Bauer heizt Dorf mit Biogas

Von Petra Jacob-Sachs
Stolz auf seine Biogasanlage: Landwirt Bernd Ruckdeschel aus Wundenbach bei Gefrees. Foto: Petra Jacob-Sachs Foto: red

Ein scharfer Wind weht um den Hof von Bernd Ruckdeschel in Wundenbach bei Gefrees. Zudem ist es bitterkalt. Bei so einem Wetter möchte man sich am liebsten in eine warme Stube verkriechen. In eine wie bei Familie Ruckdeschel. „Wir hätten es lange nicht so warm, gäbe es unsere Biogasanlage nicht“, verrät der junge Landwirt.

 
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Nicht nur ihm und seiner Familie – er lebt mit Frau, zwei Töchtern und seinen Eltern in einem dreistöckigen Haus – kommt die Produktion von Wärme mithilfe einer Biogasanlage zugute, sondern auch all seinen Nachbarn. Zehn der zwölf Haushalte im Dorf Wundenbach heizt der junge Landwirt in den kalten Wintertagen die Stuben ein.

Zuerst braucht es Gülle

Über den Bauplan der Biogasanlage gebeugt, erklärt der Jungbauer, wie so etwas geht: „Damit so eine Biogasanlage in die Gänge kommt, braucht es zuallererst Gülle“. Die wird im Fall der Biogasanlage Ruckdeschel von 60 Milchkühen produziert – sie stehen im Stall gegenüber dem Wohnhaus. Was die Tiere ausscheiden, sammelt sich zuallererst in einer Grube. Dazu kommen Regenwasser und der Sickersaft von Silage, also zum Beispiel durch Konservierung haltbar gemachtes Gras oder Mais. Diese Masse läuft in den ,Fermenter’, so nennt sich der erste von drei Tanks, aus der die Biogasanlage besteht. Dort kommen Silage und ganze Pflanzen hinzu.

Leider kommt auch Getreide rein

Dazu gehören Gras, Raps, Mais, aber auch Getreide, wie zum Beispiel Roggen und Triticale. Das Getreide wird bereits „in der sogenannten Milchreife geschnitten“, erklärt der junge Landwirt. Dann, wenn das Korn noch hell und noch lange nicht ausgereift ist, aber die Pflanze sehr viel Biomasse hat. Natürlich tut es ihm leid, dass auch Getreide in die Biogasanlage wandert. Doch für sein Futtergetreide gibt es im Moment keine bessere Verwendung, „es hat keinen Wert mehr auf dem Markt“, bedauert er.

150 Tage Gärung

Die Biogasanlage der Ruckdeschels befindet sich hinter dem Wohnhaus den Hügel hoch. Im ersten Rundtank – dem Fermenter – geschieht die Hauptarbeit. Hier bleibt die Biomasse 150 Tage lang und vergärt fast vollkommen. Das passiert nach einem natürlichen Prinzip. Im Tank ist es warm und feucht, er ist luft- und lichtdicht abgeschlossen – ideale Bedingungen für Mikroorganismen, um die Biomasse zu zersetzen. Es entstehen gasförmige Stoffe wie Methan und Kohlendioxid – das sogenannte Biogas. Es steigt in den Tanks hoch, daher auch wirken die mit grünen Folien bedeckten Tanks oft wie aufgebläht. Unter diesen Folienhauben sammelt sich das Biogas und wird bei Bedarf über Leitungen ausgeleitet, im Falle Wundenbachs in ein Blockheizkraftwerk.

Abwärme heizt Stuben

Dort wird es mithilfe von Verbrennungsmotoren und Generatoren in Energie umgewandelt. Die Abwärme beheizt den Wundenbacher Bürgern die Stuben, das Feuerwehrhaus, die Hackschnitzeltrocknung und Werkstatt des Lohnunternehmens, das Bernd Ruckdeschel betreibt. Fast ein Drittel der Abwärme kommt wieder zurück zur Biogasanlage, und wird für die Beheizung der Tanks benötigt. Der vom Blockheizkraftwerk zusätzlich erzeugte Strom wird in das Stromnetz der Bayernwerk AG eingespeist. Die in der Biogasanlage nicht weiter zersetzbaren Reststoffe kommen wieder als hochwertiger Dünger aufs Feld.

"Ein gutes Gefühl"

Im Grunde ein famoses Prinzip eines Stoffkreislaufs. „Ja, es ist schon ein gutes Gefühl, Energie für mein Dorf zu produzieren“, sagt Bernd Ruckdeschel Aber im Moment mache es keinen Spaß, Landwirt zu sein, bedauert er, „ständig wird man in den Medien angegriffen“. Auch würden Verordnungen und Bürokratie zunehmen. Dabei müsse er als Landwirt oft zwanzig Jahre vorausplanen. „Dabei gibt mir keiner eine Garantie, dass meine Investitionen von heute in zwanzig Jahren noch gefragt sind.“ 

Kritik am Maisanbau

Zur Zeit ist der Maisanbau im Kreuzfeuer der Kritik. „Dabei ist der Anteil an Mais in Biogasanlagen in den Landkreisen Hof und Bayreuth auf nicht mehr als 20 Prozent beschränkt,“ sagt Ruckdeschel. Bei aller Kritik, dürfe man die Vorteile des Mais’ nicht vergessen. Die Kulturpflanze kann das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) effektiver als andere in pflanzliche Biomasse umwandeln, und braucht dabei so wenig Wasser wie kaum eine andere Pflanze. Und das komme den inzwischen – durch die Klimaveränderung verursachten – langen Dürreperioden während der Vegetation sehr zugute.

Biobatterie auf dem Hof

Von offizieller Seit heißt es, Biogasanlagen seien die ideale Ergänzung in der Nutzung von nicht-fossilen Energiequellen, in Verbindung mit Photovoltaik und Windkraft. Dem stimmt Bernd Ruckdeschel zu. Denn wenn der Wind mal nicht weht, oder die Sonne mal nicht scheint, dann hat die Stunde der Biogasanlage geschlagen. Biogas kann so lange gespeichert werden, bis es gebraucht wird. Zudem steht auf seinem Hof das in Silos gelagerte Pflanzenmaterial für den Einsatz in der Biogasanlage wie eine große „Biobatterie“ zur Verfügung. „Ein typischer Haushalt in Wundenbach braucht zwischen 25.000 und 28.000 Kilowatt Energie im Jahr, sagt der Jungbauer. Die Biogasanlage der Familie Ruckdeschel hat eine Leistung von 350 kW. „Wird es kälter und mehr geheizt, dann schalte ich einfach die Trocknung meiner Hackschnitzelanlage aus – und es ist gut.“

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