwortung übernehme.

Die Reformation in Bayreuth: Dekan Hans Peetz schilderte das Reformationsjubiläum aus lokaler Sicht. Er sagte: „Martin Luther war wahrscheinlich nie in Bayreuth. Die Reformation in Bayreuth ging ohne berühmte Theologen vonstatten.“ Es sei ein eher gemächlicher Prozess gewesen. Dennoch sei die Hauptstadt des lutherischen Markgrafentums ab dem 17. Jahrhundert zu einem Zentrum der evangelischen Kirche in Bayern geworden. „500 Jahre nach dem Thesenanschlag in Wittenberg, wollen wir uns aber nicht im Glanz vergangener Bedeutung sonnen, sondern zeigen und danach fragen, was unser christlicher Glaube heute bedeutet.“ Die Besinnung auf das reformatorische Erbe geschehe heute in ökumenischer Gemeinschaft mit den anderen Kirchen: „Denn Luther und die Reformation haben auch in der römisch-katholischen Kirche vieles bewegt.“ Zum Reformationsjubiläum habe man zahlreiche Veranstaltungen im Dekanatsbezirk Bayreuth auf die Beine gestellt. Das detaillierte Programmheft ist im Internet abrufbar unter http://tinyurl.com/Lutherjahr. Weitere Informationen unter www.bayreuth-evangelisch.de (siehe auch „Höhepunkte des Jubiläumsjahres).

War Luther Bayreuther? Der Meyernberger Pfarrer Hannes Schott tritt mit der Kabarettgruppe „Weißblauen Beffchen“ auf und zeigt auch im Duo „Zammgebicht“ seine humoristische Seite. Zum Lutherjahr versprach er „haarsträubende historische Erkenntnisse“ über Martin Luthers Herkunft. Als er im Jahr 2010 seine Pfarrstelle in Bayreuth antrat, habe er bei der Sanierung der Stadtkirche schuften müssen. Dabei fiel ihm ein Tagebuch in die Hände, das von einem gewissen Adam Teuffel stammen soll. Der müsse ein rechter Tunichtgut und Weiberheld gewesen sein. Nach eigener Darstellung hatte er ein Tete-a-Tete mit einer gewissen Gretl im thüringischen Möhra: „Könnte das Luthers Mutter Margarethe gewesen sein?“ fragte Schott. In diesem Stil ging es weiter: Biografische Daten des Reformators und echte Zitate ergänzte der Redner mit dem fiktiven Tagebuch des Herrn Teuffel. So könnte es gewesen sein – tatsächlich unterscheidet sich Martin Luther aber nach Schotts finaler Erkenntnis grundsätzlich von den Bayreuthern: „Er hat schließlich eine Revolution eingeleitet. Der Bareider aber mag’s am liebsten, wenn alles bleibt, wie es war.“ Kräftiger Applaus.

Das Promi-Geplauder: Einen Blick in ihr religiöses Leben gewährten in einer kurzen Gesprächsrunde Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler, Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe, Regionaldekan Josef Zerndl und Landrat Hermann Hübner. Breit-Keßler forderte: „Wir müssen Einstehen für unsere christlichen Überzeugungen.“ Ihr Lieblingssatz des Reformators lautet: „Wenn eine Stallmagd glaubt, dann merken es die Kühe.“ Soll heißen: Wer an Gott glaubt, strahlt diese Überzeugung aus. Brigitte Merk-Erbe sagte, der Glaube könne Sicherheit und Gelassenheit geben: „Das ist gerade in der Politik ganz wichtig.“ Die Bayreuther Stadtkirche sei „ein Stück Heimat“ für sie. Der katholische Regionaldekan Josef Zerndl lobte die Ökumene, die in Bayreuth „liebenswert gelebt“ werde. Den größten Applaus bekam er für seine Antwort, auf die Frage, was die katholische Kirche von den Protestanten lernen könnte: „Ich würde mich freuen, wenn sich das Priesteramt öffnen ließe, speziell für Frauen.“ Der Landrat sagte: „Ich nehme am Buß- und Bettag Urlaub, ich bin nicht bereit, mir diesen Feiertag von einer Pflegeversicherung nehmen zu lassen.“ Sein Lieblingszitat sei gerade für einen Politiker wichtig: „Frisch auf, tu’s Maul auf, hör’ bald auf!“

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