Die insgesamt geplanten 100 000 Aufnahmeplätze entlang der Balkanroute dürften nicht nur auf dem Papier stehen und Gefahr laufen, ein ähnliches Schicksal zu erleiden wie der letzte EU-Beschluss über die Verteilung von 120 000 Flüchtlingen auf die Mitgliedsstaaten, sagte Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) im Südwestrundfunk. Von diesen seien schließlich bislang erst 900 tatsächlich auf diese Weise untergebracht worden.
Die Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Europaparlament, Rebecca Harms, mahnte, am Ende müssten die Ankömmlinge in Europa verteilt werden. «Die Zustände entlang der Balkan-Route wie in Ungarn sind unhaltbar und unmenschlich. Die Europäer müssen sich dafür schämen.»
Das Brüsseler Treffen war in angespannter Atmosphäre verlaufen. Die Teilnehmer hätten erst einmal «Dampf abgelassen», hieß es am Tag danach.
Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn sagte zum Ablauf im ZDF-«Morgenmagazin»: «Die erste Halbzeit war zum Teil unzumutbar. Man hat Uneuropäisches gehört.» Einigen Ländern am Tisch sei es mehr darum gegangen, was man tun müsse, um sich abzuschotten, statt sich den Herausforderungen zu stellen. «Das Problem ist ja, mit solchen Einstellungen gewinnt man Wahlen.» Die zweite Halbzeit des Treffens sei «rationaler» und «europäischer» gewesen, schilderte Asselborn.
Doch der offene Austausch konnte die Risse offenbar nicht kitten: Kroatien machte Slowenien weiter Vorhaltungen. Slowenien sei immer noch schlecht organisiert und zu langsam beim Weitertransport Tausender Flüchtlinge nach Österreich und Deutschland, sagte der kroatische Innenminister Ranko Ostojic der wichtigsten slowenischen Zeitung «Delo» (Montag). Kroatien beantragte am Montag auch materielle Unterstützung wie Zelte, Decken und Schlafsäcke für die Versorgung der Flüchtlinge.
An dem Treffen hatten acht Staats- und Regierungschefs aus der Europäischen Union teilgenommen, darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel. Hinzu kamen Spitzenpolitiker aus Albanien, Mazedonien und Serbien. Diese elf Länder konnten sich auf eine gemeinsame Erklärung einigen. Luxemburg und die Niederlande waren als aktuelle und kommende EU-Ratspräsidentschaft mit Ministern vertreten.
dpa