Bauern zahlen für Schweine drauf

Von Heike Hampl
Der Schweinebauer Andreas Meyer aus Zips. Er sagt: Landwirte, die in guten Zeiten kein Geld zurückgelegt haben, haben jetzt ein Problem. Denn pro Kilo kostet ein lebendiges Schwein gerade etwas mehr als einen Euro. Foto: Ralf Münch Foto: red

Schweinefleisch ist billig - ein Kilo lebendiges Schwein kostet rund einen Euro. Schweinebauern geraten unter Druck, manche überleben nur mit Hilfe ihrer Bank. Die Verbraucher könnten den Landwirten helfen.

 
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Es liegt an Russland und der Europäischen Union. Die EU bestraft Russland für die Annektion der Halbinsel Krim mit einem Embargo. Darunter leiden nicht nur die Russen, sondern auch heimische Produzenten. Zum Beispiel die Schweinebauern.

"Es tut weh"

"Russland war ein großer Markt, der weggebrochen ist. Jetzt ist der Markt in Deutschland übersättigt", sagt Harald Köppel vom Bauernverband in Bayreuth. Es gibt zu viel Schweinefleisch - zum Spottpreis. War ein Kilo lebendes Schwein im Jahr 2012 noch 1,90 Euro wert, sind es jetzt gerade noch 1,31 Euro. Der Preis schwankt stark: Vor Kurzem lag er nur bei 1,16 Euro. Dass der Preis für Schweinefleisch instabil ist, das sind die Erzeuger gewohnt. "Aber gerade tut es richtig weh", sagt Rüdiger Wintersperger vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Coburg. Was beim Kilopreis nur nach ein paar Cent aussehe, bringe Betriebe schnell an den Rand der Wirtschaftlichkeit.

Bauern zahlen drauf

Andreas Meyer ist Schweinebauer. Er mästet die Ferkel, die die 360 Muttersauen seiner Schwester zur Welt gebracht haben. 6500 Mastschweine verlassen jährlich den Hof in Zips bei Pegnitz. "Wenn wir in guten Jahren nichts zurückgelegt hätten, hätten wir ein Problem", sagt Meyer. Bei ihm bleiben Ferkelproduktion und Mast in der Familie. Ein Vorteil, sagt Meyer. Viele Schweinebauern können aktuell nur mit Hilfe ihrer Bank überleben. "Mit jedem Ferkel, das die Erzeuger verkaufen, zahlen sie drauf", sagt Köppel vom Bauernverband. Ein Ferkel, das 30 Kilo wiegt, bringt zur Zeit 30 Euro. Dabei hat der Bauer dann bereits 40 bis 45 Euro in das Tier investiert.

Unflexibel

Das Problem: Landwirte können nicht so flexibel reagieren wie die Industrie. "In einer Autofabrik stellen Sie in so einem Fall auf Kurzarbeit um", sagt Köppel. "Aber die Schweine sind da und brauchen Betreuung." Egal, was sie wert sind. Bis ein neuer Schweinestall sich rechnet, muss der Landwirt ihn im Schnitt 20 Jahre betreiben.

Russland? Vergangenheit!

Beendet die EU ihr Embargo gegen Russland, könnten die Schweinebauern auch wieder exportieren. Theoretisch. Denn: Russland hat in der Zwischenzeit selbst seine Schweinebauern subventioniert. Deswegen rechnen Experten wie Wintersperger nicht damit, dass der russische Markt für deutsche Bauern überhaupt wieder interessant wird. "Die Landwirte zahlen die Zeche für Putins Aktionen auf der Krim", sagt auch Köppel. Er kritisiert die EU dafür, dass sie die Schweinebauern alleine lässt und keine finanzielle Unterstützung leistet.

Hilfe von Verbrauchern

Der Verbraucher steht als Letzter in dieser Reihe an Problemen. "Der Handel nutzt die Situation schamlos aus", sagt Köppel. Ein Kilo zerlegtes Schwein zum Ramsch-Preis von 1,99 Euro, keine Seltenheit an der Supermarkt-Theke. Landwirt Meyer hat Verständnis für die, die günstig im Supermarkt kaufen. "Klar, da krieg ich alles. Ich bin selbst auch Verbraucher, ich weiß, dass das bequem ist." Trotzdem, sagt Meyer, die Verbraucher hätten die Wahl. Sie entscheiden, wie viel ihnen Fleisch wert ist.

Metzger und Vermarkter

40 Prozent seiner Schweine verkauft Meyer an Metzger aus der Region. Die zahlen mehr und holen die Schweine selber ab - "aber dafür verlangen sie die schönsten Tiere". Die restlichen 60 Prozent landen im Schlachthof und so auch in den Regalen der Discounter. "Wer beim Direktvermarkter kauft oder beim Metzger aus eigener Schlachtung, der hilft uns", sagt Meyer. Dem pflichtet Wintersperger vom Landwirtschaftsamt bei: "Supermärkte werben mit Tierwohl und verramschen das Fleisch. Das darf so nicht weitergehen."

Werfen sie hier einen Blick in den Fleischatlas 2016, der jüngst erschien.

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