Bäcker arbeiten fast rund um die Uhr

Von Sonny Adam
Innungsobermeister Ralf Groß (links) kennt noch die Zeiten, als nachts nicht gebacken werden durfte. Als vor 20 Jahren das Nachtbackverbot aufgehoben wurde, begann auch in seiner Bäckerei der „Arbeitstag“ schon um kurz vor Mitternacht. Sohn Sebastian Groß (rechts) kennt das Nachtbackverbot nur aus Schilderungen seines Vaters. ⋌Foto: Sonny Adam Foto: red

Arbeiten, wenn andere schlafen: Vor 20 Jahren ist in Deutschland das Nachtbackverbot aufgehoben worden. Seitdem arbeiten die Bäcker vor allem nachts. „Alle Gesetze, die die kleinen Handwerksbetriebe geschützt haben, sind weggefallen“, klagt Innungsobermeister Ralf Groß.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Wenn andere Leute Feierabend haben oder gemütlich vor dem Fernseher sitzen, dann stehen die Kulmbacher Bäcker in der Backstube und bereiten Teig für Brötchen, Hörnchen, Brot und andere Produkte zu. Vor 20 Jahren ist das Nachtbackverbot gefallen, erinnert sich Innungsobermeister Ralf Groß. Tatsächlich hatte das Nachtbackverbot in Deutschland lange Bestand. Es geht auf eine Entscheidung des Bundesrates vom 5. Januar 1915 zurück. Damals wurde festgelegt, dass Bäcker zwischen 19 Uhr und 7 Uhr nicht arbeiten durften. Nicht einmal die Vorbereitung des Teiges war erlaubt. 1934 wurde die Arbeitszeit auf frühestens vier Uhr morgens festgelegt. Aus sozialpolitischen Gründen bestätigte das Bundesverfassungsgericht 1968 noch einmal das Nachtbackverbot und legte fest, dass jegliche Tätigkeit, die der Herstellung von Brot, Brötchen oder Backwaren dient, zwischen 22 Uhr und 4 Uhr nicht ausgeübt werden darf. Und vor 5.45 Uhr durften Backwaren auch nicht ausgeliefert werden.

Um 7 Uhr geöffnet

„Ich erinnere mich noch sehr genau an diese Zeiten. Die Innungsmeister pochten sogar darauf, dass das Nachtbackverbot von der Polizei kontrolliert wird“, erzählt Groß. „Wir haben damals auch erst um 7 Uhr die Läden aufgemacht. Morgens hat es damals – und das ist noch gar nicht so lange her – noch keine Brötchen gegeben.“ Brot kam erst mittags in die Läden. „Aber dann sind alle Gesetze, die uns kleine Betriebe geschützt haben, aufgehoben worden. Dass wir Brot erst mittags anbieten, wäre heute undenkbar. Und eine Bäckerei, die am frühen Morgen keine Brötchen, Croissants und anderes Gebäck im Sortiment hätte, wäre ebenfalls dem Untergang geweiht. Um spätestens halb zehn Uhr ist das Brot in allen Filialen, Brötchen, Croissants und anderes Gebäck schon früher. Manche fragen sogar schon um 6 Uhr nach Torten“, erklärt der Innungsmeister und gibt offen zu, dass die Zeiten früher „schöner“ waren. „Früher hat es auch beim Discounter nur Brot gegeben, keine Brötchen“, sagt Groß.

In Etappen schlafen

Die Bäckerei Groß, die in Kulmbach und Umgebung fünf Filialen betreibt und seit einigen Monaten zentral in Weiher backt, hat sich längst auf die neuen Zeiten eingestellt. „Ich kenne das Nachtbackverbot gar nicht mehr. Ich habe schon immer mitten in der Nacht angefangen zu arbeiten“, sagt der Juniorchef der Bäckerei Sebastian Groß (28). „Ich erinnere mich nur noch an Zeiten, als wir um 1 Uhr angefangen haben. Aber das geht nicht mehr, sonst werden wir früh nicht fertig“, sagt er. Persönlich hält es der Junior wie der Vater. Mittags um 14 Uhr ist Schlafenszeit. „Aber nur bis die Kinder vom Kindergarten kommen. Ich lege mich dann noch einmal um 20 Uhr hin bis um 23 Uhr. Dann gehe ich auf die Arbeit“, sagt Groß junior.

Ärger mit einem Anwohner

Schon am Vorabend beginnt für Bäcker Fritz Dumler und sein Team die Arbeit. „Wir fangen abends um 18 Uhr an und backen bis 10 Uhr. Dann ist Schluss“, sagt Dumler. Dumler hat acht Filialen und beschäftigt 15 Bäcker. „Wir hatten in unseren besten Zeiten bis zu 50 Leute“, sagt Dumler. Auch er bestätigt tiefgreifende Veränderungen in den vergangenen Jahren. „Früher haben wir um halb fünf Uhr ausgefahren, das ginge gar nicht mehr. Heute fahren wir unsere Waren um 3 Uhr weg. Wir beliefern Seniorenheime und Krankenhäuser, Restaurants, und jeder will morgens frische Brötchen. Das gehört einfach als Selbstverständlichkeit dazu“, sagt Dumler. Persönlich haben dem Bäcker, der seine Zentrale in Kupferberg hat, diese Veränderungen schon jede Menge Ärger mit einem Anwohner eingebracht. Doch Dumler ist zuversichtlich, dass er diese Querelen in Griff bekommt. Schließlich könne er die Gesetze nicht ändern. Und natürlich sei die Nachtarbeit auch lärmtechnisch genau geregelt.

Bilder