Angeklagter hat weniger geleistet als ausgemacht Pottenstein: Aussagen im Prozess gegen Bauunternehmer widersprechen sich

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Im Prozess gegen einen Bauunternehmer aus Pottenstein hat nun ein Bauträger ausgesagt, der noch offene Forderungen in Höhe von 1,2 Millionen Euro gegenüber dem Angeklagten hat. Foto: dpa Foto: red

Irgendwann hielt es den Hauptangeklagten vor dem Hofer Landgericht nicht mehr auf seinem Platz. Er sprang auf, lief zum Richtertisch, wo sein Verteidiger, ein Zeuge und der Richter diskutierten. „Das stimmt nicht, was Sie hier sagen“, war er aufgebracht. „Sie können sich hier nicht wie zu Hause aufführen“, wies ihn daraufhin Richter Matthias Burghardt in seine Schranken.

 
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Beim Prozess gegen den Bauunternehmer und seine beiden Geschäftsführer aus dem Raum Pottenstein wegen Insolvenzverschleppung und vorsätzlichen Betrugs arbeitete es zeitweise sichtbar schwer in dem 64-Jährigen. Gegen Ende des siebten Verhandlungstages am Mittwoch war schließlich auch einer seiner Verteidiger leicht genervt. „Dann stellen Sie halt die Fragen, also langsam bekomm ich einen Hals“, reagierte er auf zahlreiche Anmerkungen, die ihm sein Mandant zuflüsterte.

Sieben Millionen Euro Bauvolumen

„Sie sagen hier die ganze Zeit nichts und dann springen Sie wie das Teufelchen aus der Kiste. Sie sind jetzt nicht dran“, war auch der Richter ungehalten. Anlass für den Ausbruch des Firmenchefs war eine Liste, die die Bauleiter seines Betriebs sowie eines Bauträgers aus Nürnberg gemeinsam aufgestellt hatten. Das Pottensteiner Unternehmen sollte für den Bauträger als Generalunternehmer schlüsselfertig drei Häuser mit 53 Wohneinheiten, einer Gewerbeeinheit sowie einer Tiefgarage in Nürnberg errichten. Bauvolumen: Sieben Millionen Euro.

Bald nach Baubeginn im April 2008 sei es zu Unstimmigkeiten gekommen, berichtete der Bauträger als Zeuge. Es seien unberechtigte Nachträge vonseiten des Angeklagten gekommen, er habe sich nicht an die vertraglich vereinbarte Baubeschreibung gehalten. Der Angeklagte habe selber auch zwei Wohnungen in dem Objekt erworben und die Baubeschreibung, die er als Wohnungseigentümer erhalten habe, zugrunde gelegt, so der Zeuge.

Am Ende sollte aufgerechnet werden

„Er hat Sachen eingebaut, wie er lustig war“, so der Bauträger, „da habe ich nicht einfach zuschauen können.“ Schließlich habe man sich darauf geeinigt, dass die jeweiligen Bauleiter gemeinsam eine Liste erstellen, auf der die Differenzen zwischen dem, was vereinbart und dem, was tatsächlich eingebaut wurde, festgehalten wurden. Am Ende der Baumaßnahme sollte aufgerechnet werden. Vor Gericht hatte der Pottensteiner Firmenchef nun eine andere Liste vorliegen, als das Gericht in seiner Akte. Um Klarheit zu erhalten, sollen nun die beiden Bauleiter vernommen werden.

„Es wurde schlimmer und schlimmer, wir haben viel gestritten“, berichtete der Zeuge weiter. Im Laufe der Zeit habe sich ein stolzer Betrag zu seinen Gunsten gebildet, so der Bauträger und nennt 1,2 Millionen Euro, die weniger geleistet als vereinbart wurden, inklusive von Schadensersatzansprüchen.

An einem der vorherigen Verhandlungstage hatte der Angeklagte gesagt, er habe noch offene Forderungen in Höhe von 1,8 Millionen Euro gegenüber dem Bauträger Anfang 2010 gehabt. Darum sei er zu diesem Zeitpunkt auch nicht davon ausgegangen, dass seiner Firma die Insolvenz drohe. Das Insolvenzverfahren wurde schließlich im Juni 2010 gegen das Pottensteiner Unternehmen eröffnet.

Unberechtigte Nachforderungen

Der Angeklagte habe die geführten Listen irgendwann nicht mehr anerkannt und unberechtigte Nachforderungen gestellt, sagte der Zeuge weiter. Er habe den Vertrag mit dem Angeklagten schließlich gekündigt.

Dann habe man sich aber noch einmal zusammengerauft – unter der Bedingung, wenn der Bauträger dem Angeklagten sofort 250 000 Euro überweise, würde dieser das Projekt fertigstellen. Zu diesem Zeitpunkt war das Bauvorhaben zu zwei Dritteln etwa abgeschlossen, der Bauträger hatte bereits 3,5 Millionen Euro der vereinbarten Bausumme an den Pottensteiner gezahlt. Wie der Zeuge vor Gericht angab, wollte der Angeklagte die zwei gekauften Wohnungen mit der Bauleistung verrechnen.

„Anfang 2010 kam es dann zum Crash“, nannte es der Zeuge. Das Gerücht der Insolvenz sei aufgetaucht, auf der Baustelle sei nicht mehr viel passiert. Er habe erfahren, dass mehrere Handwerker vom Angeklagten kein Geld mehr bekommen hätten, manche Subunternehmer hätten deswegen Insolvenz anmelden müssen. Er selber habe dann vom Angeklagten zwei Schlussrechnungen in Höhe von insgesamt rund 2,29 Millionen Euro erhalten. „Die haben aber nichts getaugt, das war an den Haaren herbeigezogen“, erinnerte sich der Bauträger. Er habe die Rechnungen deshalb auch nicht bezahlt.

Nicht behebbare Mängel

Die Wohnanlage sei bis heute von der Gemeinschaft der Hauseigentümer wegen nicht behebbarer Mängel nicht abgenommen, so der Zeuge. Es seien zwar alle Wohnungen verkauft, aber er habe nicht die erwarteten Kaufpreise bekommen. Rund 330 000 Euro nennt der Zeuge als Preis pro Wohnung.

„Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll, das entspricht nicht den Tatsachen“, erwiderte der Zeuge, als der Richter ihn mit der Geldforderung des Angeklagten konfrontierte. Er ergänzte, dass sich der Pottensteiner öfter bei Bauprojekten mit eingekauft habe, um Einfluss auf die Eigentümergemeinschaft zu haben.

Am Vormittag des sechsstündigen Verhandlungstages hatte es noch Erklärungen der Verteidiger zur Überprüfung der finanziellen Verhältnisse des Bauunternehmers durch einen Wirtschaftsgutachter gegeben. In diesem wurde angegeben, dass bereits im November 2009 eine Zahlungsunfähigkeit der Firma erkennbar war. Die Verteidiger legten nun diverse Unterlagen vor, die der von der Staatsanwaltschaft Hof beauftragte Wirtschaftsgutachter nicht berücksichtigt habe. Hier gehe es um fehlende Kontostände, frei verfügbare Bankguthaben und zahlreiche Kontobewegungen noch Anfang 2010.

Gutachten ist nicht zu verwenden

Es hätte keine Unterdeckung des Unternehmens bestanden, so die Verteidiger. Dadurch sei die Liquidität fehlerhaft dargestellt. Es seien nur die Verbindlichkeiten, nicht aber die offenen Forderungen aufgeführt worden. Außerdem hätten sich teilweise Mahnungen und Zahlungen überschnitten, was vom Gutachter nicht berücksichtigt worden sei. Das Gutachten sei deshalb nicht zu verwenden, so das Fazit der Verteidiger. Sie beantragten nun, den Steuerberater des Pottensteiner Bauunternehmens als Zeugen zu laden. Dieser ist der Schwiegervater von einem der beiden mitangeklagten Geschäftsführer, dem Sohn des Hauptangeklagten.

Der Prozess wird am Dienstag vor dem Landgericht Hof fortgesetzt.

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