BAT: Feier soll ein Zeichen setzen

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BAT-Werksleiter Erik de Vries sprach vor einem vollen Herzogkeller. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Irgendwie war es eine seltsame Veranstaltung: 60 Jahre BAT wurden gestern im gut gefüllten Herzogkeller gefeiert. Und das fast auf den Tag genau 16 Monate nach der Horrornachricht, dass rund 950 Mitarbeiter der Zigarettenfabrik ihren Job verlieren werden. Doch es ging wohl auch darum zu zeigen: Wir sind immer noch da.

 
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Gut 800 der ursprünglich mehr als 1300 Mitarbeiter arbeiten derzeit noch im Bayreuther BAT-Werk. Doch zum Jahreswechsel und dann im ersten Halbjahr 2018 wird sich diese Zahl nochmals mehr als halbieren, sagte Paul Walberer dem Kurier. Doch das heißt für den Betriebsratsvorsitzenden auch: „Knapp 400 gute Jobs bleiben bestehen.“ Auch um für diese ein Zeichen zu setzen, sei die Feier gedacht, die der Betriebsrat initiiert habe, obwohl es in der Belegschaft geteilte Meinungen dazu gab. Immerhin war der Herzogkeller gut gefüllt, neben Mitarbeitern auch mit vielen Ex-Führungskräften.

„Krasse Fehlentscheidung des Managements"

In seiner Rede betonte Walberer dann: „Hier in Bayreuth wurde 60 Jahre lang tolle Arbeit geleistet. Wir haben das Recht, diese 60 Jahre zu begehen.“ Die Teilschließung nannte er eine „krasse Fehlentscheidung des Managements. Das beste Pferd im Stall schlachtet man nicht.“

Innovationsschmiede des Konzerns

Außerdem pflichtete er Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe bei, die an die versammelte BAT-Führungsriege appellierte, den Standort vor allem als Innovationsschmiede des Konzerns zu erhalten. Die Entscheidung zur Verlagerung der Zigarettenproduktion nach Osteuropa sei „schmerzlich und vor alle unverständlich“ gewesen, „weil der Standort profitabel ist und besonders motivierte Mitarbeiter hat“.

Später wieder Mitarbeiterzuwachs?

Wo der Weg für Bayreuth hingehen könnte, zeigte Thomas Petschenig auf, der das hiesige Forschungs- und Innovationszentrum namens Product Center Europe leitet. Viele Neuentwicklungen seien in den 21 Jahren des Bestehens von dieser Einheit ausgegangen, man arbeite eng mit den anderen Konzernstandorten zusammen. Auch sein Bereich habe sich wie das gesamte Werk einer strategischen Überprüfung unterziehen müssen. Mit dem Ergebnis, dass sich an der Struktur erst mal nichts ändere. Wie Werksleiter Erik de Vries stellte er sogar in den Raum, dass man später auch wieder an einen Mitarbeiterzuwachs denken könne.

Kopfschütteln und fragende Gesichter

Als BAT-Deutschlandchef Ralf Wittenberg dann den Standort Bayreuth für 60 Jahre „tolle Arbeit“ lobte, gab es im Saal viel Kopfschütteln und fragende Gesichter. Rund 300 Gäste waren gekommen, viele hatten aber auch abgesagt – aus Solidarität mit denen, die ihren Job verloren haben oder noch verlieren werden. Es hatte Diskussionen gegeben in der Belegschaft. Und die gab es auch im Saal. „Das sind ja schöne Reden, dass wir so gut sind. Aber warum wird dann die Produktion geschlossen?“, fragte einer, der sich bald einen neuen Job suchen muss. Sein Gegenüber, dessen Arbeitsplatz vorerst sicher scheint, sagte: „Es geht nur ums Geld. Wenn die Konzernleitung in London in zwei Jahren entscheidet, Bayreuth ganz dicht zu machen, dann können die hier machen, was sie wollen.“

Vielleicht brachte die Begrüßung des ehemaligen Deutschlandchefs Ad Schenk durch Ex-Betriebsratschef Egon Maisel die Stimmung am besten auf den Punkt: „Wir hatten damals gute Zeiten, aber die sind leider vorbei.“

BAT in Bayreuth

1957: Die British American Tobacco nimmt im neuen Werk in Bayreuth den Betrieb auf. Mit 233 Mitarbeitern beginnt die Produktion.

1987: Erstmals wird in Bayreuth gezittert: Schließung oder Erweiterung? Der Konzern entscheidet sich für die Modernisierung, dafür schließt ein Jahr später ein Werk in Schleswig-Holstein.

1996: Das Bayreuther Werk bekommt ein neues Technologie- und Entwicklungszentrum, in das die Bereiche Forschung, Entwicklung und Qualität einziehen.

1999: Nach der Übernahme der Produktion aus dem geschlossenen Werk Berlin-Spandau feiert das erweiterte Werk Eröffnung. Jetzt arbeiten gut 1000 Menschen bei BAT in Bayreuth.

2006: Wieder droht die Schließung, wieder entscheidet sich der Konzern für den Standort Bayreuth. Dafür wird ein niederländisches Werk geschlossen.

2011: Ein Rekordjahr. In Bayreuth produziert die BAT 53,1 Milliarden Zigaretten. Das Werk ist der größte Standort des Unternehmens weltweit.

2012: Baubeginn für die neue Produktionsstätte, die 46 Millionen Euro kostet. Dort wird Rohtabak mit Kohlendioxid gefroren und schockgetrocknet.

2014: Die BAT kündigt einen Stellenabbau an. Bis Mitte 2016 sollen 80 von 1400 Stellen im Werk wegfallen.

2016: Der Schock. Mitte Juli erfahren die BAT-Mitarbeiter, dass die Produktion von Zigaretten sowie sogenannter Halbfertigwaren bis Ende 2017 beziehungsweise Mitte 2018 komplett wegfällt. 950 Mitarbeiter sollen ihren Job verlieren, gut 370 bleiben dürfen. In den folgenden Wochen handeln Gewerkschaft und Betriebsrat mit dem Konzern einen Sozialplan aus, unterstützt werden sie von massiven Aktionen der Mitarbeiter. Am Ende zeigen sich die Arbeitnehmervertreter mit dem erreichten Paket aus Vorruhestandsregelungen, Abfindungen und Transfergesellschaft zufrieden.

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