Ausstellung über Crystal Meth

Von Andreas Gewinner
Sucht macht erfinderisch: Der Phantasie und Erfindungsgabe der Schuggler sind keine Grenzen gesetzt. Exponate aus der Sonderausstellung Crystal Meth im Bayerischen Grenzmuseum Schirnding. Foto: Andreas Gewinner Foto: red

"Geschmuggelt wurde schon immer", sagt Rainer Schweigert, Projektleiter des Bayerischen Grenzmuseums Schirnding. Zigaretten, Hasch. Doch nichts war bisher so gefährlich, wie der Stoff der seit Jahren immer stärker Zöllner und Polizisten im grenznahen Raum beschäftigt: Crystal Meth. Und die nächste Generation Gift steht schon bereit.

 
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Das synthetische Aufputschmittel Crystal Meth ist Gegenstand der aktuellen Sonderausstellung im Grenzmuseum. Außer Informationstafeln werden beschlagnahmte Schmuggelbehälter präsentiert: Der kristalline weiße Stoff wird in präparierten Gürteln und Jacken transportiert, in doppelten Böden von Chipsdosen, im Innern eines Autobenzintanks, in einem Döner versteckt. Menschen schieben sich Tüten und Ü-Ei-Behälter mit dem Gift in die Vagina und den Anus, schlucken es, um es im Körper über die Grenze zu schmuggeln. Dabei gibt es immer wieder Tote, wenn ein Beutel nicht dicht ist oder platzt, weiß Achim Herkt, Drogenexperte vom Zoll.

Weniger Fälle, mehr Tote

Die Schmuggelzahlen gingen im vergangenen Jahr erstmals leicht zurück. Doch die Zahl der Drogentoten in Oberfranken hat sich 2015 auf 31 fast verdoppelt. Oberfranken ist nicht nur Transitregion, "wie die Politik sagt", so Lothar Franz. Seit 28 Jahren hat er in der Bezirksklinik Rehau mit Drogenabhängigen zu tun. Eine Karte von Bayern bestätigt, was Franz sagt: Blaue Punkte stehen für die Fallzahlen. Westlich des Ascher Zipfels drängen sie sich am dichtesten auf der bayerischen Karte. Und das bestätigt auch eine Zahl des Marktredwitzer Polizeichefs Robert Roth: Ein knappes Drittel der mit Meth Aufgegriffenen stammt aus der Region, ihr Anteil ist in den vergangenen Jahren gestiegen.

Was macht Meth so anziehend? Galt es anfangs als Partydroge, die Hunger und Müdigkeit vertrieb, Selbstvertrauen, Konzentration und die Libido steigerte, ist Crystal Meth längst zum alltäglichen Leistungssteigerer geworden, in einer Gesellschaft, in der Drogen genommen werden, um im Arbeitsalltag mithalten zu können, so Franz, in der "Konsum, Leistung, seelische Not und Leere" zusammenkommen: "Die Gesellschaft ist im Innersten angeschlagen". 

Von der Küche zur Klinik

Meth macht nicht nur psychisch abhängig. Abhängige brauchen zum Ende ihrer Drogenkarriere den Stoff, um überhaupt morgens aus dem Bett zu kommen. Ein Stoff, der schnell zum körperlichen und geistigen Verfall führt. Deswegen hat die Ausstellung auch den Untertitel "Von der Küche zur Klinik".

Die "Küche", das sind die meist tschechische Drogenküchen, wo der Stoff mit hausüblichen Mitteln aus Hustensaft, aber auch Toilettenreiniger und Waschbenzin zusammengekocht wird. Das Rezept passt auf zwei handgeschriebene Blatt Papier. In Tschechien fällt der Preis, in Deutschland steigt er, so Achim Herkt vom Zoll.

Doping für Hitlers Soldaten

Doch vor dem Ankommen in der Illegalität hatte die Drogem - freilich in anderer Zusammensetzung und Konzentration - eine jahrzentelange legale Karriere. Entwickelt vor fast 100 Jahren in einem Schweizer Labor, wurden damit in Hitlers Drittem Reich Soldaten für den Endsieg gedopt. Auch nach dem Krieg, in der Bundeswehr, nahmen Soldaten "Pervitin" um nachts auf Wache nicht einzunicken. Erst Ende der 80er Jahre  wurde das Aufputschmittel vom Markt genommen.

Und die Nachfolger sind schon angekommen. Psychiater Franz von der Klinik Rehau ("ich habe schon viele Wellen erlebt") spricht von den "Legal Highs", den vom Gesetz noch nicht erfassten Kräutermischungen und Badesalzen. Die bei den Konsumenten teils noch schlimmere Folgen hätten.

Info: Das Grenzmuseum Schirnding liegt wenige hundert Meter vor der Landesgrenze an der B 303. Es ist sonntags von 14 bis 16 Uhr geöffnet, Öffnung für Gruppen auf Anfrage: 09231 7587 oder 09638 336

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