Zulieferer feiert 50-jähriges Bestehen Bayreuth: In fast jedem Auto ein Teil von Schlaeger

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Firma Schlaeger Kunsstofftechnik, Produktion. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Los ging es auf der grünen Wiese, in einer kleinen Halle wurden Kunststoffteile jeder Art gespritzt. 1965 hat Wolfgang Schläger die Firma Schlaeger-Kunststofftechnik gegründet. Bis heute ist daraus ein hochmodernes mittelständisches Unternehmen mitten im Bayreuther Industriegebiet Ost mit gut 400 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von rund 80 Millionen Euro geworden, das die Automobilindustrie mit Bauteilen für die Steuerung von Turboladern, Ventilen oder Einspritzungen beliefert.

 
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Ein paar der alten Teile aus der Anfangszeit gibt es noch. Anton Fuchs, der seit vergangenem Jahr zusammen mit seinem Mit-Geschäftsführer Ulrich Küchler die Mehrheit der Anteile an Schlaeger hält, kramt einen alten Schalter hervor, zeigt ein für Steiner Optik gefertigtes Fernglasgehäuse und sogar eine Spielzeugmaus. 20 Jahre lang produzierte die Firma solche Teile, bis 1985 erste Baugruppen entwickelt wurden – Kupferspulen, die mit Kunststoff umspritzt wurden und dann an die großen Autozulieferer gingen.

90 Millionen Teile im Jahr

Es hat sich viel getan seither, vor allem ist die Firma stetig gewachsen, immer mal wieder kam eine Halle dazu. Erst vor rund drei Jahren wurde die bislang letzte eingeweiht, die Nutzfläche damit auf 8000 Quadratmeter erweitert, auf rund 6600 davon wird produziert. „Wir fertigen etwa 40 verschiedene Serien-Produkte, aus denen sich rund 150 einzelne Varianten ergeben“, sagt Fertigungsleiter Uwe Triebel, und Fuchs ergänzt: „In unseren Produktionslinien dürften insgesamt rund 150 Maschinen stehen. Wir stellen mittlerweile pro Jahr rund 90 Millionen einzelne Teile her.“ 2016 soll das milliardste Teil in der Firmengeschichte gefertigt werden.

Hört sich nach einer rasanten Entwicklung an, doch Wachstum um des Wachstums willen will Fuchs nicht: „Natürlich wollen wir weiter wachsen, aber so wie wir das als inhabergeführter Mittelständler vertragen und verantworten können.“ Noch wichtiger als Wachstum seien Innovationsführerschaft und Qualität. Die Fehlerquote liege bei deutlich unter eins pro eine Million Teile. „Das ist immens wichtig, denn wenn eines unserer Teile versagt, dann bleibt das Auto stehen“, sagt Fuchs.

Kunden in aller Welt

In mindestens 80 Prozent der europäischen Autoproduktion steckt ein Teil von Schlaeger, sagt Fertigungsleiter Triebel, wobei die Bayreuther nicht an Daimler, Audi, BMW, VW oder Peugeot direkt liefern, sondern an die großen Zulieferer. Und somit gehören auch Hersteller in Asien wie Hyundai und Toyota sowie die „Big Three“, also GM, Chrysler und Ford in den USA zu den Kunden. Das komplizierteste Teil aber geht nach Brasilien - eine aus 17 Teilen bestehende und mit Kunststoff umspritzte Baugruppe für eine beheizte Ethanol-Einspritzung, die nur daumengroß ist.

Entwickelt werden solche Teile oft mit den Auftraggebern zusammen. „Die Kunden kommen mit Ideen, die entweder sehr konkret oder aber ganz offen sind. Entsprechend ist dann unser Anteil an der Entwicklung“, sagt Fuchs, betont aber: „Wir wollen kein Entwicklungsbüro sein, wir wollen am Ende auch die Serienfertigung nach Bayreuth holen.“

Minifabriken

Und die findet dann in sogenannten Minifabriken statt, organisatorischen Einheiten, die sich jeweils um eine Baugruppe kümmern – produziert wird im Dreischicht-Betrieb. Auch hier findet Entwicklung statt, vor allem Fortentwicklung - von manchen Baugruppen ist bereits die vierte Generation in der Fertigung. „Unsere Mitarbeiter übernehmen hier auch Verantwortung, können an der Entwicklung teilhaben - die Folge-Generation in die nächste Serie begleiten zu dürfen, ist für alle immer eine besondere Auszeichnung“, sagt Fuchs, der aber noch ein weiteres Erfolgsrezept nennt: „Unsere Minifabriken werden immer von einer Frau und einem Mann geleitet. Das hat sich bewährt, die haben ihren Laden im Griff.“

Spritspartechnik

Das gilt auch für die Technologie: Spulenwickeln, Umspritzen, Laserschweißen. „Wir schweißen Drähte, die so dick sind wie eine Fahrradspeiche und solche, die nur halb so dünn sind wie ein menschliches Haar“, sagt Fuchs, der übrigens dem Verbrennungsmotor im Fahrzeugbau noch ein ordentliches Stück Zukunft gibt. „20 Prozent mehr Effizienz und damit Sparsamkeit sind sicher noch drin. Und wir arbeiten mit unseren Produkten mit daran, die rauszukitzeln.“ Aber auch auf anderen Gebieten ist Schlaeger heute tätig. Eine Neuentwicklung sind zum Beispiel Gaseinspritzsysteme für Lokomotiven oder riesige Kreuzfahrtschiffe. „Das sind keine großen Stückzahlen, aber es unterstreicht unsere Kompetenz.“

Zukunftsfeld E-Mobilität

Und auch bei der E-Mobilität ist Schlaeger dabei. „Das geht jetzt langsam tatsächlich spürbar los, die Anfragen werden häufiger“, sagt Fuchs, der Bedenken, bei der Umstellung vom Verbrennungs- zum Elektromotor könne sein Unternehmen Probleme bekommen, gleich zerstreut. „Auch beim E-Motor geht es um Kupfer, Kunststoff und Stahl. Das ist genau unsere Kompetenz.“

Personal gesucht

Eine Zukunft, für die Schlaeger Personal braucht - und trotz einer Ausbildungsquote von elf Prozent  und dem Verbund mit der Ausbildungsfirma TBB - wird es schwerer, Facharbeiter zu finden. Hinzu kommt: Auch andere Unternehmen in der Umgebung locken. Was die Fluktuation in der relativ jungen Belegschaft zuletzt leicht erhöht hat. Umgerechnet 390 Vollzeitstellen bietet Schlaeger in Bayreuth derzeit. Weil aber vor allem Frauen in Teilzeit arbeiten, handelt es sich tatsächlich um 460 Mitarbeiter. Zu denen noch 45 in einem tschechischen Zweigwerk kommen, sagt Personalentwickler Stefan Günther.

Und was bringt die Zukunft? „Wir sind auch nach 50 Jahren gut aufgestellt und haben keine Angst vor den Herausforderungen der globalisierten Welt“, sagt Fuchs. Die Geschäfte laufen ordentlich, die Kunden platzieren langfristige Aufträge, was Schlaeger auch die Möglichkeit gibt, im Schnitt fünf Millionen Euro im Jahr zu investieren. In der 2012 eingeweihten Halle ist noch etwas Platz zur Erweiterung des Maschinenparks. Trotzdem wurde bereits ein weiteres angrenzendes Grundstück gekauft – denn Wachstum braucht mittelfristig weiteren Platz.

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