Ausländerbeirat: Überfällig oder überflüssig?

Von Michael Weiser
"Glücklich, dass wir hier gelandet sind": Halil Tasdelen möchte mit einem Ausländerbeirat die Integration verbessern. Foto: red

Fast jeder fünfte Bayreuther hat seine Wurzeln im Ausland. Höchste Zeit, darauf mit einem Ausländerbeirat zu reagieren, sagt SPD-Stadtrat Halil Tasdelen. Integration funktioniere bereits bestens, hält Integrationsamtschef Gerhard Eggert dagegen.

 
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Halil Tasdelen (40) sagt, er lebe gern in Bayreuth und liebe seine Stadt. Andererseits sagt er: "Eine Willkommenskultur haben wir nicht." Neun Jahre war er alt, als er 1982 nach Deutschland kam, nachgeholt von seinem Vater, zusammen mit seinem jüngeren Bruder Arif. Wer nicht mitkommen durfte, war Ibrahim: Der älteste Tasdelen-Sohn war damals schon 16 und damit zu alt. Er musste bei den Großeltern in Anatolien bleiben. "Das tat weh", sagt Halil Tasdelen, und dass das immer noch schmerzt, sieht man ihm an: Sein Bruder ist noch immer nicht willkommen, sogar bei Familienfesten machen die Behörden Probleme.

Tasdelen sagt außerdem, er wolle sich als Kommunalpolitiker eigentlich nicht auf Migrantenthemen spezialisieren; "schließlich bin ich nicht nur von Migranten gewählt worden". Andererseits will er, dass die Stadt mehr für Migranten tut. Daher hat der erste türkischstämmige Stadtrat Bayreuths einen Antrag eingereicht. Die Stadt, so der SPD-Politiker, solle einen Ausländerbeirat einrichten, eine Stelle, an die sich zum Beispiel auch Menschen wenden können, die mit dem Bayreuther Ausländer-Amt Dieses Gremium solle Anlaufstation und Sprungbrett zugleich sein, sagt Tasdelen. Ausländer könnten dort Hilfe für den Alltag erfahren, aber auch selbst eine erste Station in ihrer Karriere als Bayreuther Bürger erleben. Denn Tasdelen findet auch, "dass sich Migranten und Migrantinnen stärker engagieren müssten". So wie er, der Fußballvereinsfunktionär, so wie sein Bruder Arif, der von Nürnberg aus als erster Politiker mit Migrationshintergrund in den bayerischen Landtag einzog.

In Bayreuth leben 73.000 Menschen, darunter rund 5800 Ausländer und 6000 Spätaussiedler. Fast 17 Prozent der Stadtbevölkerung haben damit ihre Wurzeln im Ausland, doch diese Wirklichkeit spiegelt sich im Stadtrat nicht wirklich wieder: Dort sitzt neben Tasdelen mit der Grünen-Politikerin Gülcin Sahin nur eine weitere Migrantin. Die begrüßt die Initiative, hätte es aber vorgezogen, "wenn der Anstoß von Migranten selber fekommen wäre". Auch solle das Gremium nicht zu einer Abladestelle für Probleme werden. Sie selber könne sich auch ohne Mandat nicht mehr vorstellen, in einem Ausländerbeirat mitzuarbeiten: "Ich fühle mich schon ganz als Bayreutherin."

Ob ein Ausländerbeirat die Integration von Migranten und das Zusammenleben in der Stadt Bayreuth verbessern kann, darüber hat nun die Verwaltung zu entscheiden. Genauer gesagt: das Integrationsamt. Dessen Leiter Gerhard Eggert berichtet, dass man den Antrag gerade prüfe, zum Beispiel, indem man sich über die Erfahrungen anderer Städte mit einem Ausländerbeirat informiert.

Integration in Bayreuth weit vorangeschritten ist. Und dass sein Amt daran einen guten Anteil habe: "Mit dem Integrationsamt waren wir in Bayern federführend." Mit seinen Angeboten unter anderem zur Sprachförderung und zum Sport, erst recht aber mit seiner fünfsprachigen Wegweiser-Broschüre   habe man viel dazu beigetragen, dass sich Ankömmlinge in Oberfrankens Hauptstadt schnell heimisch fühlen könnten. Migranten und deren Gruppierungen wie zum Beispiel die Landsmannschaft der Russlanddeutschen seien ohnehin in Gremien und Aktionen eingebunden. "Integrationsarbeit ohne die Betroffenen, das funktioniert ja nicht."

„Ich bin meinem Vater dankbar, dass wir hier gelandet sind", sagt Tasdelen. Er findet, dass die Region Menschen wie ihn gut brauchen könnte, ja, „dass wir auf diese Leute angewiesen sind". Ein Ausländerbeirat könne vermitteln, die Anliegen der Migranten nach außen tragen und damit eine Menge zum gedeihlichen Zusammenleben beitragen. Denn: „Soweit ist der Horizont hier noch nicht überall."

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