Jahre nach Kanalsanierung müssen Eigentümer für die Straße mitzahlen Straßenausbaubeitrag in Bad Berneck: Böses Erwachen für Anlieger

Von Andreas Gewinner und Harald Judas
Neuer Kanal, neue Straße: Grundeigentümer an der Carl-Thiesen-Straße (Bild) und anderen Straßen in der Blumenau müssen nun nachträglich Beiträge zum Straßenbau zahlen. Der Bayerische Rechnungsprüfungsverband hat eine anderslautende Einschätzung des Landratsamtes kassiert. Hauptbetroffener ist die Gewog Bad Berneck. Foto: 
Andreas Gewinner Foto: red

Böses Erwachen für viele Anwohner in der Blumenau: Bei den Kanalsanierungen, die mehrere Jahre zurückreichen, müssen die Grundeigentümer nachträglich auch für die Straße zahlen. Stadt und Landratsamt hatten die Sache noch anders gesehen. Der Grund: die Straßenausbaubeitragssatzung.

 
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Worum geht es? Bei den Kanalbaumaßnahmen rund um die Carl-Thiesen-Straße hatte das Landratsamt 2008 schriftlich mitgeteilt, dass keine Straßenausbaubeitragspflicht entsteht. Die wurde 2003 in Bad Berneck eingeführt. Doch nun vertritt der Bayerische Kommunale Prüfungsverband die gegenteilige Ansicht und fordert die Stadt auf, Beiträge nachzuerheben. Und zwar für die Baumaßnahme Carl-Thiesen-Straße, zu der auch Gottliebsthalstraße, Falkenhausweg, Austraße, Goetheweg, ein Teil der Gartenstraße, Gerhart-Hauptmann-Weg und Westendstraße gehörten.

Ein Kanal liegt üblicherweise in der Straße. Und bei der Sanierung wurde immer auch zumindest ein Teil der Straße erneuert. Wo die Baugrube fast so breit wie die Straße war, wurde auch die ganze Straße erneuert. Die Stadt hat sich dabei bemüht, unterhalb der Standards zu bleiben, ab denen die Straßenausbaubeitragssatzung (SABS) greift, wie Ausbautiefe oder -länge im Verhältnis zur Gesamtstraßenlänge.

Insofern ist der vorliegende Fall auch ein Schulbeispiel dafür, wie beschränkt der Spielraum einer Kommune ist, wenn sie ihren Bürgern die Anwendung einer geltenden Straßenausbaubeitragssatzung ersparen will. Und dass einen die Realität auch noch nach vielen Jahren einholen kann.

Wer hätte nach bisherigem Stand gezahlt? Alle Bad Bernecker, die Abwassergebühr zahlen. Die Straßenbaukosten hätte die Stadt den Kanalbaukosten zugeschlagen. Und die Abwasserinvestitionen wurden in Bad Berneck bisher rein über die Gebühren abfinanziert. Erst wenn die Kläranlage erneuert wird, sollen auch Verbesserungsbeiträge erhoben werden. Bezahlt hätte auch die Stadt, nämlich den 25-prozentigen Straßenentwässerungsanteil.

Wer müsste nun zusätzlich zahlen? Zunächst die Eigentümer an den genannten Straßen – relativ mehr, wenn es reine Stich- und Erschließungsstraßen sind, relativ weniger die Anlieger an Straßen mit Durchgangsverkehr.

Wer würde gewinnen bei der neuen Maßgabe? Im Prinzip alle Bürger, weil weniger Kosten, nämlich die Straßenbaukosten, auf der Abwasserkostenseite anfallen würden. Gewinnen würde auch die Stadt. Denn der städtische Entwässerungsanteil würde ebenfalls zum Teil auf die Anlieger umgelegt.

Die Eigentümer: Hauptbetroffener ist die Gewog Bad Berneck. „Ich bin immer der größte Anschließer“, sagt deren geschäftsführendes Vorstandsmitglied Roland Schramm. Schramm hat bereits angefangen, Rückstellungen über 1,5 Millionen Euro für die künftige Kläranlagenerneuerung zu bilden. Und jetzt auch noch Beiträge für die Straße? „Na schönen Dank“, sagt Schramm. Der gleichzeitig ausschließt, dass deswegen die Mieten der Gewog-Mieter steigen.

Was kommt auf die Eigentümer zu? Derzeit unmöglich zu sagen. Was auch daran liegt, dass die Situation von Straße zu Straße verschieden ist. Da, wo wirklich nur ein Graben in der Straße geöffnet und wieder verschlossen wurde, greift die SABS nicht. Wenn aber zum Beispiel ein Gehsteig erneuert oder neue Straßenlaternen aufgestellt wurden, greift die Beitragspflicht. Und mit dem jeweiligen Anteil am städtischen Entwässerungsanteil dürfte wohl jeder anliegende Eigentümer betroffen sein.

Wie geht es weiter? Die Stadt will sich mit der rückwirkenden Änderung nicht zufriedengeben. Und will sich auf einmal schriftlich gegebene Aussagen wie die des Landratsamtes von 2008 verlassen können. „Auf was sollen wir uns sonst verlassen?“, so Bürgermeister Jürgen Zinnert. Außerdem soll voraussichtlich im Juli eine Versammlung für die betroffenen Bürger stattfinden.

Was bedeutet das für seitherige, laufende und künftige Kanalarbeiten? Seit der Blumenau wurden oder werden in der Hammerstraße, Goldmühl, Heinersreuther Weg, Schmelz und Ringstraße in Escherlich die Kanäle erneuert. Hier wird jedenfalls die vom Bayerischen Prüfungsverband vertretene Meinung zur Geltung kommen. Und die SABS Anwendung finden.

Mit dem Reizthema SABS hat sich der Nordbayerische Kurier schon ausführlich befasst. Alles, was man zum Thema wissen muss, finden Sie hier.

Und hier erklären wir im Video die Straßenausbaubeitragssatzung mit Playmobil in zwei Minuten:

Bilder