Balkanstaaten: Flüchtlingsströme bremsen

Zoff erneut in Brüssel: Balkanstaaten wollen Flüchltingsströme begrenzen. Archivfoto: Tom Wunderlich/dpa Foto: red

Zerstrittene Nachbarn an einem Tisch. Das war die Grundidee des Brüsseler Treffens zum Flüchtlingschaos auf dem Balkan. Ein Stück weit rauften sich die Staaten zusammen.

 
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Bessere Grenzkontrollen, Unterkünfte für bis zu 100.000 Flüchtlinge und mehr Absprachen untereinander: So wollen die Europäer die Flüchtlingsströme entlang der Westbalkanroute in den Griff bekommen. Außerdem sollen in Slowenien, das mit dem Ansturm auf seine Grenze völlig überfordert ist, innerhalb einer Woche 400 zusätzliche Polizisten den Dienst aufnehmen. Darauf haben sich Deutschland und zehn weitere Länder bei einem Krisentreffen am späten Sonntagabend in Brüssel verständigt.

Diese Vereinbarungen könnten indes allenfalls ein «Baustein» für eine Lösung sein, mahnte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) noch in der Nacht. Ihr Parteifreund und Kanzleramtschef Peter Altmaier sagte im ZDF-«Morgenmagazin»: «Das ist ein erster Schritt, der zeigt, dass es Länder gibt, die eine gemeinsame Verantwortung anerkennen», sagte der Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung im ZDF-«Morgenmagazin».

«Nachbarn entlang der Route sollten zusammenarbeiten», hieß es in einer gemeinsamen Abschlusserklärung. Doch auch am Montag gingen die gegenseitigen Schuldzuweisungen weiter.

Griechenland will bis Ende des Jahres 30.000 Plätze zur Aufnahme von Flüchtlingen bereitstellen, ein Drittel davon gibt es laut EU-Kommission schon. Mindestens 20 000 weitere sollen später folgen. Weitere 50 000 Plätze sind in der Region sind vorgesehen. Wo sie entstehen sollten, war vorerst unklar.

Wie die geplante Unterbringung von bis zu 50.000 Flüchtlingen in Griechenland laufen soll, war am Montag ebenfalls unklar. «Ein Monster-Lager für 50.000 Menschen wird es nicht geben», sagte der für Migration zuständige Vizeminister Ioannis Mouzalas dem griechischen Nachrichtensender «Vima FM». 20.000 Menschen sollten in Wohnungen untergebracht werden. Die Mieten dafür sollten vom UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) gezahlt werden, sagte Mouzalas.

Die insgesamt geplanten 100 000 Aufnahmeplätze entlang der Balkanroute dürften nicht nur auf dem Papier stehen und Gefahr laufen, ein ähnliches Schicksal zu erleiden wie der letzte EU-Beschluss über die Verteilung von 120 000 Flüchtlingen auf die Mitgliedsstaaten, sagte Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) im Südwestrundfunk. Von diesen seien schließlich bislang erst 900 tatsächlich auf diese Weise untergebracht worden.

Die Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Europaparlament, Rebecca Harms, mahnte, am Ende müssten die Ankömmlinge in Europa verteilt werden. «Die Zustände entlang der Balkan-Route wie in Ungarn sind unhaltbar und unmenschlich. Die Europäer müssen sich dafür schämen.»

Das Brüsseler Treffen war in angespannter Atmosphäre verlaufen. Die Teilnehmer hätten erst einmal «Dampf abgelassen», hieß es am Tag danach.

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn sagte zum Ablauf im ZDF-«Morgenmagazin»: «Die erste Halbzeit war zum Teil unzumutbar. Man hat Uneuropäisches gehört.» Einigen Ländern am Tisch sei es mehr darum gegangen, was man tun müsse, um sich abzuschotten, statt sich den Herausforderungen zu stellen. «Das Problem ist ja, mit solchen Einstellungen gewinnt man Wahlen.» Die zweite Halbzeit des Treffens sei «rationaler» und «europäischer» gewesen, schilderte Asselborn.

Doch der offene Austausch konnte die Risse offenbar nicht kitten: Kroatien machte Slowenien weiter Vorhaltungen. Slowenien sei immer noch schlecht organisiert und zu langsam beim Weitertransport Tausender Flüchtlinge nach Österreich und Deutschland, sagte der kroatische Innenminister Ranko Ostojic der wichtigsten slowenischen Zeitung «Delo» (Montag). Kroatien beantragte am Montag auch materielle Unterstützung wie Zelte, Decken und Schlafsäcke für die Versorgung der Flüchtlinge.

An dem Treffen hatten acht Staats- und Regierungschefs aus der Europäischen Union teilgenommen, darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel. Hinzu kamen Spitzenpolitiker aus Albanien, Mazedonien und Serbien. Diese elf Länder konnten sich auf eine gemeinsame Erklärung einigen. Luxemburg und die Niederlande waren als aktuelle und kommende EU-Ratspräsidentschaft mit Ministern vertreten.

dpa

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