Aus der Perspektive von Gewaltopfern

Von Andrea Pauly
Theater zum Tag gegen Gewalt an Frauen: Unter dem Motto "Stuhlwechsel" spielten (von links) Karin Osiander, Christa Bialas-Müller und Christine Ponnath. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Zum Auftakt spielt Brigitte Bergelt "Die Gedanken sind frei" auf ihrem Akkordeon. Doch wenn jemand Opfer von Gewalt ist, sind seine Gedanken nicht frei - das zeigt das Spiel auf der Bühne im evangelischen Gemeindehaus.

 
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Die Gedanken sind beherrscht von Angst und Unterdrückung, sie sind manipuliert und eingeschränkt. Sie zu befreien, ist ein schwerer Weg.

Das Leben ändert sich

Das Frauenhaus ist ein Ort, an dem sich das ganze bisherige Leben ändert. Wie gehen Frauen und Kinder mit Veränderung um? Wie geht es Ihnen dabei? Was beschäftigt sie? Die Mitarbeiter Christine Ponnath, Karin Osiander, Christa Bialas-Müller und Nader Rezazadeh versetzten sich zum Tag der Gewalt gegen Frauen auf der Bühne in die Rollen verschiedener Gewaltopfer. Mehr als 70 Besucher schauten ihnen dabei zu.

Schutzschild, Versteck, Gegenüber

"Stuhlwechsel" lautete der Titel des Theaterabends, für den die Mitarbeiter die Perspektive ihrer Klienten einnehmen. In weißer Kleidung stehen sie auf der Bühne, ihre einzigen Requisiten sind Stühle. Sie dienen nicht nur zum Sitzen, sondern als Schutzschild, als Versteck, als Gegenüber.

Die Mitarbeiter formulieren in fünf eindringlichen Monologen Gedanken und Glaubenssätze von Gewaltopfern: "Der wollte mir immer schaden." - "Keiner kennt ihn so gut wie ich." - "Soll ich zuschauen?" - "Ihr wisst nicht, wie das ist." - "Das hätte ich wissen müssen."

Einblick in die Gedankenwelt

Sie vermitteln in fünf Episoden den Zuschauern einen Einblick in die Gedankenwelt von Frauen, die misshandelt werden, von Flüchtlingen, die nicht verstanden werden, von Kindern, die zwischen den Eltern stehen, von Müttern, die ihre Kinder schützen wollen. Forderungen und Überforderung, Abwehr und Ablehnung, Wünsche und Wut liegen dabei nah beieinander. Aber es gibt auch hoffnungsvolle Momente, als Christine Ponnath eine Frau darstellt, die sich gelöst hat, die Befreiung, positive Selbstreflexion und Glück erlebt. 

Die vier Darsteller zeigen den Facettenreichtum von Gewaltopfern. Jeder Stuhl steht für eine andere Geschichte, eine andere Frau, ein anderes Kind, eine andere Angst, die für die Frauen im Frauenhaus Alltag sind. Dort geht es darum, nicht nur sich selbst und ihre Kinder, sondern auch ihre Gedanken zu befreien.

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