Selbst die Mitarbeiter sagen: Die Sanierung muss sein Bayreuth: Die Diakonie kämpft

Von Frank Schmälzle
Diakonie-Chef Franz Sedlak arbeitet an einem Sanierungskonzept. Foto: Archiv/Harbach Foto: red

Die Zeit drängt. In der nächsten Woche müssen die Verantwortlichen der Diakonie und Gutachter der Düsseldorfer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Curacon den Entwurf für ihr gemeinsames Sanierungskonzept fertig haben. Die Diakonie steckt in der Krise. Der Arbeitgeber von 1200 Beschäftigten und größter Wohlfahrtsverband in Bayreuth hat Liquiditätsprobleme. Die Mitarbeiter reagieren darauf in besonderer Weise: mit Verständnis dafür, dass es so nicht weiter gehen kann. Selbst wenn es weh tut.

 
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Warten. Das ist das einzige, was den Mitarbeitern derzeit bleibt. Vier Wochen wird es wohl dauern, bis aus dem Entwurf der Diakonie-Geschäftsführung und der Wirtschaftsprüfer ein fertiges Konzept wird. Dann beginnt die heiße Phase, sagen Mitarbeitervertreter. „Dann wissen wir, welche Einschnitte kommen sollen.“ Wenn das Konzept vorliegt, will die Mitarbeitervertretung die Zahlen prüfen lassen. Um auf Augenhöhe mit der Geschäftsführung verhandeln zu können.

Zuhören. In dieser Woche haben drei Versammlungen stattgefunden, bei denen Diakonie-Geschäftsführer Franz Sedlak mehr als 400 Mitarbeiter über die angespannte Lage informierte. „Natürlich machen sich die Kollegen Sorgen“, sagt Gisela Sachs-Hartmann von der Mitarbeitervertretung. Besonders groß sind die Sorgen bei den Beschäftigten der unteren Lohngruppen. Für sie hätten schon kleine Gehaltskürzungen große Wirkung. Und: Viele von ihnen haben noch einen zweiten Job, um über die Runden zu kommen. Viele haben auch ihren zweiten Arbeitsplatz bei der Diakonie. Sie wären also doppelt betroffen. „Da gibt es Existenzangst“, sagt Sachs-Hartmann. Aber das ist nicht das einzige, was Mitarbeiter bewegt. Sie machen sich Sorgen darüber, ob sie Menschen in Zukunft noch so helfen können, wie sie es jetzt tun.

Mittragen. Vielen, sagt Sachs-Hartmann, ist allerdings klar: Weiterwurschteln geht nicht. Gewurschtelt wurde viel zu lange. Spricht man mit Mitarbeitern, berichten sie von Seilschaften. Teure Stabsstellen seien entstanden, deren Sinn sich nicht erschließt. Die wohl vor allem dazu dienen sollten, Personen ein Auskommen zu sichern. Mitarbeiter berichten, dass Bilanzen nicht rechtzeitig vorlagen. Dass in den Einrichtungen nicht vernünftig gewirtschaftet werden konnte, weil es keine aktuellen Zahlen gab. Dass die Führungsqualitäten ganz oben in der Diakonie nicht ausreichten. Die Folgen haben die Mitarbeiter im Alltag zu spüren bekommen. Sachs-Hartmann sagt: „Ich bin seit 36 Jahren dabei. Und immer war Sparkurs.“ Eines ärgert sei besonders: Der inzwischen abgelöste Verwaltungsratsvorsitzende, Dekan Hans Peetz, hatte die Krise auch damit begründet, dass man in den vergangenen Jahren „aus dem Vollen schöpfen konnte“. Sachs-Hartmann: „Wir vor Ort haben nie aus dem Vollen geschöpft.“ Trotzdem sei die Identifikation der Mitarbeiter mit der Diakonie groß.

Handeln. Die Krise, sagt Mitarbeitervertreter Sebastian Lammel, hat auch ihr Gutes: Sie entfacht eine Diskussion um den Wert der sozialen Arbeit. „Die muss auch in der Politik geführt werden.“ Die ist keineswegs so weit weg, wie es klingen mag. Auf Ebene der Kommunen und des Bezirks entscheiden Politiker. Und sie haben Einfluss darauf, unter welchen Bedingungen die Diakonie Leistungen für sie erbringt. Ein Beispiel: In Oberbayern liegt der Tagessatz für einen Wohnheimplatz fast ein Drittel über dem in Oberfranken. Unterstützung erwarten sich Mitarbeiter der Diakonie Bayreuth auch von der Kirche. Die hat Notfonds. Und die Kirche hat Geld. Im vergangenen Jahr kletterte die Kirchensteuer deutschlandweit auf den Rekordstand von 5,2 Milliarden Euro. 4,8 Prozent mehr als 2013.

Klartext reden. „Ich habe den Mitarbeitern bei den Versammlungen in dieser Woche die Wahrheit gesagt“, sagt Geschäftsführer Franz Sedlak. Keine Zahlen, das darf er nicht. Aber den Ernst der Lage verdeutlicht. Und er habe ihnen gesagt: Die Diakonie zu zerschlagen oder Arbeitsbereiche mit dem Rasenmäher zu kappen, ist nicht das Ziel. „Was die Mitarbeiter in den vergangenen Jahren getan haben, war nicht schlecht. Schlecht war die Führung.“

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